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Die Augenheilkunde
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Publiziert am: 29.09.2023

Frühdiagnose des Keratokonus

Verfasst von: Stefan J. Lang, Daniel Böhringer und Philip Maier
Der Keratokonus geht morphologisch mit einer zunehmenden Verformung, Verdünnung und Vernarbung der Hornhaut und funktionell mit Refraktionsänderung und Sehverschlechterung einher. In frühen Stadien sind selten eindeutige klinische Zeichen bei der Spaltlampenuntersuchung erkennbar. Die möglichst frühe Sicherung der Diagnose und regelmäßige weitere Verlaufsuntersuchungen sind jedoch wichtig, um den Patienten eine geeignete Therapie zukommen zu lassen. Zur Frühdiagnose des Keratokonus wurden in den letzten Jahren und Jahrzehnten verschiedene Geräte vorgestellt. Hierzu gehören die Keratometrie, mit reflexions- oder elevationsbasierten Systemen, und die optische Kohärenztomografie. Die Hochfrequenz-Ultraschallmikroskopie und die korneale Biomechanik können ebenso durch die Erfassung weiterer Parameter zur Diagnostik des Keratokonus genutzt werden. Die Notwendigkeit der und die vorhandenen Möglichkeiten zur Frühdiagnose des Keratokonus sollen in der folgenden Arbeit genauer vorgestellt werden.

Klinik, Pathophysiologie und Epidemiologie

Der Keratokonus ist eine Erkrankung, die zu einer zunehmenden kegelförmigen Verformung und Verdünnung der Hornhaut führt (Rabinowitz 1998). Im Verlauf der Erkrankung kann es außerdem zu einer zunehmenden Vernarbung kommen (Bühren et al. 2011). Der Patient bemerkt typischerweise Refraktionsänderungen sowie eine progrediente Sehverschlechterung (Wagner et al. 2007). In seltenen Fällen kann es durch einen Riss in der Descemet-Membran und einem konsekutiven Einstrom von Kammerwasser in das Hornhautstroma zu einem akuten Keratokonus mit Hornhautödem kommen, das eine plötzliche Sehverschlechterung nach sich zieht (Fan Gaskin et al. 2014). Der Keratokonus ist gekennzeichnet durch eine altersabhängige Progression, wobei vor allem junge Patienten einem erhöhten Risiko für eine Verschlechterung ausgesetzt sind (Wagner et al. 2007) (bei älteren Patienten kann es ebenfalls zu einer Progression kommen) (Gokul et al. 2017). Die Erkrankung verläuft häufig asymmetrisch, sodass sich keratometrische Unterschiede zwischen beiden Augen zeigen, die sich im Verlauf durch eine Progression am schwerer erkrankten Auge vergrößern können (Eppig et al. 2018).
Die möglichst frühe und sichere Diagnosestellung ist aufgrund verschiedener Aspekte bedeutend. Zum einen ist es wichtig, einen Keratokonus bei Patienten mit schon vorhandenen subjektiven Beschwerden zu erkennen, um durch Nachkontrollen das Auftreten einer Progression festzustellen bzw. auszuschließen. Zum anderen ist auch das Erkennen eines subklinischen Keratokonus bei Patienten wichtig, die sich einem refraktiv-chirurgischen Eingriff unterziehen wollen. Das vermeintlich „gesunde“ Partnerauge weist häufig bereits biomechanische Veränderungen auf (Fraenkel et al. 2020).
Die möglichst frühe Erkennung des Keratokonus und die Feststellung einer Progression sind für die Therapieentscheidungen im Verlauf der Erkrankung von Bedeutung. Eine Therapieoption, bei der die Progression eine wichtige Rolle spielt, ist das korneale Crosslinking. Ziel ist es dabei, eine weitere Verschlechterung des Keratokonus zu verhindern, um möglicherweise eine Hornhauttransplantation zu vermeiden (Lang et al. 2014). Die Wirksamkeit dieses Eingriffs wurde in mehreren prospektiv randomisierten Studien gezeigt (Hersh et al. 2011; Lang et al. 2015; O’Brart et al. 2011; Sharma et al. 2015; Wittig-Silva et al. 2014). In diesen prospektiven Studien war ein weiteres Ergebnis, dass trotz ausbleibender Behandlung einzelne Patienten in den Kontrollgruppen kein weiteres Fortschreiten des Keratokonus aufwiesen. Die frühe Erkennung einer Progression ist nicht allein für die Entscheidung zur Operation wichtig. Auch für die Kostenübernahme des Crosslinkings durch die gesetzlichen Krankenkassen gibt es spezifische Definitionskriterien für das Fortschreiten der Erkrankung. Der Abschlussbericht des gemeinsamen Bundesausschusses zur UV-Vernetzung mit Riboflavin bei Keratokonus enthält die Voraussetzungen zur Feststellung einer Progression, um eine Crosslinking-Behandlung durchführen zu können. Diese umfassen neben einer subjektiven Sehverschlechterung zusätzlich mindestens eines der 3 folgenden Kriterien, welche innerhalb eines Jahres auftreten sollten: (1) Zunahme der maximalen Hornhautbrechkraft um ≥ 1 dpt, (2) Zunahme des durch die subjektive Refraktion bestimmten Astigmatismus um ≥ 1 dpt, (3) Abnahme der Basiskurve der gut sitzenden Kontaktlinse um ≥ 0,1 mm (https://www.g-ba.de/downloads/40-268-5138/2018-07-19_MVV-RL_UV-Vernetzung-Riboflavin-Keratokonus_ZD.pdf).

Klassifikation des Keratokonus

Eine der bekanntesten Klassifikationsmöglichkeiten für den Keratokonus ist die Klassifikation nach Amsler und Krumeich (Kamiya et al. 2014). Sie erfolgt anhand der vorhandenen Refraktion, der zentralen K-Werte, der Hornhautdicke sowie des klinischen Befunds (z. B. Aufsteilung der Hornhaut, Vorhandensein von Narben).
Eine neuere Möglichkeit ist die ABCD-Klassifikation. Diese wurde von Belin et al. vorgestellt (Belin und Duncan 2016). Hierbei werden die anterioren Radien (Anterior Radius of Curvature, ARC), die posterioren Radien (Posterior Radius of Curvature, PRC), die dünnste Stelle in der Pachymetrie und der Visus des Patienten zur Einteilung herangezogen.
In der Literatur werden diverse Begriffe verwendet, um das Frühstadium eines Keratokonus zu umschreiben. Teilweise werden die Begriffe des Forme-fruste-Keratokonus, des Keratokonusverdachts und des prä- bzw. subklinischen Keratokonus synonym verwendet.
Der Begriff des Forme-fruste-Keratokonus wurde von Amsler definiert (Amsler 1961). Er fasst hierunter Befunde zusammen, bei denen in der rein klinischen Untersuchung kein Keratokonus erkennbar ist, jedoch bei der apparativen Untersuchung mit der Placido-Scheibe oder dem Javal-Ophthalmometer Irregularitäten zu sehen sind. Eine Progression zum manifesten Keratokonus ist laut Amsler möglich (Amsler 1961). Der Begriff des Forme-fruste-Keratokonus wird jedoch in der Literatur sehr unterschiedlich definiert. Die Definitionen reichen von der Umschreibung des gesund erscheinenden Partnerauges bei einem einseitigen Keratokonus bis hin zu Frühformen eines manifesten Keratokonus (Muftuoglu et al. 2013; Saad und Gatinel 2010; Shi 2016).
Sowohl der Begriff „Keratokonusverdacht“ als auch des prä- bzw. subklinischen Keratokonus umschreiben eine Hornhaut mit Auffälligkeiten in der Keratometrie. Diese sind nicht ausgeprägt genug für einen manifesten Keratokonus (Shi 2016).

Anamnese und klinische Untersuchung

Erste Hinweise auf das Vorliegen eines Keratokonus kann bereits die Anamnese des Patienten geben. Auch das Vorliegen von Erkrankungen, die mit einem Keratokonus assoziiert sind (Atopie, Trisomie 21), kann ein Hinweis sein (Bawazeer et al. 2000; Shapiro und France 1985).
Frühe Stadien des Keratokonus sind in der klinischen Untersuchung an der Spaltlampe i. d. R. nur schlecht zu erkennen. Es ist möglich, mittels Skiaskopie einen Keratokonus anhand eines irregulären Reflexes (Scheren-/Fischmaul-Phänomen) zu detektieren (Al-Mahrouqi et al. 2019; Goebels et al. 2015). Eine weitere Möglichkeit ist die Untersuchung mittels eines Ophthalmometers (Kouassi et al. 2012). Hierbei kann, je nach Stadium, eine zunehmende Verzerrung bzw. Inkongruenz der Reflexe beobachtet werden (Abb. 1).

Apparative Untersuchung

Reflexionsbasierte Keratometrie
Mittels Reflexion auf der Hornhautoberfläche ist es möglich, Aufsteilungen und Irregularitäten darzustellen, die zu frühen Veränderungen des Keratokonus gehören (Li et al. 2009). Erste Publikationen zu Videokeratoskopiesystemen wurden ab 1984 veröffentlicht (Wittig-Silva et al. 2014). Viele reflexionsbasierte Systeme beruhen auf der Reflexion einer Placido-Scheibe oder einem ähnlichen Verfahren. Die meisten dieser Systeme ermöglichen jedoch nur eine Erfassung der Hornhautvorderfläche (Kouassi et al. 2012). In Studien zeigte sich, dass ein maximaler K-Wert von mehr als 47,2 und ein I-S-Wert (Inferior-Superior-Wert, entspricht der Brechkraftdifferenz zwischen der oberen und unteren Hornhaut) von mehr als 1,4 auf einen subklinischen Keratokonus hinweisen (Rabinowitz und McDonnell 1989). Später wurde der KISA %-Index eingeführt. Dieser sollte durch die Zuhilfenahme von mehreren Parametern eine bessere Erkennung des Keratokonus in den Frühstadien ermöglichen. Die enthaltenen Werte sind: K, I-S, der reguläre korneale Astigmatismus sowie der irreguläre korneale Astigmatismus (Rabinowitz und Rasheed 1999). Ein KISA% von 100 % weist eine hohe Sensitivität und Spezifität auf. Zwischen 60 % und 100 % kann der KISA% auf einen Keratokonus hinweisen (Rabinowitz und Rasheed 1999). Andere Arbeitsgruppen veröffentlichten Studien, die eine Keratokonusfrüherkennung mittels neuronalen Netzwerken ermöglichten (Smolek und Klyce 1997).
Durch die inzwischen verfügbare Technik der Multicolor-LED-Reflexion lässt sich aufgrund geringerer Messfehler eine genauere Keratometrie durchführen. Zudem besteht die Möglichkeit, den posterioren Astigmatismus über die Darstellung der 2. Purkinje-Reflexion (Kouassi et al. 2012) zu bestimmen. Dennoch bleibt bei den reflexionsbasierten Verfahren eine genaue Analyse der Hornhautrückfläche sowie der Hornhautdicke unberücksichtigt.
Elevationsbasierte Keratometrie
Es existieren aktuell 2 Systeme zur Bestimmung der Hornhautelevation. Diese sind zum einen die Slit-Scanning-Technologie und zum anderen die Scheimpflug-Tomografie (Quisling et al. 2006). Während die Slit-Scanning-Systeme die Parameter der Hornhautrückfläche mathematisch interpolieren, wird die Hornhautrückfläche bei der Scheimpflug-Tomografie gemessen (Masiwa und Moodley 2020). Es existieren auch Geräte, die eines der beiden Systeme mit einer Placido-Reflexion kombinieren (Matalia und Swarup 2013). Ein Vorteil ist die deutlich größere Fläche, die im Vergleich zu den meisten reflexionsbasierten Systemen erfasst wird (Shi 2016). Durch die Erfassung der Hornhautelevation kann eine 3D-Rekonstruktion der Hornhaut erstellt werden. Es werden sowohl die Krümmungsradien der Hornhautvorder- und -rückfläche als auch die Hornhautpachymetrie erfasst (Oliveira et al. 2011). Die Parameter der Hornhautrückfläche eignen sich zwar nicht alleine zur Früherkennung des Keratokonus, jedoch kann durch die Kombination mit anderen Parametern, u. a. der Hornhautvorderfläche, eine bessere Sensitivität und Spezifität erreicht werden (Eppig et al. 2018; Matalia und Swarup 2013). Durch das Errechnen von spezifischen Indizes ist es möglich, Asymmetrien und die pachymetrische Progression genauer zu beurteilen (Bawazeer et al. 2000; Shi 2016). In Tab. 1 sind häufig genutzte Indizes zusammengefasst. Diese Indizes ermöglichen meist eine relativ gute Unterscheidung zwischen einem frühen Keratokonus und einer regulären Hornhaut (Shapiro und France 1985). Da sich die Messverfahren und die -ergebnisse der Geräte z. T. deutlich unterscheiden, können die Ergebnisse verschiedener Geräte nicht direkt miteinander verglichen bzw. kombiniert werden (Bühren et al. 2011).
Tab. 1
Häufig genutzte Indizes zur Keratokonuserkennung. (Saad und Gatinel 2010)
Index
 
Normwert
Rmin
Kleinster Radius der Vorderfläche
< 6,71 mm (pathologisch)
IVA
Index of vertical asymmetry
> 0,28 (auffällig)
> 0,32 (pathologisch)
IHD
Index of height decentration
> 0,014 (auffällig)
> 0,016 (pathologisch)
IHA
Index of height asymmetry
> 19 (auffällig)
> 21 (pathologisch)
ISV
Index of surface variance
> 37 (auffällig)
> 41 (pathologisch)
CKI
Central keratoconus index
> 1,03 (pathologisch)
KI
Keratoconus index
> 1,07 (pathologisch)
Wichtig für die Verlaufsbeurteilung sind die Reproduzierbarkeit der Messung und der Messfehler. Vor allem die maximale Keratometrie ist hierbei wichtig, da das einer der 3 Parameter ist, auf welchem die Progressionsbeurteilung für eine Crosslinking beruht (2018-07-19_MVV-RL_UV-Vernetzung-Riboflavin-Keratokonus_ZD.pdf).
Gustafsson et al. haben gezeigt, dass bei der Messung von keratometrischen Parametern der Messfehler von der Höhe des Messwertes und damit der Schwere der Erkrankung abhängt (Gustafsson et al. 2020). In der Gesamtgruppe wies eine Änderung von 1,23 dpt des Kmax (maximale Krümmung der Hornhautvorderfläche) auf eine tatsächliche Änderung hin, wobei bei weniger schweren Erkrankungen (Kmax < 48,2) bereits eine Änderung von 0,32 dpt relevant war, während bei fortgeschrittenen Erkrankungen (Kmax > 53,9) mehr als 1,62 dpt auf eine tatsächliche Veränderung hindeuteten (Gustafsson et al. 2020). Abb. 2 zeigt ein Fallbeispiel zur Keratokonusbeurteilung mittels der elevationsbasierten Keratometrie und der Belin/Ambrósio-Analyse.
Der Vorteil elevationsbasierter Systeme ist die Erfassung sowohl der Hornhautvorder- als auch der Hornhautrückfläche sowie der Hornhautdicke. Elevationsbasierte Geräte sind aktuell weitverbreitet. In dem Belin/Ambrósio-Enhanced-Ectasia-Display gelten Abweichungen von > 1,6 SD als auffällig und Abweichungen von > 3,0 SD als pathologisch.
Optische Kohärenztomografie (optical coherence tomography, OCT)
Die optische Kohärenztomografie bietet mittels Laserscanning die Möglichkeit, auch im vorderen Augenabschnitt detailgenaue Untersuchungen der Hornhaut durchzuführen (Lang et al. 2011). Die Geräte bieten nicht nur die Möglichkeit, Schnittbilder darzustellen, sondern auch die Option, die Topografie der Hornhaut mit speziellen Indizes zu interpretieren (Gokul et al. 2017). Ein besonderer Vorteil der optischen Kohärenztomografie ist die detaillierte Darstellung des Epithels, der Bowman-Lamelle, des Stromas und der Descemet-Membran (Masiwa und Moodley 2020). In Studien hat sich gezeigt, dass sich Indizes, die auf Ektasien dieser Strukturen basieren, eignen, einen Keratokonus frühzeitig festzustellen (Xu et al. 2016). Der Ectasia-Screening-Index (ESI) kann einen Wert zwischen 0 % und 95 % annehmen, wobei zwischen 5 % und 29 % der Verdacht auf das Vorliegen einer Ektasie besteht und > 30 % eine manifeste Ektasie vorliegt (Spira et al. 2015). Abb. 3 zeigt Fallbeispiele des EDI. Auch ist es möglich, Veränderungen des Epithels der Hornhaut zu messen, welche zur Diagnostik des Keratokonus genutzt werden können (Serrao et al. 2019). Die OCT ermöglicht ebenfalls die Früherkennung des Keratokonus und basiert wie auch die elevationsbasierten Systeme auf der Erfassung sowohl der Hornhautvorder- als auch der Hornhautrückfläche.
Hochfrequenz-Ultraschallmikroskopie
Die hochauflösende Hochfrequenz-Ultraschallmikroskopie ermöglicht sowohl die korneale Pachymetrie als auch die Darstellung der Epithelschicht. Um diese Messung durchführen zu können, ist ein spezielles Hochfrequenz-Ultraschallgerät notwendig, welches Auflösungen unter 5 μm zulässt (Reinstein et al. 2010). Besonders das Epithel ist hier von Bedeutung. Normalerweise weist dieses mehrere Zellschichten auf, welche je nach Lokalisation auf der Hornhaut unterschiedlich dick sind (Silverman et al. 2014). Bei einem Keratokonus kommt es im Bereich des steilen Apex neben einer Stroma- auch zu einer Epithelverdünnung. Diese Epithelveränderungen können die Detektion des Keratokonus bei der klassischen Messung der Kurvatur verbergen. Auf der anderen Seite könnten diese Epithelveränderungen bei der Hochfrequenz-Ultraschallmikroskopie zur Detektion eines Keratokonus in Zukunft genutzt werden (Silverman et al. 2014). Allerdings sind diese Messungen derzeit noch nicht Teil der klinischen Routine. Die Hochfrequenz-Ultraschallmikroskopie kann durch die Beurteilung der epithelialen Veränderungen bei Keratokonus neue Aspekte zur Früherkennung beitragen.
Korneale Biomechanik
Um die Biomechanik der Hornhaut zur Keratokonusdiagnostik zu nutzen, muss eine In-vivo-Messung der Verformung durchgeführt werden (Lang et al. 2015). Es ist aus Studien bekannt, dass es bei solchen Messungen biomechanische Unterschiede zwischen Augen mit einem manifesten Keratokonus und gesunden Augen gibt (Shah et al. 2007). Parameter, die auf die Steifigkeit der Hornhaut schließen lassen, sind u. a. die korneale Hysterese und die Deformationsamplitude (Al-Mahrouqi et al. 2019; Fan Gaskin et al. 2014). Kommerziell verfügbare Geräte messen noch deutlich mehr Parameter der kornealen Biomechanik. Die genaue Berechnung der jeweiligen Faktoren ist meist nur dem Hersteller bekannt (Fan Gaskin et al. 2014). In den bisher veröffentlichten Studien scheint die Deformationsamplitude der kornealen Hysterese überlegen zu sein, jedoch existieren bei beiden Parametern große Überlappungen zwischen dem Vorliegen eines Keratokonus und Normalbefunden (Al-Mahrouqi et al. 2019), sodass eine eindeutige Unterscheidung anhand dieser Parameter nur eingeschränkt möglich erscheint (Müßig et al. 2014). Ein vielversprechender Parameter ist der Corvis-Biomechanical-Index (CBI), welcher mehrere dynamische Parameter enthält und eine hohe Sensitivität und Spezifität aufweist. Der Wert liegt zwischen 0 und 1, wobei ein höherer Wert auf das Vorliegen einer Beeinträchtigung der Biomechanik hindeutet (Vinciguerra et al. 2016). Die korneale Biomechanik zeigt Veränderungen bei Augen mit einem Keratokonus. Die alleinige Nutzung zur Keratokonusfrüherkennung ist aktuell noch eingeschränkt.
Fakten
  • Für die Klassifikation des Keratokonus stehen mehrere Möglichkeiten (u. a. nach Amsler und Krumeich oder die ABCD-Klassifikation) zur Verfügung. Frühstadien des Keratokonus können mit speziell definierten Begriffen wie dem Forme-fruste-Keratokonus, dem prä- oder subklinischen oder dem Keratokonusverdacht umschrieben werden.
  • Die apparative Früherkennung des Keratokonus kann mittels reflexionsbasierter Keratometrie, elevationsbasierter Keratometrie oder optischer Kohärenztomografie durchgeführt werden. Weitere Techniken wie die Hochfrequenz-Ultraschallmikroskopie oder die Messung der kornealen Biomechanik können bei noch eingeschränkter Aussagekraft zusätzlich herangezogen werden.
  • Grenzwerte, die auf das Vorliegen eines Keratokonus hindeuten können:
    Reflexionbasierte Keratometrie: Ein Kmax von 47,2 dpt und I-S-Wert von mehr als 1,4 können auf einen subklinischen Keratokonus hinweisen. Ein KISA % über 60 % kann ebenso auf einen Keratokonus hinweisen.
    Elevationsbasierte Keratometrie:
    In dem Belin/Ambrósio-Enhanced-Ectasia-Display gelten Abweichungen von > 1,6 SD als auffällig und Abweichungen von > 3,0 SD als pathologisch.
    Optische Kohärenztomografie:
    Ein ESI von 5 % bis 29 % zeigt den Verdacht auf das Vorliegen einer Ektasie. Ein ESI > 30 % deutet auf eine manifeste Ektasie hin.
    Korneale Biomechanik:
    Der CBI gibt Werte zwischen 0 und 1 an. Höhere Werte deuten auf das Vorliegen einer biomechanischen Beeinträchtigung hin.
  • Die konsequente und sichere Erkennung eines Keratokonus ist wichtig, um den betroffenen Patienten den Zugang zu notwendigen Kontrolluntersuchungen und Therapien zu öffnen.
  • Jedes verfügbare Gerät bietet Vor- und Nachteile. In der klinischen Tätigkeit ist es wichtig, die Limitationen der eigenen apparativen Ausrüstung zu kennen, um diese trotzdem optimal für die Früherkennung des Keratokonus einsetzen zu können.
Literatur
2018-07-19_MVV-RL_UV-Vernetzung-Riboflavin-Keratokonus_ZD.pdf
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