Immunmodulator bremst Hirnatrophie – unabhängig von MS-Aktivität

Eine Therapie mit Teriflunomid kann den Hirnvolumenverlust bei MS um etwa ein Drittel bremsen. Bei besonders aktiver MS scheint der Effekt noch stärker zu sein. Bei MS-Patienten korreliert die Hirnatrophie deutlich mit der Behinderungsprogression: In Studien war der Hirnvolumenverlust bei MS-Patienten mit kognitiver Verschlechterung doppelt so hoch und bei solchen mit klinischer Verschlechterung dreimal so hoch wie bei stabilen Patienten, erläuterte Professor Daniel Pelletier von der Universität in Los Angeles beim Kongress der American Academy of Neurology [1]. Umgekehrt deutet eine ausgeprägte Hirnatrophie zu Beginn einer MS auf eine rasche Behinderungsprogression, so der Neurologe auf einer Veranstaltung von Sanofi Genzyme. Als Ursache wird eine kortikale Demyelinisierung angenommen, die zum Tod der betroffenen Nervenzellen führt. „Die Hirnatrophie zu bremsen ist daher ein wichtiges Ziel in der MS-Therapie“, sagte Pelletier. Mehr vom Kongress Weitere Beiträge finden Sie in unserem Dossier "AAN-Kongress 2016"! Wie eine Auswertung der TEMSO-Studie ergab, lässt sich die Hirnatrophie bei schubförmiger MS mit dem oralen Immunmodulator Teriflunomid (Aubagio®) bereits nach einem Jahr signifikant verzögern [2]. Ärzte um Professor Ludwig Kappos vom Universitätsspital in Basel hatten über 800 Hirnscans zum Beginn und nach einem Jahr sowie mehr als 700 Scans nach zwei Jahren ausgewertet. Mit Teriflunomid 14 mg/d ging das Hirnvolumen im ersten Jahr um 0,39 % zurück – als normal bei Gesunden gelten bis zu 0,4 %. Unter Placebo war der Verlust mit 0,61 % signifikant höher (p = 0,0001). Nach zwei Jahren hatten die Patienten unter Teriflunomid 0,90 % an Hirnvolumen eingebüßt, 1,29 % waren es mit Placebo. Der Hirnvolumenverlust lag mit Teriflunomid im ersten Jahr folglich um 36,9 % und im zweiten Jahr um 30,6 % niedriger als unter Placebo. Viele Patienten über 13 Jahre hinweg schubfrei Wurden die Patienten nach der Zahl der Schübe im Jahr vor dem Therapiebeginn und nach der Zahl der MRT-Läsionen zum Behandlungsstart stratifiziert, so zeigte sich in den jeweiligen Subgruppen ein ähnliches Bild: Sowohl bei den Patienten mit aktiver als auch bei denen mit weniger aktiver MS schien der Immunmodulator den Hirnvolumenverlust zu bremsen [3]. Am deutlichsten war der Effekt bei den Patienten, die während der Studie eine anhaltende Behinderungsprogression erlitten [4]. Bei Patienten mit mindestens zwölf Wochen anhaltender Progression lag der Hirnvolumenverlust mit Teriflunomid um knapp 69 %, bei denen mit 24 Wochen anhaltender Behinderungsprogression sogar um 78 % unter dem mit Placebo (p = 0,0037/0,001). Nach zwei Jahren fanden die Ärzte noch Unterschiede von jeweils 44 und 51 % (p = 0,0043/0,0063). Eine Behinderungsprogression lässt sich mit Teriflunomid jedoch bei vielen Patienten verhindern. Darauf deutet eine Langzeitauswertung einer Phase-II-Studie mit 147 MS-Kranken [5]. Nach der 36 Wochen dauernden verblindeten Phase wurde allen Teilnehmern eine Therapie mit Teriflunomid 7 mg/d oder 14 mg/d angeboten. 57 der Patienten (39 %) nahmen bis zum Ende der 13 Jahre dauernden Verlängerungsstudie teil. Mit der 14-mg-Dosierung kam es bei ihnen im Schnitt zu keiner nennenswerten Behinderungsprogression, mehr als die Hälfte (52 %) blieb schubfrei, 40 % waren es mit der 7-mg-Dosis. Neue oder unerwartete unerwünschte Wirkungen traten nicht auf. Therapieabbrüche aufgrund von Unverträglichkeiten wurden bei lediglich einem Fünftel der Patienten beobachtet. Bei der Wirksamkeit muss Teriflunomid (14 mg/d) auch einen Vergleich mit Fingolimod (0,5 mg/d) nicht scheuen: Die Number Needed to Treat (NNT), um einen Schub zu verhindern, lag in der TEMSO-Studie bei 5,9 und in TOWER bei 5,6. Mit Fingolimod wurde in FREEDOMS eine NNT von 4,5 und in FREEDOMS II von 5,3 erreicht [6]. Akronyme: TEMSO: Teriflunomide multiple sclerosis oral trial TOWER: Teriflunomide oral in people with relapsing remitting multiple sclerosis FREEDOMS:FTY720 Research Evaluating Effects of Daily Oral Therapy in Multiple Sclerosis Quellen: 68th Annual Meeting of the American Academy of Neurology, Vancouver, 15-21. April 2016. [1] Industrial Therapeutic Update: Preserving Brain and Function in Multiple Sclerosis. 20.4.16. Veranstalter: Sanofi Genzyme [2] Radue EW et al. Teriflunomide Slows Brain Volume Loss in Relapsing MS: A SIENA Analysis of the TEMSO MRI Dataset. Poster P3-089 [3] Wuerfel J et al. Teriflunomide Slows Brain Volume Loss: Subgroup Analysis of the SIENA TEMSO MRI Dataset. Poster P3-052 [4] Sprenger T et al. Teriflunomide Significantly Slows Brain Volume Loss in MS Patients Irrespective of Disability Progression. Poster P3-047 [5] Kremenchutzky M et al. Final Outcomes of the Teriflunomide Phase 2 Extension Study: 13 Years of Efficacy and Safety Results. P3-027 [6] Freedman MS et al. Teriflunomid Exhibits Similar Results to Fingolimod in Number Needed to Treat Analysis. P6-171

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