HCC: Welche Risikofaktoren, wie therapieren, wann transplantieren?

Auf dem AASLD 2015 wurden u.a. neue Daten zum Zeitkorridor diskutiert, indem eine Lebertransplantation bei HCC erfolgen sollte. Studien mit HCV- und HBV-infizierten Patienten brachten neuen Input zu Risikofaktoren und eine präziseren HCC-Früherkennung. Risikofaktoren für eine HCC-Entwicklung Die Arbeit von El-Serag HB et al. (1) zeigt im Rahmen einer großen retrospektiven Untersuchung, an mehr als 33.000 chronisch Hepatitis C Virus (HCV)-infizierten Patienten, dass nach Erreichen einer sustained virological response (SVR) ein Restrisiko hinsichtlich der Entstehung eines hepatozellulären Karzinoms (HCC) verbleibt (0,3% pro Jahr). An unabhängigen Risikofaktoren wurden neben dem Alter (≥60 Jahre) und einer hispanoamerikanischen Herkunft, das Vorliegen einer Leberzirrhose bzw. eines Diabetes mellitus identifiziert. Bei Patienten, die einen oder mehrere dieser Risikofaktoren aufweisen, sollte daher eine Fortführung der HCC-Surveillance (alle 6 Monate Ultraschall, Alpha-Fetoprotein [AFP] fakultativ) diskutiert werden; insbesondere bei Patienten mit Leberzirrhose sollte diese weiter konsequent erfolgen. Vergleichbares konnte auch für die chronische Hepatitis B Virus (HBV) Infektion gezeigt werden. Eine aktuelle Studie von Zhang Y et al. aus China (2) hat an fast 1.000 Patienten mit HBV-assoziierter Leberzirrhose klinische und genetische Faktoren identifiziert, die mit einem Risiko für die Entstehung eines HCCs vergesellschaftet sind. Hierzu zählen eine unzureichende antivirale Therapie, das additive Vorhandensein einer Fettleber, eine positive Familienanamnese (hinsichtlich eines HCC), zusätzlicher Alkoholkonsum und ein Alter ≥50 Jahre. Eine antivirale Therapie führte dabei zu einer deutlichen Risikoreduktion (OR=5,2), jedoch entwickelte ein Teil der Patienten trotz suffizient unterdrückter Viruslast ein HCC, insbesondere bei Vorhandensein einer Fettleber und positiver Familienanamnese. Trotz erfolgreicher antiviraler Therapie muss daher insbesondere bei zirrhotischen Patienten weiterhin eine konsequente HCC-Früherkennung (Surveillance) durchgeführt werden. In Hinblick auf die HBV-Infektion ist eine weitere Arbeit zu erwähnen: Entsprechend der Deutschen S3-Leitlinie sollte allen Patienten mit Leberzirrhose, Patienten mit chronischer HBV Infektion und Patienten mit einer nicht-alkoholischer Fettleberhepatitis (NASH) eine Surveillance angeboten werden. Hintergrund dieser Empfehlung ist die Tatsache, dass bei chronischer HBV-Infektion bzw. NASH ein HCC bereits in der nicht-zirrhotischen Leber entstehen kann. Eine aktuelle Arbeit aus Frankreich (3) hat Risikofaktoren für die HCC-Entstehung bei Patienten ohne relevante Leberfibrose/-zirrhose untersucht und konnte erneut eindrucksvoll zeigen, dass ein Diabetes mellitus, das metabolische Syndrom, Rauchen und vor allem eine chronische HBV Infektion unabhängige Risikofaktoren für die Entstehung eines HCC in einer nicht-zirrhotischen Leber sind. Prognostische Scores bei Patienten mit Leberzirrhose Die Prognose von Patienten mit Leberzirrhose wird häufig mit Hilfe des Child-Pugh Scores (CP Score) berechnet, dieser wird jedoch durch die subjektive Einschätzung von Aszites und hepatischer Enzephalopathie limitiert. Im letzten Jahr wurde gezeigt, dass ein vereinfachter Score (ALBI, bestehend aus Bilirubin und Albumin) einen vergleichbaren Diskriminierungsgrad besitzt. Zudem war es möglich, innerhalb der CP-A-Patienten mit HCC, bei Patienten unter Sorafenibtherapie und bei Patienten nach Resektion mithilfe des ALBI-Scores zwei Subgruppen mit deutlich unterschiedlichem medianem Überleben zu definieren. Eine aktuelle Arbeit von Waked I et al. (4) hat nun gezeigt, dass es mit Hilfe des ALBI-Scores auch möglich ist, HCC-Patienten, die eine transarterielle Behandlung bekommen, in drei Gruppen mit unterschiedlicher Prognose/Gesamtüberleben aufzutrennen. Mit dem ALBI-Score besteht daher die Möglichkeit, die Prognose von Patienten mit HCC basierend auf zwei objektivierbaren und einfach zu bestimmenden Laborparametern zu evaluieren, und dies unabhängig von der durchgeführten Therapie (Resektion, TACE, Sorafenib). Zeitkorridor für eine Lebertransplantation bei HCC Die Basis für eine Lebertransplantation beim HCC in den Leitlinien (DGVS, EASL, AASLD) stellen nach wie vor die Mailand-Kriterien dar (radiologische Bewertung: ein Herd ≤5 cm oder max. 3 Herde jeweils ≤3 cm, keine Gefäßbeteiligung, keine extrahepatische Manifestation). Werden diese radiologischen Kriterien eingehalten, kann von einer Rezidivrate unter 15% ausgegangen werden, das 5-Jahres Gesamtüberleben liegt bei ca. 70%. Seit einiger Zeit gibt es seit jedoch Daten, dass ein Ansprechen auf eine Bridging-Therapie (z.B. transarterielle Chemoembolisation, TACE) eventuell ein besseres Selektionskriterium für eine Lebertransplantation beim HCC darstellt, als die reine Einhaltung der radiologischen Kriterien. Eine aktuelle Studie aus drei großen amerikanischen Transplantationszentren (5) hat nun gezeigt, dass eine zu frühe ( 18 Monate) Transplantation die Rezidivrate erhöht. Patienten sollten demnach am besten in einem bestimmten Zeitkorridor (6-18 Monate, sweet spot) transplantiert werden. Zudem stützt die Studie auch die Annahme, dass ein Ansprechen auf eine Bridging-Therapie (93,5% der Patienten erhielten innerhalb dieser Studie mindestens eine lokoregionäre Therapie, z.B. TACE) ein wichtiges und sinnvolles Selektionskriterium für eine Lebertransplantation beim HCC ist. Im April geht es weiter: Informationen zum EASL 2016 Neue Daten zur Sorafenib-Therapie Für Patienten mit fortgeschrittenem HCC stellt der Multityrosinkinase-Inhibitor Sorafenib die bislang einzige zugelassene und nachgewiesene effektive systemische Therapie dar. Die Substanz führt allerdings nur zu einer Krankheitsstabilisierung, und nahezu alle Patienten zeigen im Verlauf einen radiologischen Progress der Erkrankung. Eine Zweitlinientherapie ist nicht etabliert. In westlichen Kollektiven liegt das mediane Überleben daher im fortgeschritten Stadium der Erkrankung weiterhin unterhalb von 12 Monaten. Es besteht daher ein großes Interesse, die Sorafenibwirkung im Rahmen einer Kombinationstherapie zu verstärken. Eine aktuelle Studie (6) hat retrospektiv untersucht, inwiefern sich die additive Gabe von Vitamin K auf den Verlauf einer Sorafenibtherapie auswirkt. Die deutlich besseren Ansprechraten und das verlängerte Gesamtüberleben rechtfertigen es, trotz der Limitierungen der Arbeit, die Kombinationstherapie Sorafenib plus Vitamin K in einer prospektiven, randomisierten, placebo-kontrollierten Phase-II-Studie weiter zu untersuchen. Die bisherigen Phase-III-Studien im Bereich der Zweitlinie verliefen beim HCC leider alle negativ, so dass keine gesicherte therapeutische Option für Patienten nach Versagen oder Unverträglichkeit einer Sorafenibtherapie besteht. Eine aktuelle Studie aus einem großen japanischen Kollektiv (7) zeigte, dass eine erhaltene Leberfunktion unter Sorafenibtherapie einer der entscheidendsten Faktoren hinsichtlich des Gesamtüberlebens ist. Im Gegensatz hierzu wirkt sich das Vorhandensein einer makroskopischen Gefäßinfiltration negativ auf das Gesamtüberleben aus. Auch hinsichtlich des Überlebens nach Progress unter einer Sorafenibtherapie (Postprogressionsüberleben) sind beide Faktoren von unabhängiger prognostischer Bedeutung; ein negativer Prädiktor ist zudem das Auftreten neuer intra- bzw. extrahepatischer Herde. Patienten, bei denen eine Zweitlinientherapie durchgeführt wurde/möglich war, zeigen ein verlängertes Überleben, auch hier ist die erhaltene Leberfunktion wieder ein entscheidender Faktor. Diese Erkenntnisse sollten im Rahmen der Planung zukünftiger Zweitlinienstudien berücksichtigt werden. Weitere Beiträge der Hepatitis-Akademie zum AASLD 2015 finden Sie hier. Literatur (1) El-Serag HB et al. Hepatology 2015; 62(Suppl. S1): 253A. (2) Zhang Y et al. Hepatology 2015; 62(Suppl. S1): 275A. (3) Blanc JF et al. Hepatology 2015; 62(Suppl. S1): 276A. (4) Waked I et al. Hepatology 2015; 62(Suppl.S1): 384A. (5) Mehta N et al. Hepatology 2015; 62(Suppl.S1): 233A. (6) Haruna Y et al. Hepatology 2015; 62(Suppl.S1): 297A. (7) Yamane K et al. Hepatology 2015; 62(Suppl. S1): 452A. Daten, Ergebnisse und Kommentare zu den genannten Quellen werden auf der Homepage der Hepatitis-Akademie unter AASLD 2015: Hepatozelluläres Karzinom ausführlich vorgestellt. Weitere Informationen Hepatitis Akademie × Mehr zum Thema finden Sie auch unter www.hepatitis-akademie.de.

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