Erschienen in:
01.04.2015 | Originalien
Altersbestimmung menschlicher Kalotten
verfasst von:
Dr. M. Obert, F. Schumacher, S. Eska, M. Seyfried, A. Walter, G.A. Krombach, M.A. Verhoff
Erschienen in:
Rechtsmedizin
|
Ausgabe 2/2015
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die Altersbestimmung zur Personenidentifikation hat in der Rechtsmedizin grundlegende Bedeutung. Eine Vielzahl an Methoden ist hierzu in der Literatur beschrieben. Genauigkeit und Zuverlässigkeit dieser Methoden sind jedoch eingeschränkt. Die Reevaluierung bestehender und die Entwicklung neuer Methoden sind daher stetig notwendig.
Ziel der Arbeit
Neue nummerische Methoden der automatischen Bildanalyse im Rahmen der Alters- und Geschlechtsbestimmung, die im forensischen oder anthropologischen Kontext relevant sind, werden evaluiert.
Material und Methode
Schädel europäischer Herkunft im Altersbereich von 20 bis 101 Jahren wurden mit einem hochauflösenden Flat-Panel-Computertomographen (Flat-Panel-CT) radiologisch untersucht. Datensätze von 632 Kalottenhälften (223 weiblich, 409 männlich) wurden erhalten, bestehend aus insgesamt 214.880 Schnittbildern. Im Rahmen des Projekts wurde eine Software entwickelt, die Liniensegmente erzeugt, die die jeweilige Kalotte schneiden. Kalottenkanten werden anhand der Hounsfield-Einheiten (HE; mit der Knochendichte korrelierende Grauwerte in einem CT-Bild) detektiert. Die Eigenschaften der Liniensegmente werden zur Untersuchung der „Kalottendicken“, der „Standardabweichungen der Kalottendicke“, der „mittleren HE entlang der Schnittlinien durch die Kalotten“ und der „mittleren HE-Standardabweichung entlang der Schnittlinie“ herangezogen sowie geschlechtsspezifisch mit dem Alter korreliert. Hauptinteressen dieser Studie sind die Untersuchung der „Standardabweichungen der Kalottendicke“ und der „mittleren HE-Standardabweichung entlang von Schnittlinien“, da diese bislang noch nicht erforscht wurden. Insgesamt bildeten ca. 3.900.000 untersuchte Liniensegmente die Grundlage dieser Studie.
Ergebnisse
Weder die Kalottendicken noch die Standardabweichungen der Kalottendicken korrelierten mit dem Alter. Die Knochendichte nahm bei den Frauen mit zunehmendem Alter leicht ab (Korrelationskoeffizient r der Kalottenregion: frontal − 0,4; okzipital − 0,5); bei den Männern fanden sich r-Werte nahe 0. Die Standardabweichungen der HE entlang der Kalottenschnittlinien nahmen bei den Frauen mit zunehmendem Alter geringfügig ab (r: frontal − 0,5; okzipital − 0,6). Bei den Kalotten männlichen Geschlechts zeigten sich r-Werte nahe 0.
Schlussfolgerung
Kalottendicken korrelieren nicht mit dem Alter. Die Standardabweichung der Kalottendicken, die als Maß für die Rauheit oder die geometrische Unregelmäßigkeit interpretiert wird, korreliert ebenfalls nicht mit dem Alter. Die Abnahme der Knochendichte mit dem Alter bei Frauen, im Gegensatz zu Männern, ist literaturbekannt und konnte in der vorgestellten Studie bestätigt werden. Die Abnahme der Standardabweichung der HE entlang der Kalottenschnittlinien mit dem Alter zeigt, dass die geometrische Knochendichtevariabilität weiblicher Schädelkalotten mit zunehmendem Alter geringfügig abnimmt: Dies ist anders als bei Männern; hier bleibt dieser Parameter konstant. Durch sehr stark streuende Werte sind auch die bei Frauen gefunden Korrelationen allerdings zu gering, um eine Altersbestimmung von praktischer Relevanz zu ermöglichen.