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Erschienen in: Der Ophthalmologe 6/2016

17.12.2015 | Originalien

Augenärztliche Begutachtung im Blindengeldverfahren

Warum Atteste alleine nicht ausreichen

verfasst von: Dr. B. von Livonius, Dr. H. Pause, Prof. M. Ulbig

Erschienen in: Die Ophthalmologie | Ausgabe 6/2016

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Zusammenfassung

Hintergrund und Ziel der Arbeit

Da die Bewilligung von Blindengeld anhand von Attesten und Befundberichten in der Vergangenheit zu vielen Fehlentscheidungen geführt hatte, wird in Bayern angestrebt, Blindengeld nur noch auf Grundlage einer augenärztlichen Begutachtung zu zahlen. Da dies jedoch zusätzliche Kosten verursacht, zu einer längeren Bearbeitungsdauer und zu einer zusätzlichen Belastung der Patienten führt, sollte mit dieser Studie festgestellt werden, ob dieses Vorgehen dennoch gerechtfertigt werden kann. Außerdem sollte untersucht werden, ob sich die höheren Kosten für augenärztliche Gutachten durch die Vermeidung von zu Unrecht gezahlten Leistungen amortisieren.

Methodik

Statistisch ausgewertet wurden 925 Blindengeldanträge aus dem Einzugsgebiet des Zentrums Bayern Familie und Soziales (ZBFS), Regionalstelle Oberbayern, aus den Jahren 2003 bis 2008, die alle von dem gleichen als Außengutachter tätigen niedergelassenen Augenarzt begutachtet wurden.

Ergebnisse

Bei 357 Antragstellern, die anhand der Befunde und Atteste als „blind“ eingestuft wurden, wurde nach der ersten Begutachtung in 283 Fällen (79 %) Blindheit bejaht, in 73 Fällen (21 %) konnte Blindheit nicht bestätigt werden. Bei 262 nach den Attesten als „nicht blind“ eingestuften Antragstellern wurde diese Beurteilung bei der Begutachtung in 192 Fällen (73 %) bestätigt, in 70 Fällen (27 %) wurde dagegen Blindheit festgestellt. Von den 304 Antragstellern, bei denen nach den Attesten keine Beurteilung möglich war, wurden letztlich 165 als „blind“ und 139 als „nicht blind“ eingestuft. Bei insgesamt 32 Antragstellern, die im Attest expressis verbis als „blind“ bezeichnet worden waren, wurde in 13 Fällen Blindheit bestätigt, die anderen 18 waren im anschließenden Gutachten als „nicht blind“ eingestuft worden.

Diskussion

Eine Bewilligung von Blindengeld sollte nur auf Grundlage einer augenärztlichen Begutachtung unter Beachtung der Richtlinien der VersMedV erfolgen. Nur so kann eine Auszahlung des Blindengeldes an die tatsächlich Betroffenen gewährleistet werden. Diese Vorgehensweise ist im Interesse einer Gleichbehandlung aller Antragsteller vor dem Gesetz wünschenswert. Zudem ergeben sich für den Fiskus über die Jahre hinweg durch sonst zu Unrecht gezahltes Blindengeld Kosteneinsparungen in Höhe mehrstelliger Millionenbeträge.
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Metadaten
Titel
Augenärztliche Begutachtung im Blindengeldverfahren
Warum Atteste alleine nicht ausreichen
verfasst von
Dr. B. von Livonius
Dr. H. Pause
Prof. M. Ulbig
Publikationsdatum
17.12.2015
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Die Ophthalmologie / Ausgabe 6/2016
Print ISSN: 2731-720X
Elektronische ISSN: 2731-7218
DOI
https://doi.org/10.1007/s00347-015-0189-1

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