Erschienen in:
01.11.2014 | Leitthema
Chirurgische Therapie von Weichteilsarkomen der Extremitäten
verfasst von:
Prof. Dr. H.R. Dürr, Y. Bakhshai, P.-U. Tunn
Erschienen in:
Die Onkologie
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Ausgabe 11/2014
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Zusammenfassung
Hintergrund
Unter kurativer Intention ist die operative Therapie im multimodalen Behandlungskonzept der Patienten mit einem Weichteilsarkom der wichtigste prognostische Faktor. Da sowohl intraläsionale als auch marginale Resektionen eines Weichteilsarkoms mit einem hohen Risiko einer Progression einhergehen, ist die R0-Resektion anzustreben. Ist primär eine R0-Resektion nicht oder nur mit einem mutilierenden Eingriff zu realisieren, ist die Indikation zu neoadjuvanten Therapiekonzepten zu prüfen.
Ziel
Es werden die Prinzipien der operativen Therapie von Patienten mit einem Weichteilsarkom unter Berücksichtigung multimodaler Therapiekonzepte dargestellt.
Material und Methode
Ein systematisches Review von Originalpublikationen und Übersichtsarbeiten der letzten 15 Jahre wurde vorgenommen. Prospektiv-randomisierte Studien liegen zur operativen Therapie von Weichteilsarkomen nicht vor. Die Publikationen werden diskutiert und gewertet.
Ergebnisse
In den letzten Jahrzehnten wurde belegt, dass eine Kompartmentresektion gegenüber einer weiten Resektion sowohl hinsichtlich der Lokalrezidivrate als auch des Gesamtüberlebens keinen signifikanten Vorteil hat. Die Lokalrezidivrate wird in der Literatur zwischen 10 % und 40 % angegeben, das Fünfjahresgesamtüberleben aller Patienten liegt bei etwa 50 %. Bei der „weiten“ Resektion ist der „ideale“ onkologisch erforderliche Sicherheitsabstand nicht eindeutig definiert. Daher ist die R0-Resektion das entscheidende Kriterium. Eine Ausnahme besteht lediglich beim Liposarkom (G1, „Atypisches Lipom“) der Extremitäten. Der noch vor Jahren empfohlene Resektionsabstand von mindestens 1 cm in alle Richtungen ist nicht mehr zu rechtfertigen. Eine systemische Chemotherapie (± Hyperthermie) oder eine Radiotherapie können neoadjuvant/adjuvant ebenso indiziert sein. Nach einer neoadjuvanten Radiotherapie treten bei weit mehr als 30 % der Patienten Wundheilungsstörungen auf. Die isolierte hypertherme Extremitätenperfusion (ILP) mit TNF-α und Melphalan kommt als neoadjuvante Therapieoption bei Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen Weichteilsarkomen zum Einsatz, bei denen eine R0-Resektion nur mit einer funktionellen oder anatomischen Amputation zu erreichen wäre. Dadurch ist es möglich, Weichteilsarkome bei 81 % der Patienten extremitätenerhaltend zu resezieren. Plastisch-rekonstruktive operative Verfahren sind bei etwa 20 % der Patienten vorzuhalten.
Schlussfolgerungen
Für die Therapie von Patienten mit einem Weichteilsarkom ist ein interdisziplinär abgestimmtes Konzept von der primären Bildgebung, der Biopsie, der histopathologischen Untersuchung bis zur multimodalen Behandlung einschließlich der Nachsorge erforderlich. Die operative Therapie nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein. Ziel der Resektion eines Weichteilsarkoms der Extremitäten sollte nach wie vor bis auf die Ausnahme „Atypisches Lipom“ eine weite Resektion sein. Ultraradikale Resektionen unter Mitnahme von vitalen Strukturen zur Vergrößerung eines absehbar bereits im Gesunden (R0) verlaufenden Resektionsrands zeigen keine belegbaren Vorteile. Kann eine Resektion oder Nachresektion nicht in sano (also nur R1) durchgeführt werden, sollte eine zusätzliche Strahlentherapie adjuvant oder neoadjuvant erfolgen. Die isolierte hypertherme Extremitätenperfusion mit TNF-α und Melphalan ist eine effektive Therapieoption für Patienten mit lokal fortgeschrittenen Weichgewebesarkomen der Extremitäten, um mutilierende und ablative Eingriffe zu vermeiden.