Erschienen in:
04.05.2016 | Medizin aktuell
Das Mikrobiom und der Mythos vom sterilen Urin
verfasst von:
Dr. Dagmar Kraus
Erschienen in:
Uro-News
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Ausgabe 5/2016
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Auszug
Wenn klassische mikrobielle Methoden im Urin keine Mikroorganismen anzeigen, heißt das nicht, dass dort keine sind, erklärte Dr. Vitaly Smelov vom Karolinska-Institut in Schweden. Vielmehr tummeln sich in den Harnwegen offenbar auch bei Gesunden eine ganze Menge von Mikroben, wie Untersuchungen mit neuen molekularbiologischen Analysemethoden ergeben haben. Die Gesamtheit aller vorkommenden Mikroorganismen bezeichnet man als Mikrobiota, deren kollektive Genome als Mikrobiom. Das Mikrobiom sei aber keine statische Sache. Zwar kommen bestimmte Mikroorganismen wohl in jedem Menschen vor, deren Genome bilden das sogenannte Kernmikrobiom, es existiere aber auch ein variabler Teil, der durch verschiedene Faktoren wie zum Beispiel Lebensstil, Immunsystem, Medikamenteneinnahme oder Krankheiten beeinflusst wird. Aus der Forschung am Darm weiß man, dass das Mikrobiom je nach Zusammensetzung chronische Entzündungen verursachen, Gene und somit den Metabolismus menschlicher Zellen aktivieren sowie die Immunantwort auf Krebszellen beeinflussen kann. Beim Urogenitaltrakt stehe die Forschung zwar noch am Anfang, doch zeigten erste Studien, dass sich beispielsweise die mikrobiellen Populationen in Urin, Samenflüssigkeit und Prostatasekret bei Männern mit benigner Prostatahyperplasie und Männern mit Prostatakarzinom signifikant unterscheiden. Smelov hofft auf lange Sicht gesehen, mit Erforschung des Mikrobioms im Urogenitaltrakt mehr über dessen Bedeutung bei der Krankheitsentstehung zu erfahren. …