Desensibilisierung: Diese Praxis-Software denkt mit

Erfolg bei der Hyposensibilisierung von Patienten bedeutet für Ärzte oft viel organisatorischen Aufwand. HNO-Arzt Dr. Lutz Dürrschnabel hat ein Programm entwickelt, das Praxen entlasten soll. Die Regressgefahr durch eine hohe Anzahl an Hyposensibilisierungen und – wie er sagt – „sein persönliches Bestreben nach Perfektionismus“ haben den HNO-Facharzt Dr. Lutz Dürrschnabel aus Bühl bei Baden-Baden dazu bewogen, eine möglichst lückenlose Informationstechnik für ein sicheres Allergiemanagement zu entwickeln. Die 2014 entwickelte Software SAMIT© steht für „Sichere Allergiemedikation mittels Informationstechnologie“ und umfasst sämtliche Schritte von Anfang bis Ende in der allergologischen Therapie. Das Programm enthält erstmals auch eine Reihe von Kontrollfunktionen, die das für ambulant tätige Praxen geforderte Risikomanagement bei Hyposensibilisierungen berücksichtigen. Vorteile für die Praxis: Die Anwendung soll die Fehleranfälligkeit in der Patientenversorgung vermindern, die Compliance erhöhen und Zeit sparen. Es begann mit einer schlichten elektronischen Lagerverwaltung von Arzneien zur Desensibilisierung. „Wir haben eine Software gesucht, in welcher der Medikamentenbestand und die kontrollierte Abgabe an den Patienten erfasst werden“, schildert Dürrschnabel die Anfänge. Doch er wollte es präziser. Welche Dosierung ist wann, etwa bei Krankheit des Patienten oder Urlaub, zu verabreichen? Das sollte automatisiert berechnet werden. Compliance im Blick Dosierung, Rezeptausgabe und -einlösung mussten also mit erfasst werden. Aus dieser Lagerverwaltung (Allergie-Management-System – AMS) der Entwicklungsjahre 2007 bis 2013 entstand 2014 ein ausgeklügeltes System, in welchem sämtliche Diagnosefindungs- und Therapieschritte inklusive der Medikamentenerfassung- und Entnahmedokumentation auf einer Plattform gebündelt wurden. „Wir wollten die Kontrolle über Medikamenten-Ein- und Ausgang auf unserer Seite haben, um eine erhöhte Patientencompliance zu erreichen“, sagt Dürrschnabel. Mit den Anfängen dieses Software-Systems konnte sich die Praxis unter den Top Ten im Wettbewerb „Die innovative Arztpraxis 2013“ der Fachverlagsgruppe Springer Medizin und des Biopharmaunternehmens UCB platzieren. Das Programm bietet vielfältige Kontrollfunktionen, welche das Praxisteam entlasten. So werden in der Statistik-Verwaltung überfällige Rezepte, verpasste Injektionstermine, Verbleib von Restlösungen in den Injektionsflaschen, noch offene Provokationstests und Auskünfte über den Erfolg beziehungsweise abgebrochene Behandlungen angezeigt. Das Prozedere bei Allergiepatienten ist genau vorgegeben. Nach dem ersten Arzt-Patientenkontakt und der Besprechung orientierender Erstergebnisse werden bei gebotener Differenzialdiagnostik Pricktestvariationen und eine eventuelle Provokationsreihe zur Bestimmung der Majorallergene festgelegt. Die Auswertung und Ergebnisse werden in der elektronischen Patientenakte dokumentiert. Im Rahmen der Befundbesprechung wird das Therapiekonzept mit dem Patienten abgestimmt. Wird dann eine Hyposensibilisierungstherapie eingeleitet, bekommt der Patient zunächst ein mehrseitiges Dokument mit Allergiepass und Infoblatt zur Desensibilisierung ausgehändigt. Für das Praxisteam sind sämtliche diagnostische Maßnahmen sowie Ergebnisse, die Übersicht der Provokationstests, die Arztdokumentation und der exakte Injektionsplan im geschützten Bereich auf dem Bildschirm per Klick abrufbar. An der Entwicklung der Software war Praxismitarbeiterin Judith Blum maßgeblich beteiligt, die inzwischen im QM-Bereich tätig ist. Verlauf jederzeit einsehbar Mitarbeiterin Heike Gallas ist aktuell für das Allergiemanagement verantwortlich. „Wenn der Patient zur Desensibilisierung kommt, rufe ich seine Patientennummer auf und hole mir seine Allergiekarte auf den Schirm.“ Der gesamte Spritzenzyklus wird angezeigt, und der Verlauf ist jederzeit einsehbar. Seit nun auch die Anwendung zweier Behandlungsstränge an ein und demselben Patienten taggleich zur Normalität zählt, sei der kontrollierte Praxisalltag ohne „mitdenkende“ Softwareunterstützung nicht mehr vorstellbar. Eine Mitarbeiterin aus dem Praxisteam schaut unter der jeweiligen Patientennummer, entnimmt die farblich markierte Flasche aus dem Kühlschrank sowie die vorgegebene Menge und unterschreibt nach dem Prozedere mit ihrem Kürzel. Das Programm erfasst für jeden Patienten die injizierten Hyposensibilisierungen, und registriert es, wenn ein Termin versäumt wurde oder der Patient an einem Tag mehrere Injektionen erhalten hat. In einem Wochenrückblick können versäumte Termine eingesehen und Therapieabbrecher herausgefiltert werden. Außerdem werden im Lagerprogramm Verfallsdatum der Injektionslösungen und verbleibender Flascheninhalt angezeigt. Dr. Lutz Dürrschnabel Der HNO-Arzt betreibt seine Praxis in Bühl bei Baden-Baden seit 1993. Neben der konservativen HNO-Heilkunde bietet er ambulante operative Eingriffe an. Mit acht Mitarbeiterinnen, davon drei in Ausbildung, versorgt Dürrschnabel in seiner seit 2007 nach QEP-zertifizierten Praxis seine Patienten. Die im QM geforderten Behandlungsabläufe gaben unter anderem den Anstoß für die Entwicklung eines Computerprogramms. Innovationspreis: Dürrschnabel hat eine Softwarelösung für den allergologischen Behandlungssektor entwickelt. Sie soll Zeitaufwand, Behandlungsprozedere und Sicherheit im Desensibilisierungsmanagement optimieren. Mit der Anfangsvariante des Programms konnte sich die HNO-Praxis unter den Top Ten im Wettbewerb „Die innovative Arztpraxis 2013“ platzieren. Initiatoren des Wettbewerbs sind die Fachverlagsgruppe Springer Medizin und das Biopharmaunternehmen UCB.

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