Welches Mädchen sollte zum Gynäkologen?

Wann und bei welcher Fragestellung sollten Mädchen beim Gynäkologen vorgestellt werden? Konkrete Antworten gab es auf der DGKJ-Jahrestagung. Im Fokus standen Patientinnen im Alter der J1- und J2-Untersuchung. Bei Ihrer 14-Jährigen Patientin scheint sich demnächst Verhütungsbedarf anzubahnen? „Dann schicken Sie sie zu uns, damit wir sie beraten können“, appellierte die Gynäkologin Dr. Stephanie Eder, München, an ihr pädiatrisches Publikum auf dem diesjährigen Kinderärztekongress. Ihr lag insbesondere die Prävention ungewollter Teenager-Schwangerschaft am Herzen. Denn auch 2014 hätten noch 3000 minderjährige Mädchen bzw. 369 der Unter-15-Jährigen eine Schwangerschaft abgebrochen. „An diesen Zahlen können wir schrauben.“ Eder verwies auf bisher ungenutztes Potenzial: Weniger als 20% der sexuell unerfahrenen Mädchen nennen als Grund für den Erstbesuch beim Frauenarzt das Stichwort Verhütung [BZgA 2010] . Von Chlamydien bis HPV Mit Blick auf die Prävention sexuell übertragbarer Erkrankungen erinnerte Eder an einen der häufigsten sexuell übertragbaren Erreger: „Sie als Kinderärzte sollten wissen, dass es das Chlamydienscreening bei den Frauenärzten in Deutschland gibt.“ Denn früh entdeckt lässt sich eine Chlamydieninfektion antibiotisch gut behandeln. Zu spät entdeckt droht ein Verkleben der Eileiter mit der Konsequenz der Unfruchtbarkeit. Das Problem: 80% der Infektionen verlaufen bei Frauen symptomlos. Seit 2008 kann sich jedes sexuell aktive Mädchen einmal pro Jahr kostenfrei auf Chlamydien screenen lassen. „Dazu muss es noch nicht einmal auf den gefürchteten gynäkologischen Stuhl“, so Eder. Der Test erfolgt aus dem Morgenurin. Bei positivem Testbefund kann – und sollte – sich auch der Partner des Mädchens kostenfrei testen und ggf. behandeln lassen, um eine Reinfektion zu verhindern. Zur gynäkologischen Krebsvorsorge braucht der Kinderarzt eine unauffällige Patientin laut Eder im Allgemeinen nicht zu schicken: Routinemäßig sei eine zytologische Kontrolle nicht vor dem 20. Lebensjahr erforderlich, entsprechend dem Leistungskatalog der GKV. Anders sehe das aus beim Vorliegen bestimmter Risikofaktoren für das Persistieren eine HPV-Infektion. Dazu gehören u.a. Rauchen, Immunsuppression, Koinfektionen z.B. mit Chlamydien, eine mehrjährige Einnahme kontrazeptiver Ovulationshemmer und die sehr frühe Aufnahme des Geschlechtsverkehrs. „Nach sorgfältiger Anamnese kann der Frauenarzt natürlich auch schon früher mit der Krebsvorsorge beginnen.“ Dysmenorrhöen muss frau nicht aushalten! Als klassische Indikation für eine jugendgynäkologische Untersuchung nannte Eder die Zyklusstörungen. „Dysmenorrhöen sind einer der häufigsten Konsultationsgründe in der frauenärztlichen Praxis.“ Gleichzeitig würden immer noch viele Töchter von ihren Müttern lernen, dass Bauchschmerzen während der Periode normal und darum auszuhalten seien. „Obwohl wir sehr wohl sehr viel gegen Dysmenorrhöen machen können!“ Auch hier rief Eder eindringlich dazu auf, betroffene Mädchen an den gynäkologischen Kollegen zu überweisen. Dieser könne zudem nach organischen Ursachen fahnden, die in 10% der Fälle hinter den Bauchschmerzen stecken. Zum Stickpunkt Zyklusunregelmäßigkeiten gab Eder ihren Zuhörern eine Faustregel mit auf dem Weg: In den ersten zwei Jahren nach Einsetzen der Menarche – in Deutschland im Mittel mit 12,5 Jahren – können Zyklusstörungen physiologisch sein. „In dieser Zeit ist medizinisch gesehen jedes Chaos erlaubt.“ Eine Ausnahme betonte Eder: Zeige das Mädchen Androgenisierungserscheinungen, sei wegen des Verdachts auf Hyperandrogenämie bereits in diesem Zeitfenster die Abklärung durch den Gynäkologen angezeigt. Vaginoskop vorhanden? Auch der Verdacht auf Fehlbildungen der weiblichen Genitale sowie Störungen der pubertären Entwicklung sind Gründe für die Überweisung zum Frauenarzt im Rahmen der J1- oder J2-Untersuchung. Dasselbe gilt laut Eder für komplizierte vaginale Infektionen, denen mit lokaler Behandlung nicht beizukommen sei. Mädchen mit unklaren vaginalen Blutungen gehörten ebenfalls zum Gynäkologen. Untersucht würden die jungen Mädchen dann mit dem Vaginoskop – doch nicht jeder Frauenarzt besäße auch eines. Eder: „Vergewissern Sie sich also vor der Überweisung!“

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