Erschienen in:
01.09.2015 | Originalarbeit
Diachronie, Heterochronie, Auseinanderfallen der Zeit
Zur Kritik des innigen Miteinanderseins oder der geglückten Begegnung in der Analyse
verfasst von:
Dr. med. univ. et scient. med. Victor Blüml, Mag. phil.
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
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Ausgabe 3/2015
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Zusammenfassung
In dem Beitrag wird die Ausrichtung der Analyse auf die geglückte Begegnung (Kairos) bzw. auf das innige Miteinandersein als Telos des analytischen Prozesses hinterfragt. Die Verschränkung dieser Form der Objektbeziehung mit einem bestimmten Zeitbegriff wird aufgezeigt und anhand von alternativen Konzeptionen der Zeitlichkeit in der Psychoanalyse problematisiert. Der geglückten Begegnung in einer gemeinsam geteilten Gleichzeitigkeit wird unter Rückgriff auf Thesen von Green, Lacan und Laplanche sowie Überlegungen von Derrida und Levinas die Idee einer fundamentalen Heterochronie des menschlichen Subjekts gegenübergestellt. Die polychrone Struktur der zersplitterten Zeit (Green) unterläuft jeglichen Versuch der Synchronisierung zwischen Subjekt und Objekt. Anhand der Analyse einer Fallvignette wird versucht, diese Überlegungen konkret in der analytischen Arbeit festzumachen. In diesem Sinne wird zunächst ein Zusammenhang zwischen der Idee der synchronen, geglückten Begegnung und einer bestimmten Form des Verstehens herausgearbeitet. Anschließend werden die verfehlte Begegnung (Tyche), das Missverständnis und die Ungleichzeitigkeit als essenzielle Charakteristika des psychoanalytischen Prozesses gekennzeichnet.