Dislozierte Fersenbeinfraktur: So wird in Deutschland operiert

Zur Frage, wie man eine dislozierte intraartikuläre Fersenbeinfraktur optimal versorgt, besteht derzeit kein offizieller Konsens. Ein Team aus Aachen und Mainz hat deutsche Experten nach ihrer bevorzugten Technik befragt. Demnach ist der erweiterte laterale Zugang nach wie vor am beliebtesten. Eine intraartikuläre Calcaneus-Fraktur verlangt dem Operateur einiges Geschick ab: Der Knochen ist an sich komplex geformt, häufig handelt es sich um Mehrfragment-Frakturen, und die Weichgewebssituation gestaltet sich an dieser Stelle grundsätzlich schwierig. In der Literatur wird über eine relativ hohe Rate an Wundinfektionen und -heilungsstörungen (bis zu 27%) berichtet. Dies ist nicht zuletzt den ebenfalls häufigen Mikrozirkulationsstörungen im Fußbereich geschuldet, vor allem bei Rauchern oder Patienten mit PAVK. Kein standardisiertes Therapieprotokoll Vor diesem Hintergrund ist es bedauerlich, dass noch immer kein standardisiertes Behandlungsprotokoll existiert. Neben der häufig eingesetzten offenen Reposition mit interner Fixation wurden in letzter Zeit immer wieder auch minimalinvasive Techniken propagiert. Für diese besteht zwar die Vorstellung, dass sie Wundinfektionen vermeiden helfen. Auch die primäre Arthrodese wird nach wie vor diskutiert. Vergleichsstudien konnten jedoch bislang keinen klaren Vorteil für irgendein Verfahren zeigen. Selbst für die konservative Vorgehensweise gibt es keine offiziellen Richtlinien. Die Traumachirurgin Tatjana Pastor von der Uni Aachen und ihr Team haben sich daher entschlossen, sich bei den praktisch tätigen Experten in führenden deutschen Kliniken umzuhören, um herauszufinden, mit welchem Verfahren die besten Erfahrungen gemacht werden. Auf ihre Fragebogenaktion meldeten sich 269 Chirurgen aus Unikliniken, Lehrkrankenhäusern und Kliniken der Berufsgenossenschaft. Der typische Responder war zwischen 40 und 60 Jahre alt, in führender Position tätig und hatte mehr als zehn Berufsjahre hinter sich. Unterschiedliche Meinungen zur Klassifikation Unterschiedliche Meinungen gab es schon bei der Klassifikation der Fraktur. Zwar orientierte sich die Mehrheit der Befragten an CT-Scans, um Aussagen zur Zahl der Fragmente und zum Ausmaß der Dislokation machen zu können. Während Chirurgen aus den östlichen Bundesländern jedoch zu 34% auf die Zwipp-Klassifikation schworen, wurde diese von west- und süddeutschen Experten deutlich seltener genutzt (16% bzw. 21%). 35% aller Teilnehmer setzten gar kein spezielles Klassifikationssystem ein, insgesamt 29% benutzten das nach Sanders. Weitgehend einig war man sich darin, dass Fälle mit unzureichender Weichgewebssituation, nicht dislozierter Fraktur und/oder absehbar schlechter Compliance eher ein konservatives Vorgehen erfordern. Auch ein reduzierter Allgemeinzustand (ASA 3 oder 4) spielte eine entscheidende Rolle für die Therapiewahl. Mit großer Mehrheit (75–77%, je nach Level des Trauma-Zentrums) sprachen sich die Teilnehmer für die offene Reposition mittels Platte über einen erweiterten lateralen Zugang aus, sofern es sich um eine typische intraartikuläre dislozierte Fraktur vom Sanders-Typ II oder III handelte. 13 – 15% würden in diesem Fall eine Kombination von Implantaten wählen. Primäre Arthrodesen wurden von keinem der Teilnehmer propagiert. Perkutane Techniken würden die meisten Chirurgen (66– 72%) dagegen nur im Einzelfall einsetzen, vor allem bei Wunden mit hohem Infektionsrisiko und Patienten in reduziertem Allgemeinzustand (ASA 3 oder 4). Überraschend geringe Infektionsrate Was in der Umfrage überraschte, war das offenbar geringe Ausmaß von Infektionen und Wundheilungsstörungen. Bei der Hälfte bis zwei Drittel der Teilnehmer betrafen solche Komplikationen nach eigenen Angaben nur 1–5% aller Eingriffe. Dabei machten die allermeisten Operateure (88–91%) Mikrozirkulationsstörungen im Fuß als Hauptursache aus. Aber auch ein unzureichender Erhalt von Weichgewebe, lange Operationszeiten, ein unangemessener Abstand zwischen Unfall und Op. sowie der Rauchstatus der Patienten wurden in Bezug auf schlecht heilende Wunden für relevant gehalten. Nach Pastor und Kollegen ist die verbreitete Sichtweise derzeit, dass die Op. zwischen 10 und 21 Tagen nach dem Trauma angestrebt werden sollte. Zwar gibt es mittlerweile einige Hinweise darauf, dass perkutane Techniken dazu beitragen können, die Komplikationsrate bei Fersenbeinfrakturen zu senken. Allerdings muss man, so die Forscher, davon ausgehen, dass sich nicht jede Fraktur geschlossen reponieren lässt. Im Einzelfall müsse man den möglichen Nutzen einer minimalinvasiven Therapie gegen die besseren Repositionsergebnisse bei offener Technik abwägen. Dies gelte insbesondere für das Subtalargelenk. Die Umfrage hat jedenfalls gezeigt, dass derzeit wenige Chirurgen in Deutschland gewillt sind, vom gewohnten offenen Verfahren abzuweichen. Die laut Umfrage geringen Reoperationsraten (< 5%) geben ihnen recht.

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