Qualifizierte Helfer sind Mangelware

Der Ebola-Ausbruch in Westafrika ist alles andere als unter Kontrolle: Die Zahl der Todesopfer steigt unaufhörlich. Sierra Leone erklärt den Notstand, Liberia schließt alle Schulen. Die Behandlungszentren kommen an ihre Grenzen. Dossier "Ebola" – laufend aktualisiert „Im Kampf gegen den Ebola-Ausbruch ist kein Ende in Sicht“, sagte der Sprecher der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ (MSF), Stefan Dold aus Berlin angesichts weiter steigender Infektionszahlen der „Ärzte Zeitung“. „Wir sind am Rotieren“, beschrieb er die Situation für die Helfer in den Ausbruchsgebieten Sierra Leone, Liberia und Guinea. Derzeit sind seinen Angaben zufolge 80 internationale MSF-Mitarbeiter und über 200 nationale Helfer vor Ort: Ärzte, medizinisches Personal, Pflegekräfte, Laborpersonal, Logistiker und Psychologen. Alle Kräfte mobilisieren! MSF ist derzeit die einzige Hilfsorganisation vor Ort, die Ebola-Infizierte behandelt. Die Helfer sind angesichts der dramatischen Entwicklung an ihre Grenzen gestoßen. Schon vor Wochen hat Dr. Bart Janssens, Programmverantwortlicher von „Ärzte ohne Grenzen“ in Brüssel gefordert, dass die WHO, die betroffenen Länder und die Nachbarstaaten alle Kräfte mobilisieren müssten: „Vor allem muss qualifiziertes Personal zur Verfügung gestellt werden, es muss trainiert werden, wie Ebola behandelt wird und die Aufklärungsarbeit und das Abverfolgen von Personen, die Kontakt mit einem Infizierten hatten, muss verstärkt werden.“ Die EU hat ihre finanziellen Hilfen inzwischen um zwei auf 3,9 Millionen Euro erhöht, wie die EU-Kommissarin für Katastrophenhilfe, Kristalina Georgieva in Brüssel angekündigt hat. Gelder fließen also inzwischen, doch es mangelt an geschulten Helfern vor Ort, die Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung leisten und Ebola-Patienten versorgen können. „Ärzte ohne Grenzen“ könnten dies nicht alleine schultern, sagte MSF-Sprecherin Svenja Kühnel der „Ärzte Zeitung“ Indes wird es immer schwieriger, Helfer aus Europa für den Einsatz zu finden, denn zunehmend werden auch Erkrankungsfälle bei Ärzten und medizinischem Personal bekannt. Mit der Entsendung von Personal aus Europa sei man angesichts der gefährlichen Situation vor Ort in den Krisengebieten inzwischen zurückhaltend, sagte ein hoher EU-Beamter Medienberichten zufolge. Man versuche, die Partner vor Ort wie MSF, die WHO und das Rote Kreuz davon zu überzeugen, mehr Helfer aus Europa in die Seuchengebiete zu entsenden. Mehr Experten und Personal vor Ort würden in der Tat gebraucht, bestätigte MSF-Sprecher Stefan Dold im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“, besonders auch für die Aufklärungsarbeit. Die Organisation hat die Zahl ihrer Mitarbeiter vor Ort noch einmal aufgestockt. Inzwischen sind über 300 nationale und internationale Mitarbeiter dort tätig. Für die Aufklärungsarbeit hat „Ärzte ohne Grenzen“ in Sierra Leone mehr als 200 lokale Gesundheitshelfer darin ausgebildet, wichtige Gesundheitsinformationen in den Dörfern zu verbreiten – vor allem, wie sich die Menschen vor dem Ebola-Virus schützen können und was zu tun ist, wenn jemand erste Anzeichen oder Symptome einer Infektion zeigt. Inzwischen sei man personell aber ziemlich am Limit, zumal die bekannt gewordenen Erkrankungen und Todesfälle unter dem medizinischen Personal „die Sache nicht einfacher machen“, sagte Dold. Auch andere Hilfsorganisationen seien gefragt. Es gehe dabei ja nicht allein um medizinische Mitarbeiter, sondern auch um logistisches Personal, das für den strukturellen Aufbau von Behandlungszentren nötig sei. Dabei müssten qualitative Vorgaben erfüllt werden, um die Mitarbeiter in den Behandlungszentren nicht zu gefährden. Besonders schwierig sei die Situation für die Helfer-Teams in Liberia. Hier kämpften die Mitarbeiter mit einem dramatischen Mangel an Ressourcen. Nach den Erkenntnissen der EU-Kommission hatten sich in der letzten Woche mindestens vier Ärzte und acht Pfleger mit Ebola infiziert, darunter auch der 33-jährige US-Mediziner Dr. Kent Brantly, der in Liberia Ebola-Patienten versorgte. Laut „Ärzte ohne Grenzen“ hat sich bislang keiner ihrer Mitarbeiter mit dem Ebola-Virus infiziert. Sierre Leone: Ausnahmezustand Nach WHO-Zahlen vom 27. Juli, sind in Westafrika insgesamt 1323 Menschen erkrankt und 729 davon gestorben. Sierra Leone hat den Ausnahmezustand verhängt. Das Land ist mit 533 Erkrankten (inklusive 233 Todesfälle) am schlimmsten betroffen. Sicherheitskräfte sollen betroffene Gebiete unter Quarantäne stellen, erklärte Staatspräsident Ernest Koroma. Der Notstand gelte für die nächsten 60 bis 90 Tage. Polizei und Militär würden die Zugänge zu und aus den betroffenen Regionen sperren. Die Sicherheitskräfte sollten Ärzte und Helfer vor Angriffen beschützen, wie es zuletzt immer wieder vorgekommen war. Außerdem werde eine Haus-zu-Haus-Umgebungsuntersuchung eingeleitet, um weitere Infizierte ausfindig zu machen. Liberia schließt Schulen Auch das Nachbarland Liberia hatte den Notstand erklärt. Landesweit wurden die Schulen geschlossen, um eine Ausbreitung der Viruskrankheit zu verhindern. Betroffene Regionen werden unter Quarantäne gestellt. Sicherheitskräfte wurden entsandt. Alle „nicht essenziellen“ Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes wurden in einen 30-tägigen Zwangsurlaub geschickt. „Wir brauchen die Hilfe der internationalen Gemeinschaft jetzt nötiger als je zuvor“, sagte Liberias Informationsminister Lewis Brown. (Mitarbeit: nös)

Springer Medizin

Qualifizierte Helfer sind Mangelware

Weiterführende Themen

Neu im Fachgebiet AINS

Hinter dieser Appendizitis steckte ein Erreger

Ärztliche Empathie hilft gegen Rückenschmerzen

Mehr Schaden als Nutzen durch präoperatives Aussetzen von GLP-1-Agonisten?

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Update AINS