Erschienen in:
01.06.2015 | Originalien
Flexibilisierte Rehabilitationsdauer nach alloplastischem Hüft- und Kniegelenkersatz
verfasst von:
T. Tuncel, S. Simon, K. M. Peters
Erschienen in:
Die Orthopädie
|
Ausgabe 6/2015
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die Dauer einer stationären Anschlussheilbehandlung nach Erstimplantation eines unkomplizierten alloarthroplastischen Hüft- und Kniegelenkersatzes bei einer vorbekannten Cox- bzw. Gonarthrose wird in der Fachliteratur nur selten berücksichtigt. In der Literatur liegt der Schwerpunkt stattdessen im Bereich der Wirksamkeit einzelner rehabilitativer Anwendungen und Therapien. Aus diesem Grund steht die Dauer der medizinischen stationären Anschlussheilbehandlung im Fokus der vorliegenden Studie.
Patienten und Methoden
In der vorliegenden prospektiven Studie wurden 127 Patienten mit unkomplizierter Hüfttotalendoprothesen- (Hüft-TEP-)Erstimplantation und 110 Patienten mit einer unkomplizierten Knie-TEP-Erstimplantation aufgrund einer fortgeschrittenen Cox- bzw. Gonarthrose postoperativ untersucht. Im Rahmen eines Modellprojekts mit der AOK Rheinland/Hamburg wurden nur Patienten mit diesem Kostenträger in die Studie aufgenommen. Zur Erfassung des Mobilitätsgrades des Patienten wurde der Staffelstein-Score verwendet. Der Staffelstein-Score wurde am Aufnahmetag des Patienten (T1) und anschließend in einem wöchentlichen Follow-up bis zur Entlassung aus der stationären Rehabilitation (T2–T4) und zuletzt am Entlassungstag erhoben (T5). Zur besseren Einschätzung der notwendigen Rehabilitationsdauer des einzelnen Patienten wurde im Staffelstein-Score eine Zielpunktezahl festgelegt, deren Erreichen als Rehabilitationsziel definiert wurde. Am Aufnahmetag und in den folgenden Rehabilitationswochen des Rehabilitanden wurde dessen Mobilitätsgrad erfasst und beurteilt, um anschließend die Rehabilitationsdauer der individuellen Situation des einzelnen Patienten anzupassen.
Ergebnisse
Die vorliegende Studie konnte zeigen, dass der Rehabilitationsfortschritt mit einer deutlichen Besserung des Mobilitätsgrades bei den Hüft-TEP- bzw. Knie-TEP-Patienten einhergeht und zum Ende der zweiten Rehabilitationswoche (T2–T3) am höchsten war. Somit hatten im Staffelstein-Score 45 % der Hüft-TEP-Patienten und 44 % der Knie-TEP-Patienten ihr Rehabilitationsziel zwischen T2 und T3 erreicht. Der Mobilitätsgrad konnte sowohl bei den Hüft- (n = 127), als auch bei den Knie-TEP-Patienten (n = 110) zum Ende der Rehabilitation signifikant verbessert werden (t-Test: p < 0,001).
Die Hüft-TEP-Patienten benötigten im Rahmen der stationären Rehabilitation durchschnittlich 19,1 ± 4,0 (8–33) Tage, die Knie-TEP-Patienten durchschnittlich 19,8 ± 3,4 ( 12–29) Tage. Damit hatten 58 % (n = 74) der Hüft-TEP-Patienten und 51 % (n = 56) der Knie-TEP-Patienten ihr Rehabilitationsziel unter 21 Tagen erreicht. Durch die individuelle Anpassung der Reha-Dauer kamen folgende ökonomischen Effekte zustande: Bei den 127 Hüft-TEP Patienten konnte eine Ersparnis von 28.469 € und bei den 110 Knie-TEP-Patienten eine Ersparnis von 15.574 € erzielt werden.
Schlussfolgerung
Durch die scoregesteuerte Erfassung des Mobilitätsgrades des Patienten zum Anfang der stationären Rehabilitation ist eine individuelle Anpassung der Rehabilitationsdauer unter Mitwirkung des Patienten möglich. Dadurch können Patienten, die ihr Rehabilitationsziel vor dem 21. Tag erreichen, früher aus der stationären Rehabilitation entlassen werden. Die sich daraus entwickelnden ökonomischen Effekte können in Zeiten knapper finanzieller Ressourcen anderen Rehabilitationsgruppen zugutekommen.