Ganz Ohr für Schmuck und Wattestäbchen

Fremdkörper im Ohr sind kein seltener Befund in der HNO-Ambulanz. Und auch wenn es Kinder am häufigsten trifft, so sind doch viele Erwachsene unter den Patienten, die deswegen ärztliche Hilfe benötigen. Es gibt eine Vielzahl von Dingen, die zwar in den Gehörgang passen, dort aber nicht hingehören. Der HNO-Arzt Peter Svider von der Wayne State University School of Medicine in Detroit hat sich zusammen mit Kollegen darangemacht, einmal genauer zu untersuchen, wie viele Patienten wegen aurikularer Fremdkörper eine Ambulanz aufsuchen – und kam für die USA im Zeitraum zwischen 2008 und 2012 auf immerhin 280.939 Fälle. Diese Zahl ging aus Daten der US Consumer Product Safety Commission, einer Verbraucherschutzbehörde der US-Regierung, hervor. Spitzenplatz für Schmuck Den Spitzenplatz unter den fehlplatzierten Gegenständen nahmen Schmuckstücke (39%) ein, gefolgt von Wattestäbchen (19%). Ansonsten ging es bunt durcheinander. Neben Teilen von Hörgeräten und Kopfhörern, deren Dislokation immerhin nachvollziehbar ist, fanden sich auch Kreide, Stifte, Papier und anderes Schreibtischzubehör in äußeren Gehörgängen. Die mit Abstand größte Patientengruppe stellten die Zwei- bis Achtjährigen. Bei ihnen wie auch bei den älteren Kindern und Jugendlichen waren Schmuckstücke der häufigste Anlass für Fremdkörper-bedingte Besuche beim Ohrenarzt. Demgegenüber waren bei Erwachsenen Wattestäbchen dominant, wobei Hörgeräteteile bei den über 65-Jährigen nicht weit dahinter rangierten. Den Befunden entsprechen die Empfehlungen, die Svider und sein Team aus ihnen ableiten. Sie betonen, Kinder sollten Schmuck nur unter Aufsicht tragen – „falls überhaupt“. Und Erwachsene sollten keinen Schmuck und auch sonst nichts, was in Kinderohren gelangen könnte, herumliegen lassen. Von wegen „Ohrenstäbchen“ Spezielles Augenmerk richten die HNO-Spezialisten auf die Wattestäbchen. Der deutsche Volksmund nennt sie nicht umsonst oft „Ohrenstäbchen“ und macht damit den Fehlgebrauch, allen Warnhinweisen trotzend, quasi zur Bezeichnung. Svider weist auf mögliche weitere, über das Hinterlassen eines Corpus alienum hinausreichende Folgen der unsachgemäßen Manipulation mit Watteträgern in den Ohren hin. Hiernach gehen mehr als 7% der Trommelfell-Perforationen auf das Einführen solcher Stäbchen zurück. Perilymphatische Fisteln und Fazialisparesen sind ebenfalls als Konsequenzen beschrieben. Was die Teile von Hörgeräten betrifft, die sich in den Gehörgängen wiederfinden, raten die Wissenschaftler zur besseren Unterweisung im Gebrauch. Beispielsweise habe eine Analyse ergeben, dass rund die Hälfte aller mit Batterien in Zusammenhang stehenden Verletzungen im HNO-Bereich auf Hörgeräte-Batterien im Gehörgang zurückgeht. Es bestehe die Möglichkeit, dass einige Senioren irrtümlich die Batterie für das Hörgerät halten – ein Hinweis auf die beträchtlichen Schwierigkeiten, die mancher im Umgang mit Hörhilfen habe.

Live-Webinar: Aktuelle Leitlinien bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Springer Medizin