Interferonfreie Behandlungsmöglichkeiten bei HCV-Genotypen 2 und 3

Das Nukleotid-Analogon Sofosbuvir läutet eine neue Ära der Hepatitis-C-Therapie ein. Patienten mit Genotyp-2-Infektionen haben hohe Heilungschancen durch eine 12-wöchige, Interferon-freie Therapie. Hintergrund Die Entwicklungen der Hepatitis C-Therapie schreiten rasant voran. Seit der Zulassung der ersten Protease-Inhibitoren Boceprevir und Telaprevir für Genotyp 1 konnten die SVR (sustained virological response)-Raten deutlich verbessert werden. Die Behandlung mit diesen beiden Substanzen war jedoch nebenwirkungsträchtig und stand nicht für Patienten mit Infektionen durch die Genotypen 2 und 3 zur Verfügung. Mit Sofosbuvir, einem Nukleotid-Analogon und Hemmer der NS5B-Polymerase, steht das nächste Medikament mit deutlich niedrigerem Nebenwirkungspotential zur Verfügung. Es löst die Protease-Inhibitoren der 1. Generation in der Therapie von Infektionen durch den Genotyp 1 bereits ab. Darüber hinaus besteht bei Sofosbuvir auch Wirksamkeit für die Genotypen 2 und 3, die so erstmals einem interferonfreien Therapieschema zugänglich sind. Patienten/Methodik In dieser multizentrischen Phase III-Studie wurden von September 2012 bis Januar 2013 419 Patienten mit Genotyp-2- oder -3-Infektion eingeschlossen. In einer 4:1-Ratio wurden Patienten nach Zirrhose und Vortherapie gematched entweder mit Sofosbuvir (400 mg einmal täglich) / Ribavirin (1000 – 1200 mg, je nach Gewicht < oder ≥ 75 kg) oder Placebo behandelt. Nachdem die positiven Ergebnisse der FUSION Phase III-Studie bekannt wurden, wurde die initiale 12 Wochen-Dauer für Genotyp-3-Patienten auf 24 Wochen ausgedehnt und die Placebogruppe aufgelöst. Ergebnisse 40% der Patienten waren weiblich, 21% hatten eine Leberzirrhose und 58% waren bereits vortherapiert (davon wiederum 30% mit einer Non-Response auf ein Interferon/Ribavirin-Regime). Bereits 4 Wochen nach Therapiebeginn hatten 99% der Patienten HCV-RNA-Spiegel von < 25 IU/ml. 68 von 73 Patienten (93%) mit Genotyp 2 und 12 Wochen Therapiedauer hatten eine SVR 24 Wochen nach Ende der Therapie. 213 von 250 Patienten (85%) mit Genotyp 3 und 24 Wochen Therapie hatten eine SVR 12 Wochen nach Ende der Therapie, nach 24 Wochen hatten davon zwei Patienten einen virologischen Relapse. Während sich für die Patienten mit Genotyp 2 in dem Subgruppen keine unterschiedlichen Ansprechraten (bei insgesamt jedoch kleiner Patientenzahl) ergaben, zeigt sich bei Genotyp 3 ein gutes Ansprechen für therapienaive Patienten mit Zirrhose und ohne Zirrhose (92% und 95%). Patienten mit Zirrhose und frustraner Vortherapie (egal ob Relapse, Non-Response oder breakthrough) zeigten jedoch ein deutlich schlechteres Ansprechen mit einer SVR von nur 62%. Insgesamt sprechen ein junges Alter (< 50 Jahre), weibliches Geschlecht, Fehlen von Zirrhose und eine niedrige Viruslast von < 6 log10 IU / ml für das Erreichen einer SVR bei Genotyp 3. Schlussfolgerung Für Patienten mit Genotyp 2 sowie für Patienten mit Genotyp 3 und absoluten oder relativen Kontraindikationen gegen Interferon stehen mit der Komibination Sofosbuvir / Ribavirin effektive und nebenwirkungsarme, Interferon-freie Schemata zur HCV-Therapie zur Verfügung. Bei Genotyp 2 sollte die Therapiedauer 12 Wochen, bei Genotyp 3 24 Wochen betragen. Patienten mit Vorbehandlung und Zirrhose bei Genotyp 3 haben deutlich schlechtere Ansprechraten. Kommentar von Dr. H. H. Lutz und Prof. J. J. W. Tischendorf "Interferonfreie Therapieregime sind im klinischen Alltag angekommen " Mit Sofosbuvir steht nun auch ein orales direkt antivirales Medikament mit Wirksamkeit gegen die Genotypen 2 und 3 zur Verfügung. Es kann allen Patienten mit Genotyp 2, sowie solchen Patienten mit Genotyp 3, für die eine Interferon-Therapie nicht in Frage kommt, angeboten werden. Die Nebenwirkungen im Rahmen dieser Studie waren gering. Zwei Patienten haben die Therapie abgebrochen (1 x Kopfschmerzen, 1 x nach einem Suizidversuch). Weniger als 1% der Patienten hatten Grad 3 oder 4 Nebenwirkungen. Hämotologische Nebenwirkungen, a.e. bedingt durch die Ribavirintherapie, traten in bis zu 19% auf. Insgesamt ist aber von einer gut verträglichen Therapie auszugehen, wobei aufgrund der geringen Patientenzahlen hinsichtlich der Komplikationen der klinische Alltag abgewartet werden muss. Das Auftreten von Spät-Relapsern (zwei Patienten trotz SVR nach 12 Wochen) zeigt, dass bei Patienten mit Interferon-freien Schemata auch nach 24 Wochen noch eine virologische Testung durchgeführt werden sollte und erst dann von einer SVR gesprochen werden kann. Ob es noch spätere Relapser zu verzeichnen gilt, muss abgewartet werden. Für Patienten mit Genotyp 2 besteht derzeit kein Hinweis darauf, dass eine Verlängerung der Therapie über 12 Wochen hinaus einen positiven Effekt hat. Die Studiengruppe mit Genotyp 2 Patienten ist klein; in wieweit hierbei 12 Wochen auch für „hard to treat“-Patienten ausreichend sind, kann noch nicht abschließend gesagt werden. Für die Gruppe „Vortherapie jedweder Art (Non-Response, Relapse oder Breakthrough) + Zirrhose + Genotyp 3“ sind die Erfolgsraten aktuell nicht ausreichend für eine allgemeine Empfehlung. Hier sollte in Abhängigkeit von der Vortherapie individuell entschieden werden, ob nicht doch eine Triple-Therapie einschließlich Interferon sinnvoll ist. Take home message Mit Sofosbuvir steht ein potentes, gut verträgliches Medikament für die Hepatitis C-Therapie zur Verfügung. Während bei Genotyp 2 eine 12 Wochen-Therapie ausreichend scheint, ist bei Genotyp 3 eine 24 Wochen-Therapie sinnvoll, wobei Patienten mit Zirrhose und frustraner Vortherapie ein signifikant schlechteres Ansprechen zeigen und hier die Hinzunahme von pegyliertem Interferon zu diskutieren ist. Da in naher Zukunft mit weiteren potenten Medikamenten zu rechnen ist, ist die aktuelle Therapieindikation individuell in Absprache mit dem Patienten zu treffen. Weitere Beiträge zum Thema lesen Sie in unserem Dossier Lebererkrankungen und in unserem Themenschwerpunkt "Gastroenterologie".

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