Analverkehr ist Risikofaktor für Stuhlinkontinenz

Der amerikanische National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) ist eine unerschöpfliche Quelle für die Untersuchung von Zusammenhängen zwischen Lebensstil und gesundheitlichen Problemen. Nun wird nahegelegt, dass Analverkehr vor allem bei Männern ein Faktor für eine Stuhlinkontinenz darstellt. Hintergrund Analverkehr ist eine gängige Praxis sowohl bei hetero- wie homosexuellen Paaren, sofern zumindest einer der Partner männlichen Geschlechts ist. Nach entsprechenden Umfragen erleiden/dulden/genießen 20% der Frauen Analverkehr. Bei homosexuellen Männern stellt er zumindest bei einem der Beteiligten die übliche Form des Sexualverkehrs dar. Patienten und Methoden Seit vielen Jahren wird in den USA eine große Gruppe von Personen zu Fragen des Lebensstils und gesundheitlicher Probleme befragt. NHANES generierte zahlreiche Hypothesen zu Risikofaktoren von koronarer Herzkrankheit, Diabetes, Hypertonie und einer Vielzahl anderer Gesundheitsstörungen. Im Befragungszyklus von 2009/2010 wurden 6150 Erwachsene Männer und Frauen auch über eine mögliche Stuhlinkontinenz befragt. Gleichzeitig füllten diese Personen einen Fragebogen zum Sexualverhalten aus. Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Einkommen, BMI, chronische Erkrankungen, Depression, Stuhlkonsistenz und reproduktive Variable bei Frauen wurden mit erfasst. Eine Stuhlinkontinenz war definiert als unwillkürlicher anale Entleerung von flüssigem, solidem oder schleimigen Material wenigstens einmal im Monat. Ergebnisse Insgesamt füllten 4170 Personen zwischen 20 und 69 Jahren den Fragebogen zum Sexualverhalten aus. Darunter befanden sich 2070 Frauen und 2100 Männer. Analverkehr wurde von Frauen (37,3%) häufiger als von Männern (4,5%) praktiziert. Eine Stuhlinkontinenz wurde bei beiden Geschlechtern häufiger von den Personen angegeben, die Analverkehr praktizierten im Vergleich zu Personen, die diese Praxis verneinten (Frauen 9,9 vs. 7,4%; Männer 11,6 vs. 5,3%). Auch nach Korrektur für zahlreiche mögliche Risikofaktoren für eine Stuhlinkontinenz verblieb Analverkehr als signifikanter Prädiktor für eine Stuhlinkontinenz, wobei bei Männern die odds ratio 2,8, bei Frauen dagegen nur 1,5 betrug. Kommentar von Prof. Füeßl "Wissenschaft hart an der Grenze des Nonsens" Prof. Dr. med. H. S. Füeßl München × Das größte Problem der Studie stellt der Umstand dar, dass Frauen gar nicht zur Häufigkeit von Analverkehr befragt wurden und bei Männern nur nach der Zahl der Sexualpartner im Lauf der Lebenszeit gefragt wurde. Bei dieser Art der Fragestellung gehen einige entscheidende Informationen nicht in die Analyse mit ein. Die klinische Erfahrung, insbesondere aus der Frühzeit der HIV-Infektion, spricht dafür, dass die Frequenz des Analverkehrs die entscheidende Größe für den Sphinktertonus und die Häufigkeit von Stuhlinkontinenz darstellt. Die Erfassung der Zahl männlicher Sexualpartner von Männern genügt dabei nicht, da selbst in monogamen homosexuellen Beziehungen die insertive und die rezeptive Rolle einseitig verteilt sein kann und die Häufigkeit des Sexualverkehrs auch in diesen Fällen starken Schwankungen unterliegt. Ganz zu schweigen von promiskuitiv lebenden homosexuellen Männern, bei denen wesentlich größere Frequenzen des rezeptiven Analverkehrs erreicht werden als bei Frauen. Ein wenig erinnert die Untersuchung an die „angenehme“ Durchschnittstemperatur, wenn der eine Fuß auf einer Platte mit 0°, der andere auf einer Platte mit 60 °C steht. Querschnitts-Untersuchungen wie die NHANES erscheinen trotz der großen Zahl von befragten Personen hier der klinischen Erfahrung an einer selektiv ausgewählten Gruppe von „heavy usern“ unterlegen zu sein. Wenn eine Körperöffnung über Gebühr gebraucht wird, zumal für einen dafür nicht vorgesehenen Zweck, so bedarf es keiner wissenschaftlichen Studie, um nachzuweisen, dass der muskuläre und muköse Verschluss mit dieser Praxis allmählich ausleiern kann. Take-home-message Man kann zum Fenster rausschauen, ob es regnet; man kann sich auch eine halbe Stunde ins Freie stellen und fühlen, ob man nass wird.

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