Gute Blutzuckerkontrolle – hohe Lebenserwartung

Eine große Registerstudie zeigt erneut, wie sehr sich eine gute Diabeteseinstellung lohnt: Haben Typ-2-Diabetiker die Blutzuckerwerte im Griff und treten keine Nierenprobleme auf, dann ist die Lebenserwartung oft normal. Wie hoch die Lebenserwartung von Diabetikern ist, hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab: dem Alter, dem HbA1-Wert und der Nierenfunktion, berichten Forscher um Dr. Mauro Tancredi von der Universität in Göteborg. Tritt der Altersdiabetes tatsächlich erst im Alter auf, lässt sich der HbA1-Wert gut kontrollieren und macht die Niere keine Schwierigkeiten, dann dürfen sich Typ-2-Diabetiker auf ein ähnlich langes Leben freuen wie Menschen mit normalen Blutzuckerwerten. Ganz anders sieht es hingegen bei jungen Diabetikern mit einem hohen Anteil von glykiertem Hämoglobin oder mit einer schlechten glomerulären Filtrationsrate aus: Ihre Mortalitätsrate ist um ein Vielfaches erhöht. Zu diesem Schluss kommen die Forscher nach einer Auswertung des schwedischen Diabetesregisters. Sie verglichen Angaben zu rund 435.000 Typ-2-Diabetikern, die sich zwischen Anfang 1998 und Ende 2011 eingeschrieben hatten. Etwa 90% aller Diabetespatienten in Schweden nehmen an diesem Register teil. Jedem Diabetiker ordneten die Wissenschaftler fünf Nichtdiabetiker aus der Allgemeinbevölkerung im selben Alter und mit demselben Geschlecht zu (Kontrollgruppe). Anschließend schauten sie in nationalen Sterberegistern, wie viele in jeder Gruppe in den folgenden Jahren starben. Im Schnitt wurde das Schicksal der Teilnehmer über knapp fünf Jahre hinweg beobachtet. Zu Beginn lag das Alter im Mittel bei 66 Jahren, der Anteil von glykiertem Hämoglobin (HbA1) betrug im Schnitt 7,1% (54 mmol/mol) und unterschritt damit den Referenzwert von 8%. Die meisten Diabetiker waren also recht gut eingestellt. Kardiovaskuläre Sterberate um ein Drittel erhöht Die Gesamtsterberate der Diabetiker im Beobachtungszeitraum lag bei 17,7%. Von den Nichtdiabetikern starben nur 14,5%. Unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht war die Gesamtsterberate bei Diabetikern um 27% erhöht, die kardiovaskuläre Sterberate um 33%. Deutliche Unterschiede gab es beim Alter. Zwar starben absolut von den unter 55-Jährigen am wenigsten, allerdings war hier die Sterberate unter den Diabetikern mehr als doppelt so hoch (3,3 versus 1,5%). Bei den über 75-Jährigen gab es hingegen kaum noch Unterschiede (37 versus 38%). Wer also mit seinem Diabetes alt geworden ist oder erst im Alter erkrankt ist, der stirbt nicht früher als Altersgenossen ohne Zucker. Hauptgründe der erhöhten Sterberate von Diabetikern sind wenig überraschend kardiovaskuläre Ereignisse. Sie machen ein Drittel bis die Hälfte der Todesfälle aus. Gerade bei jüngeren Diabetikern (unter 55 Jahre) war die Rate für den kardiovaskulären Tod drastisch erhöht (2,2 versus 0,7%). Mit zunehmendem Alter stiegen die Raten jedoch in beiden Gruppen, und bei den über 75-Jährigen gab es kaum noch Unterschiede (19,0 versus 17,7%). Für den zweiten großen Killer, den Krebs, war die Sterberate bei den Diabetikern ebenfalls etwas erhöht, aber nicht wesentlich (3,9 versus 3,6% über alle Altersgruppen hinweg). Nierenfunktion entscheidend Entscheidend neben dem Alter sind offensichtlich die glykämische Kontrolle und die Nierenfunktion. Patienten unter 55 Jahren mit HbA1-Werte jenseits von 9,7% zeigten eine mehr als vierfach erhöhte Sterberate, bei den über 75-Jährigen war sie bei ähnlich schlechter Kontrolle noch um 42% erhöht. Noch höher war die Mortalität bei einer Dialysepflicht: Damit lag sie bei den unter 55-Jährigen mehr als 14-fach höher als in der Kontrollgruppe, bei den über 75-Jährigen noch zweieinhalbfach höher. Interessanterweise konnten die Forscher um Tancredi bei Diabetikern im hohen Lebensalter mit Normalbuminurie oder einer glomerulären Filtrationsrate über 90ml/min sogar eine erniedrigte Sterberate feststellen – zum Teil um bis zu 20%. Das kardiovaskuläre Sterberisiko war dann sogar um fast 30% niedriger als in der Kontrollgruppe ohne Diabetes. Ältere Patienten mit guten HbA1-Werten zeigten ebenfalls eine – allerdings nur um 5– 8% – erniedrigte Mortalität. Die wahrscheinlichste Erklärung dafür war die gute Versorgung der Diabetespatienten mit Herzkreislaufmedikamenten. So bekamen Diabetiker rund achtfach häufiger Statine als Nichtdiabetiker, auch die Blutdruckwerte hatten Ärzte und Patienten offenbar gut im Griff. In der Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen war bei guten HbA1- und guten Nierenwerten das Sterberisiko nicht oder allenfalls geringfügig erhöht. Auch das wird einer guten medikamentösen Kontrolle der wichtigsten Risikofaktoren zugeschrieben, ebenso wie die Beobachtung, dass die Sterberate unter Diabetikern vor dem Jahr 2005 noch deutlich höher lag als danach. Das Fazit der Wissenschaftler um Tancredi: Besonders wichtig sei es, gerade bei jungen Diabetikern auf eine gute glykämische Kontrolle und einen Schutz der Nieren zu achten. Hier reichten Medikamente allein offenkundig nicht aus. Ohne Rauchstopp, Gewichtsreduktion und mehr Bewegung ließen sich die lebensverkürzenden Folgeerkrankungen eines Typ-2-Diabetes kaum verhindern.

Springer Medizin

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