Harnableitung nach Zystektomie erhöht Frakturgefahr

Wird nach einer Zystektomie der Urin über ein umfunktioniertes Darmsegment abgeleitet, sind Störungen des Säure-Basen- und Elektrolythaushalts zu befürchten. US-Forscher haben nun untersucht, ob dadurch das Risiko für Knochenbrüche steigt. Dossier "Frakturen" Patienten mit nicht metastasiertem Blasenkrebs, die nach radikaler Zystektomie eine Harnableitung über ein abgetrenntes Darmsegment (Conduit, Pouch oder Neoblase) erhalten, tragen im Mittel ein um 21% erhöhtes Risiko, einen Knochenbruch zu erleiden. Besonders gefährdet sind zwei Altersgruppen: die 66- bis 69-Jährigen mit einem um 83% und die 75- bis 79-Jährigen mit einem um 29% höheren Frakturrisiko. Die meisten Brüche betreffen Wirbelsäule, Rippen und Oberschenkelhals. Ans Licht gebracht hat dies eine Studie, geleitet von Amit Gupta (University of Iowa), in welche die Daten von mehr als 50.000 Patienten mit Blasenkrebs in den Stadien 0 bis III eingeflossen sind. Rund 4900 von ihnen hatten sich einer radikalen Zystektomie unterziehen müssen und eine Harnableitung in einer der genannten Techniken erhalten. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 41 Monate. Rechnerisch kam es während dieser Phase zu 6,55 Frakturen je 100 Personenjahre in der Zystektomiegruppe und zu 6,39 Knochenbrüchen pro 100 Personenjahre bei den Patienten, die ihre Harnblase behalten hatten. Nach dem statistischen Abgleich gegen Einflussvariablen wie z. B. Alter, Geschlecht, Erkrankungsstadium und Begleitkrankheiten ergab sich für die Patienten nach Zystektomie ein relatives Frakturrisiko von 1,21 (95%-Konfidenzintervall 1,10–1,32; p < 0,001). Metabolische Azidose frisst am Knochen Dabei wiesen die zystektomierten Patienten zum Zeitpunkt der Krebsdiagnose eigentlich weniger Risikofaktoren für Knochenbrüche auf: Sie waren im Allgemeinen jünger, gesünder, hatten seltener chronische Nierenkrankheiten und eine schmalere Frakturanamnese. Das verweist umso nachdrücklicher auf die metabolischen Effekte einer Harnableitung über ein Darmsegment. Die Rückresorption von Chlorid und Ammonium aus dem Urin bei gleichzeitiger Ausscheidung von Bikarbonat beeinträchtigt die Säureelimination. 70% der Patienten, die mit einer solchen Harnableitung versorgt sind, entwickeln eine metabolische Azidose. Sie hat zur Folge, dass Kalzium aus den Knochen freigesetzt wird und Knochenmasse verloren geht. Dadurch steigt die Frakturgefahr. „Erhalten Patienten mit Blasenkrebs nach radikaler Zystektomie eine Harnableitung über ein Darmsegment, steigt ihr Risiko, sich die Knochen zu brechen“, lautet das Resümee von Gupta und seinen Mitarbeitern. Biologisch ist diese Aussage ohnehin plausibel, und mit den nunmehr vorliegenden Resultaten einer populationsbasierten Kohortenstudie ist sie auch stärker durch empirische Daten abgesichert.

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