Erschienen in:
01.01.2015 | Medizinrecht
Hochdruckinjektionsverletzung an der Hand
Unterschätzung der Verletzungsschwere
verfasst von:
M. Beirer, S. Deiler, J. Neu
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 1/2015
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Zusammenfassung
Ein 44-jähriger Patient zog sich im Rahmen eines Arbeitsunfalls eine Hochdruckinjektionsverletzung mit heißem Hydrauliköl am linken Zeigefinger zu. Bei der Vorstellung beim Durchgangsarzt 4 h später wurde die Wunde gespült und austamponiert. Röntgendiagnostik, Wundrevision, Antibiotikagabe oder Ruhigstellung erfolgten nicht. Einen Tag später stellte sich der Patient mit einer schmerzhaften Schwellung und Rötung des Zeigefingers in einer Klinik vor. Hier erfolgte bei einer Beugesehnenphlegmone die notfallmäßige operative Revision, Antibiotikagabe und Ruhigstellung des Fingers. Trotz folgender Revisionsoperationen trat im Verlauf eine Beugesehnenscheidennekrose mit Hautsubkutisdefekt auf, weswegen eine Vollhauttransplantation und schließlich eine operative Versteifung des Zeigefingerendgelenks durchgeführt wurden. Neun Monate nach dem Unfall bestanden eine Weichteilschwellung, eine Sensibilitätsstörung und eine Bewegungseinschränkung des Zeigefingermittelgelenks bei in Streckstellung versteiftem Endgelenk.
Im anschließenden Arzthaftungsstreit warf der Patient dem initial behandelnden Arzt eine falsche Behandlung seiner Hochdruckinjektionsverletzung mit einer zu ungenauen Untersuchung und nicht erfolgten Antibiotikagabe vor. Das Gutachten der Schlichtungsstelle stellte eine fehlerhafte Erstbehandlung fest. Bereits bei der ersten Vorstellung hätte eine sofortige notfallmäßige operative Exploration der Wunde erfolgen müssen. Hierdurch hätten sich die Folgeeingriffe weniger umfangreich gestaltet und eine operative Versteifung des Fingerendgelenks hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden können. Die verzögerte Operation sei als Ursache für eine deutlich schlechtere Ausgangssituation zu sehen, welche wiederum für die eingeschränkte Funktion des Zeigefingers im Endresultat entscheidend sei.