Erschienen in:
01.09.2014 | Originalien
Homozygote und „compound“-heterozygote RYR1-Mutationen
Neue Erkenntnisse zu Prävalenz und Penetranz der malignen Hyperthermie
verfasst von:
S. Wolak, B. Rücker, N. Kohlschmidt, S. Doetsch, O. Bartsch, Prof. Dr. biol. hum. et med. habil. U. Zechner, Dr. Dr. I. Tzanova
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 8-9/2014
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die maligne Hyperthermie (MH) ist eine autosomal-dominant vererbte, lebensgefährliche, akute pharmakogenetische Erkrankung und wird in der Regel durch heterozygote Mutationen des Ryanodin-Rezeptor 1(RYR1)-Gens verursacht. Die Diagnose wird mit dem In-vitro-Kontrakturtest (IVKT) gesichert. Inhalte dieser Arbeit sind die Genotyp-Phänotyp-Korrelation bei Patienten mit 2 mutierten RYR1-Allelen und die mutmaßliche Prävalenz der MH.
Material und Methoden
Nach Diagnosestellung einer suszeptiblen malignen Hyperthermie (MHS) durch den IVKT wurden die DNA-Proben von 44 Patienten mithilfe der Polymerase-Kettenreaktion-Amplifikation und Sequenzierung auf Mutationen des RYR1-Gens untersucht sowie die Daten der Mutationsanalyse mit denen des IVKT verglichen.
Ergebnisse
Identifiziert wurden 13 Patienten mit heterozygoter Mutation, ein Patient mit homozygoter Mutation (c.1840C>T) und ein Patient mit „compound“-heterozygoten Mutationen (c.1840C>T und c.6487C>T). Bei den beiden Patienten mit 2 mutierten Allelen lag eine stärkere Antwort im IVKT im Vergleich zu den Patienten mit nur einem mutierten Allel vor. Patienten mit einer RYR1-Mutation zeigten im Vergleich zu Patienten ohne RYR1-Mutation im IVKT signifikant höhere Kontrakturen.
Schlussfolgerung
Bei beiden beschriebenen Patienten scheint das Vorliegen von 2 mutierten RYR1-Allelen einen additiven Effekt auf die Funktionseinschränkung des RYR1-Rezeptors zu haben und sowohl zu einer stärkeren Antwort im IVKT als auch zu einer ausgeprägteren klinischen Reaktion zu führen. Patienten ohne bisher nachgewiesene RYR1-Mutation weisen möglicherweise RYR1-Mutationen mit geringerer Potenz außerhalb der hier untersuchten „Hotspot“-Regionen und/oder falsch-positive IVKT-Resultate auf. Die vorgestellten Ergebnisse aus einer kleinen Patientenpopulation deuten auf eine wesentlich höhere Prävalenz bei entsprechend niedrigerer Penetranz der MH-Veranlagung in der deutschen Bevölkerung hin als ursprünglich angenommen.