In der Profi-Reanimation sind Beatmungspausen sinnvoll!

Bei der kardiopulmonalen Reanimation durch professionelle Helfer ist eine Strategie mit kontinuierlichen Thoraxkompressionen (ohne Beatmungspausen) offenbar ohne Vorteil. In einer Studie mit über 20.000 realen Notfalleinsätzen in den USA ließ sich die Überlebensrate gegenüber der Kombi mit Beatmung im Verhältnis 30:2 nicht erhöhen. In den Empfehlungen für die Wiederbelebung wird sehr deutlich zwischen geübten professionellen und nicht trainierten und/oder Laienhelfern differenziert: Während dem Laien ans Herz gelegt wird, sich aufs „Drücken“, also Thoraxkompressionen in einer Frequenz von 100 pro Minute, zu beschränken, wird von professionellen Helfern erwartet, dass sie auch beatmen. Wie das vonstatten zu gehen hat, daran scheiden sich jedoch international die Geister. Die American Heart Association propagiert in ihren aktuellen Reanimationsleitlinien bei vermutlich kardial bedingtem Kreislaufstillstand bis zu drei Zyklen à 200 fortlaufende Kompressionen unter passiver Sauerstoffzufuhr. Die Kompressionen sollen lediglich zur Rhythmusanalyse und Defibrillation unterbrochen werden (Klasse-IIb-Empfehlung). Dabei beruft sich das Gremium auf Beobachtungsstudien, die einen deutlichen Anstieg der Überlebensraten nach Einführung des Konzepts gezeigt hatten. ERC hält an Empfehlungen zur Beatmung fest Dagegen hält der European Resuscitation Council (ERC) in seinem erst kürzlich vorgelegten Leitlinien-Update an seinen bisherigen Empfehlungen fest: Professionelle Helfer sollen, sofern sie geübt sind, Herzdruckmassage und Beatmung im Verhältnis 30:2 kombinieren; das heißt, nach jeweils 30 Kompressionen wird die Herzdruckmassage für zwei Beatmungen, die zusammen maximal zehn Sekunden dauern dürfen, unterbrochen. Für Patienten mit asphyktischem Kreislaufstillstand, so die europäischen Experten, sei dieses Vorgehen von Vorteil. Studie unter Feldbedingungen Welche Strategie mehr Leben rettet, die kontinuierliche oder die unterbrochene Thoraxkompression, wurde jetzt in einer randomisierten Cluster-Studie untersucht, und zwar unter „echten“ Notfallbedingungen mit 114 beteiligten Rettungsdienstleistern in den USA. Die Agenturen waren vor Studienbeginn beauftragt worden, jeweils eine der beiden Strategien für ihre Notfalleinsätze zu implementieren und zweimal jährlich zur jeweils anderen Strategie zu wechseln. Die Interventionsgruppe erhielt fortlaufende Thoraxkompressionen in einer Frequenz von 100 pro Minute. Parallel dazu wurde eine asynchrone Überdruckbeatmung mit zehn Beatmungsstößen pro Minute durchgeführt. In der Kontrollgruppe wurde nach jeweils 30 Kompressionen für zwei (Überdruck-)Beatmungen unterbrochen. Die Unterbrechungen sollten nicht länger als fünf Sekunden dauern. Die Erfassung der Patientendaten begann im Mai 2011 und reichte bis Juni 2015. In diesem Zeitraum wurden 23.711 Patienten reanimiert. Kein Überlebensvorteil bei kontinuierlicher Kompression Die Ergebnisse sprechen nicht unbedingt für die von der AHA propagierte Strategie: Wie das Resuscitation Outcomes Consortium (ROC) unter der Federführung von Dr. Graham Nichol von der University of Washington in Seattle berichtet, gelangten nach kontinuierlicher Herzdruckmassage sogar weniger Patienten lebend bis zur Klinik und die Überlebenszeit nach Klinikentlassung war im Mittel kürzer als nach dem Standardprozedere. Bis zur Klinikentlassung überlebten 9,0% der insgesamt 12.613 Patienten in der Interventionsgruppe und 9,7% der Kontrollgruppe (n = 11.035). Der Unterschied bei diesem primären Endpunkt war knapp nicht signifikant. Neurologischer Status nicht verbessert Gleiches gilt für den neurologischen Status; diesen sekundären Endpunkt ermittelten die Forscher anhand der Rankin-Skala. Ein Wert von höchstens 3 auf der Sechs-Punkte-Skala steht hier für ein zufriedenstellendes Ergebnis. Entsprechende Werte erreichten 7,0% in der Interventions- und 7,7% der Kontrollgruppe (p = 0,09). Signifikant im Vorteil war dagegen die Kontrollgruppe bei den folgenden Kriterien: Der „Transport in die Klinik“ war bei 54,9% gegenüber 52,8% möglich; 25,9% im Vergleich zu 24,6% der Patienten konnten danach stationär aufgenommen werden. Die Patienten, bei denen man die Thoraxkompressionen zum Beatmen unterbrochen hatte, profitierten außerdem mit einem minimalen, aber statistisch signifikanten Vorteil von 0,2 Tagen ohne erneute Klinikeinweisung (1,5 gegenüber 1,3 Tage). In der Per-Protocol-Analyse wurde der Überlebensunterschied noch deutlicher: 9,6% überlebten in der Kontrollgruppe, dagegen nur 7,6% in der Gruppe mit der fortlaufenden Kompression. Das Studiendesign weist einige Mängel auf: So floss weder die Beatmungsdauer noch die verabreichte Menge an Sauerstoff in die Bewertung ein. Auch auf die Qualität der Versorgung nach der Reanimation wurde in der Studie nicht eingegangen, obwohl diese eine entscheidende Rolle für das Überleben spielt. Für die Per-Protocol-Analyse hatte man schließlich relativ viele Patienten ausschließen müssen, bei denen nicht klar war, welche Methode man bei ihnen angewendet hatte. Beatmungspausen weniger kritisch als gedacht Studienkommentator Dr. Rudolph W. Koster, Kardiologe am Academic Medical Center in Amsterdam, erklärt das überraschende Ergebnis so: Die mittlere Kompressionsfraktion, also der Anteil der Kompressionszeit an der gesamten Reanimationszeit, sei in beiden Gruppen hoch gewesen; dieser entscheidende Marker lag bei 0,77 in der Kontroll- und bei 0,83 in der Interventionsgruppe. AHA und ERC fordern hier einen Mindestanteil von lediglich 0,60. Die Beatmungspausen seien offenbar weniger kritisch gewesen als gedacht. In den vorangegangenen Studien schließlich, auf denen die AHA-Empfehlungen gründen, war neben der kontinuierlichen Kompression ein ganzes Bündel von Maßnahmen eingeführt worden. Es sei nicht klar, so Koster, welche dieser Maßnahmen zu der beobachteten Verbesserung geführt hatten. Die AHA müsse jetzt möglicherweise umdenken, so der Experte. Hatte sich das Gremium bisher lediglich auf Beobachtungsstudien berufen, liege jetzt eine qualitativ hochwertige randomisierte Studie vor. Und diese habe eines nicht gezeigt: einen Vorteil der kontinuierlichen Thoraxkompression in der professionellen Reanimation.

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