Die biplanare Operationstechnik kniegelenknaher Korrekturosteotomien soll im Gegensatz zur uniplanaren Technik die Heilungsgeschwindigkeit des Knochens begünstigen. Dies wird der größeren Kontaktfläche nach biplanarer Osteotomieführung zugeschrieben. Präzise Daten, die Angaben über die Größe der knöchernen Kontaktfläche und das zu füllenden Keilvolumen nach aufklappender und zuklappender Osteotomie geben, existieren nicht.
Ziel der Arbeit
Die Arbeit zeigt die Quantifizierung von Kontaktflächen und Keilvolumina nach auf- und zuklappenden, kniegelenknahen Osteotomien.
Material und Methode
Tibiale und femorale Kunstknochen wurden 4 verschiedenen valgisierenden tibialen und varisierenden femoralen Osteotomietechniken zugeführt. Diese Techniken umfassten auf- und zuklappende sowie uniplanare und biplanare Verfahren. Die Kontaktflächen aller Osteotomieebenen wurden quantifiziert. Die Keilvolumina wurden mit Hilfe einer Prismaformel näherungsweise für eine Keilbasishöhe von 5, 10 und 15 mm errechnet.
Ergebnisse
Sowohl femorale als auch tibiale biplanare Osteotomietechniken schufen eine größere Kontaktfläche und ein kleineres Keilvolumen als die uniplanaren aufklappenden Techniken.
Diskussion
Trotz der idealisierten Bedingungen beim vorgestellten Versuchsaufbau am Kunstknochen lässt sich eine generelle Regel für die Knochengeometrie nach kniegelenknaher Osteotomie ableiten: die Vergrößerung der Kontaktflächen bei gleichzeitiger Verkleinerung der Keilvolumina schafft günstige geometrische Voraussetzungen für die Knochenheilung, da die Flächen der schnellen Kontaktheilung erhöht und die Volumina der langsamen Spaltheilung gleichzeitig vermindert werden. Dieser Effekt wird bei den vorgestellten Techniken nur durch eine biplanare Osteotomieführung erzielt.
Die hohe tibiale Osteotomie (HTO) und die distale Femurosteotomie (DFO) sind etablierte Verfahren zur Behandlung einer unikompartimentalen Varus- oder Valgusgonarthrose [1, 2, 9, 13, 15‐19, 24, 27, 32, 36‐38]. Die aufklappenden Osteotomietechniken werden zunehmend populär, da sie eine exakte intraoperative Einstellung des Korrekturwinkels ermöglichen. Gleichzeitig gewährleisten moderne winkelstabile Implantate die sichere Fixierung der geöffneten Osteotomieflächen bis zum Verschluss des Keilvolumens mit Kallusgewebe. Neben der Rigidität des Plattensystems ist aber in gleicher Weise eine gute Vaskularisation des Knochens eine Voraussetzung für die sichere Knochenheilung.
Die Kapazität der Knochenheilung nach einer kniegelenknahen Osteotomie kann zwischen verschiedenen Individuen variieren und hängt von zahlreichen biologischen Faktoren ab, die vor einer Osteotomie nicht alle umfassend eingeschätzt werden können. Im Gegensatz dazu lässt sich die Geometrie des Knochens nach abgeschlossener Osteotomie als Startpunkt der beginnenden Knochenheilung reproduzieren und quantifizieren.
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Obwohl die biplanare Osteotomietechnik für HTO und DFO zunehmend favorisiert wird, wurden ihre theoretischen geometrischen Vorteile gegenüber den uniplanaren Techniken bislang nicht untersucht.
Die Kombination aus kleinen Keilvolumina und großen knöchernen Kontaktflächen ist günstig
Aus Sicht der Knochenbiologie ist zu vermuten, dass die Kombination aus kleinen Keilvolumina und großen knöchernen Kontaktflächen am günstigsten für eine zügige Knochenheilung ist. In dieser Kunstknochenstudie wurden daher knöcherne Kontaktflächen und Keilvolumina von verschiedenen auf- und zuklappenden sowie uni- und biplanaren tibialen und femoralen Osteotomietechniken quantifiziert.
Material und Methodik
Den folgenden 4 Osteotomiegruppen wurden 20 tibiale Kunstknochen (Modell Nr. 1172, rechte Tibia mit 10° Varusdeformation des Tibiaplateaus, Synbone, Malans, Schweiz) zugeordnet (Gruppengröße n = 5, Abb. 1):
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Gruppe 1: medial aufklappende uniplanare Technik,
Gruppe 2: medial aufklappende biplanare Technik mit aufsteigender Tuberositasosteotomie,
Gruppe 3: medial aufklappende biplanare Technik mit absteigender Tuberositasosteotomie,
Gruppe 4: lateral zuklappende uniplanare Technik.
Die HTO-Techniken wurden entsprechend den Empfehlungen der relevanten Literatur durchgeführt [7, 8, 11, 14, 35, 20‐22]. Wesentliche Unterschiede zwischen den chirurgischen Techniken der 4 HTO-Gruppen sind in Tab. 1 zusammengefasst.
Tab. 1
Anatomische und operationstechnische Merkmale zur Standardisierung der angewendeten Operationstechniken für die valgisierende Tibiakopfosteotomie (HTO)
Gruppe HTO 1
Gruppe HTO 2
Gruppe HTO 3
Gruppe HTO 4
Operative Unterschiede
Aufklappend
Aufklappend
Aufklappend
Zuklappend
Uniplanar
Biplanar
Biplanar
Uniplanar
Aufsteigend
Absteigend
Horizontale Osteotomie zum Lig. patellae
Intraligamentär
Extraligamentär
Extraligamentär
Intraligamentär
Horizontale Osteotomieebene
Startpunkt
Med. Kortikalis
Med. Kortikalis
Med. Kortikalis
Lat. Kortikalis
3 cm distal der Gelenklinie
4 cm distal der Gelenklinie
4 cm distal der Gelenklinie
2 cm distal der Gelenklinie
Endpunkt
2 cm distal der lat. Gelenklinie
1,5 cm distal der lat. Gelenklinie
1,5 cm distal der lat. Gelenklinie
2 cm distal der med. Gelenklinie
5 mm von der Gegenkortikalis entfernt
Ausrichtung
Leicht schräg und aufsteigend
Leicht schräg und aufsteigend
Leicht schräg und aufsteigend
Strikt horizontal
Instrumentarium
2 K-Drähte
2 K-Drähte
2 K-Drähte
Kalibrierte Sägelehre
Frontale Osteotomieebene
Startpunkt
1 cm dorsal zur Tuberositas tibiae
1 cm dorsal zur Tuberositas tibiae
Endpunkt
Gegenkortikalis
Gegenkortikalis
Ausrichtung
Aufsteigend im 110°-Winkel zur horizontalen Ebene
Aufsteigend im 110°-Winkel zur horizontalen Ebene
Med. medial, lat. lateral, K Kirschner
Bei allen biplanaren Osteotomien wurde eine horizontale Osteotomieführung mit einem aufsteigenden oder absteigenden vertikalen Schnitt dorsal der Tuberositas tibiae kombiniert. In Gruppe HTO 2 erfolgte die biplanare Osteotomie in der Frontalebene auf klassische Art aufsteigend und V-förmig, wobei die Tuberositas tibiae aufsteigend in einem 110°-Winkel zur Horizontalebene hinterschnitten wurde. In Gruppe HTO 3 verlief der V-förmige Teil des biplanaren Schnittes absteigend in einem 110°-Winkel zur Horizontalebene [11, 28]. In Gruppe HTO 4 wurde die lateral zuklappende HTO nach Hofmann et al. [35] mit Hilfe einer kalibrierten Sägelehre durchgeführt (Abb. 1d, e).
Zwanzig femorale Kunstknochen (Modell Nr. 1272, rechtes Femur, Synbone, Malans, Schweiz) mit einer distalen Valgusstellung von 10° wurden den folgenden 4 Osteotomiegruppen zugeordnet (Gruppengröße n = 5, Tab. 2): Gruppe 1: lateral uniplanar aufklappend; Gruppe 2: medial uniplanar zuklappend; Gruppe 3: lateral biplanar aufklappend; Gruppe 4: medial biplanar zuklappend.
Tab. 2
Anatomische Merkmale und operationstechnische Merkmale zur Standardisierung der angewandten Techniken für femorale Varisierungsosteotomien (DFO)
Gruppe DFO 1
Gruppe DFO 2
Gruppe DFO 3
Gruppe DFO 4
Operative Unterschiede
Lateral
Medial
Lateral
Medial
Uniplanar
Uniplanar
Biplanar
Biplanar
Aufklappend
Zuklappend
Aufklappend
Zuklappend
Horizontale Osteotomie zurTrochlea
Proximal
Proximal
Dorsal
Dorsal
Horizontale Osteotomieebene
Startpunkt
Lat. Kortikalis 5,5 cm proximal der Gelenklinie
Med. Kortikalis 6 cm proximal der Gelenklinie
Lat. Kortikalis 5 cm proximal der Gelenklinie
Med. Kortikalis 5,5 cm proximal der Gelenklinie
Endpunkt
5 cm proximal der medialen Gelenklinie
5 cm proximal der lateralen Gelenklinie
4,5 cm proximal der medialen Gelenklinie
4,5 cm proximal der lateralen
Gelenklinie
5 mm von der Gegenkortikalis entfernt
Ausrichtung
Leicht schräg und absteigend
Leicht schräg und absteigend
Leicht schräg und absteigend
Leicht schräg und absteigend
Frontale Osteotomieebene
Startpunkt
Ein Viertel dorsal zum anterioren Femur
Ein Viertel dorsal zum anterioren Femur
Endpunkt
Durchtrennung der Gegenkortikalis
Durchtrennung der Gegenkortikalis
Ausrichtung
Aufsteigend im 90°-Winkel zur horizontalen Ebene
Aufsteigend im 90°-Winkel zur horizontalen Ebene
Die DFO-Techniken wurden entsprechend den Empfehlungen der relevanten Literatur durchgeführt [3‐6, 10, 12, 25, 31, 33]. Wesentliche Unterschiede zwischen dem chirurgischen Techniken der 4 DFO-Gruppen sind in der Tab. 2 zusammengefasst.
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Kennzeichnung und Quantifizierung der Osteotomieflächen
Alle Osteotomieflächen der HTO- (Abb. 2a) und DFO-Gruppen (Abb. 2b) wurden wie folgt gekennzeichnet: Horizontale Flächen mit A = proximal und B = distal; frontale Flächen, falls vorhanden, mit C = ventral und D = dorsal. Die Konturen der Schnittflächen wurden auf Millimeterpapier übertragen und digitalisiert. Bei den uniplanaren Osteotomieproben entfielen die vertikalen Flächen C und D (Gruppe HTO 1, Gruppe HTO 4, Gruppe DFO 1 und Gruppe DFO 2).
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Mit Hilfe computergestützter Bildauswertung und nach einer Kalibrierung wurden die Flächen aller Osteotomieebenen durch das bildgebende Softwareprogramm „analySIS“ (Olympus, Hamburg, Deutschland) in Quadratmillimetern quantifiziert. Zur exakten Berechnung wurde der t-Test an einer Stichprobe durchgeführt. Der Genauigkeitswert p betrug 0,173 in der HTO- und 0,168 in der DFO-Untersuchungsserie, womit keine Differenz zwischen dem Stichprobenmittel und dem spezifischen Wert festgestellt werden konnte. Die Test-Retest-Reliabilität wurde mittels Korrelationskoeffizienten nach Pearson berechnet (r). Wiederholte 10-Tage-Reliabilität-Tests für jede Osteotomieebene bestätigten mit p < 0,01 und r = 0,90 eine hohe Reliabilität zwischen Zeitpunkt 1 und 2, womit eine hohe Korrelation nachgewiesen werden konnte.
Berechnung der Keilvolumina
Um das Keilvolumen annähernd abzuschätzen, wurde die Formel für die Prismavolumenberechung genutzt:
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Keilvolumen = Prismavolumen x 0,5,
Keilvolumen = (Knochenflächen A + B) x 0,5 x Keilhöhe x 0,5.
Diese Berechnung diente als Näherungswert, um die prozentualen Unterschiede der Keilvolumen bei den vier verschiedenen Osteotomieformen zu quantifizieren. Es wurden Keilhöhen von 5, 10 und 15 mm für die Volumenberechnung aller Proben ausgewählt. Das Prismavolumen wurde aus Grundfläche multipliziert mit der Keilhöhe errechnet. Als Grundfläche wurde die Quersumme der beiden Osteotomieflächen A und B verwendet. Das resultierende Prismavolumen wurde halbiert um in Annäherung einen realistischen Wert für das Keilvolumen zu erhalten.
Statistische Auswertung
Ausgehend von einer vorangegangenen Teststärkenanalyse (Teststärke 80 %, Signifikanzlevel 5 %) wurde die statistische Auswertung anhand der Daten vorgenommen, die von den 5 Stichproben pro Gruppe geliefert wurden. Für die statistische Auswertung wurde eine zweifaktorielle Varianzanalyse (ANOVA) mit Messwiederholungen angewendet, um die Oberflächen in Quadratmillimetern (mm2) und die in Kubikmillimetern (mm3) berechneten Keilvolumen zwischen den Gruppen miteinander zu vergleichen. Dabei wurden Differenzen mit p < 0,05 als signifikant betrachtet.
Ergebnisse der HTO-Techniken
Oberflächen der unterschiedlichen tibialen Osteotomieflächen
Die Osteotomien wurden mit einer oszillierenden Säge durchgeführt, deren Sägeblatt eine Dicke von 1,5 mm aufwies. Dementsprechend waren die korrespondierenden Tibiasegmente nach Osteotomie nicht völlig kongruent (Abb. 2a, Tab. 3). In allen Sawbones hatte die proximale horizontale Ebene (Osteotomieebene A) eine etwas größere Fläche im Vergleich zu der distalen Ebene (Osteotomieebene B). Die Osteotomieebenen A hatten einen mittleren Wert von 20,6 cm2 [Standardabweichung (SD) = 2,6], die Osteotomieebenen B einen mittleren Wert von 19,4 cm2, SD = 2,4). Die dorsalen frontalen Ebenen (Osteotomieebene D) waren ebenfalls gekennzeichnet von etwas größeren Oberflächen im Vergleich zu ihren ventralen Gegenstücken (Osteotomieebene C). Die Osteotomieebenen D hatten einem Mittelwert von 7,2 cm2 (SD = 2,9), die Osteotomieebenen C einen mittleren Wert von 6,0 cm2 (SD = 1,7).
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Tab. 3
Horizontale und vertikale Osteotomieflächen der Tibiae
Osteotomieflächen (cm2)
A
B
C
D
Gruppe HTO 1
Mittelwert
21,6
20,5
SD
1,3
1,5
Gruppe HTO 2
Mittelwert
18,5
17,4
4,8
5,2
SD
2,2
2,1
0,3
0,1
Gruppe HTO 3
Mittelwert
18,8
17,9
7,2
9,3
SD
1,7
1,6
2,6
3,4
Gruppe HTO 4
Mittelwert
23,5
21,7
SD
0,8
1,2
SD Standardabweichung, HTO 1 aufklappend uniplanar, HTO 2 aufklappend biplanar aufsteigend, HTO 3 aufklappend biplanar absteigend, HTO 4 zuklappend uniplanar, A proximal und horizontal, B distal und horizontal, C ventral und vertikal, D dorsal und vertikal
Bei der aufklappenden biplanaren Osteotomie in einer absteigenden retrotuberositäre Technik (Gruppe HTO 3) kam es wegen des längeren frontalen Schnittes zu wesentlich größeren Knochenoberflächen im Vergleich zur klassischen, aufklappenden Technik der Tibia (Gruppe HTO 2) mit aufsteigendem, frontalem Schnitt.
Vergleichbare Knochenoberflächen wurden zwischen Gruppe HTO 2 und der zuklappenden uniplanaren HTO-Osteotomietechnik (Gruppe HTO 4) gemessen. Im Vergleich zu der aufklappenden uniplanaren Technik (Gruppe HTO 1) zeigte die klassische aufklappende Technik der Tibia (Gruppe HTO 2) mit aufsteigendem frontalem Schnitt tendenziell größere Knochenoberflächen.
Die frontalen Schnitte der biplanaren, klassischen (Gruppe HTO 2) und retrotuberositären (Gruppe HTO 3) Osteotomien belaufen sich auf 21(± 5)% und 31(± 6)% der gesamten Knochenkontaktfläche.
Keilvolumina in Abhängigkeit von den HTO-Techniken
Das Verhältnis der aus den unterschiedlichen Techniken entstandenen Keilvolumen zueinander blieb unter den drei ausgewählten Keilhöhen 5 mm, 10 mm und 15 mm konstant. Es konnten keine bedeutenden Differenzen der Keilvolumina zwischen den auf- und absteigenden biplanaren aufklappenden Osteotomietechniken gefunden werden. Nach Anwendung der aufsteigenden frontalen Schnitttechnik ergab sich das kleinste Keilvolumen (Abb. 3, 4, Tab. 4). Wesentlich ist, dass Keilvolumina bedeutend höher waren, wenn die uniplanare aufklappende Technik im Vergleich zu beiden biplanaren Gruppen zum Einsatz kam.
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Tab. 4
Entstandene Keilvolumina nach aufklappenden Osteotomien in Abhängigkeit der Osteotomietechnik und der Keilbasishöhe
Oberflächen der unterschiedlichen femoralen Ebenen
Entsprechend den angewendeten operativen Standardtechniken wurde ein 0,8 mm dickes Sägeblatt für alle horizontalen knöchernen Schnitte verwendet. Demzufolge waren die entsprechenden femoralen Ebenen nicht völlig kongruent, nachdem die Osteotomieschnitte durchgeführt wurden. Es wurden keine wesentlichen Unterschiede zwischen der Größe der distalen und proximalen horizontalen Osteotomieebenen (Ebene A und B) innerhalb und zwischen uni- und biplanaren Gruppen gefunden (Abb. 5, 6, Tab. 5). Ein Trend zu größeren frontalen Osteotomieebenen der biplanaren aufklappenden Gruppe (Gruppe DFO 3) wurde gegenüber der biplanaren schließenden Gruppe (Gruppe DFO 4) gefunden. Schließlich zeigte die Aufsummierung der femoralen Oberflächen (in mm2) keinen signifikanten Unterschied innerhalb der uni- und der biplanaren Gruppe. In den biplanaren Gruppen (Gruppen DFO 3 und 4) wurde jedoch eine wesentlich höhere femorale Oberfläche im Vergleich zu den uniplanaren Gruppen festgestellt (Gruppe DFO 1 und 2, ANOVA, p = 0,036, Abb. 5, Tab. 5).
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Tab. 5
Horizontale und vertikale Osteotomieflächen (cm2) der Femurs
Osteotomieflächen (cm2)
Gruppe DFO 1 LUA
LUA
A
B
Mittelwert
15,7
17,9
SD
1,05
0,83
Gruppe DFO 22 MUZ
A
A
A
B
Resezierte Keilhöhe
5 mm
10 mm
15 mm
Mittelwert
13,4
13
12,7
13,6
SD
0,39
0,32
0,47
0,45
Gruppe DFO 3 LBA
A
B
C
D
Mittelwert
14,8
16,3
24,6
25,5
SD
0,8
0,75
2,19
1,91
Gruppe DFO 4 MBZ
A
A
A
B
C
D
D
D
Resezierte Keilhöhe
Resezierte Keilhöhe
5 mm
10 mm
15 mm
5 mm
10 mm
15 mm
Mittelwert
12,5
11,8
11,5
13,1
19,2
19,2
18,2
17,1
SD
0,81
0,75
1,02
0,61
0,98
1,25
1,42
1,32
LUA lateral uniplanar aufklappend, MUZ medial uniplanar zuklappend, LBA lateral biplanar aufklappend, MBZ medial biplanar zuklappend, A proximal und horizontal, B distal und horizontal, C ventral und vertikal, D dorsal und vertikal
Die durchschnittlichen Oberflächen der gegenüberliegenden horizontalen Schnittflächen waren in der uniplanaren aufklappenden Technik am größten. Eine Abnahme der proximalen Schnittfläche (A) als auch der dorsalen, biplanaren Kontaktfläche (D) bei den uni- wie den biplanaren, schließenden Techniken stand in Bezug zu einem Anstieg in der Keilkorrektur, da der proximale Schnitt mit ansteigenden Keilhöhen zunehmend proximal positioniert wird (Abb. 6, Tab. 5).
Die femorale Oberfläche des biplanaren Schnittes war bei der aufklappenden Technik größer, was durch die proximalere Lage des Anfangspunktes des biplanaren Schnittes in Relation zur Gelenklinie zu erklären ist. Mit derselben abfallenden Neigung der Osteotomie muss der Endpunkt des lateralen Schnittes im Vergleich zum medialen, schließenden Schnittes zunehmend proximal positioniert sein, da der mediale Kondylus höher ist als der laterale femorale Kondylus. Da bei beiden Techniken biplanare Schnitte in einem 90°-Winkel zum horizontalen Schnitt gemacht werden, differiert die Länge in Abhängigkeit vom Betrag der Antekurvation des Femurs.
Keilvolumina in Abhängigkeit von den DFO-Osteotomietechniken
Das Verhältnis der drei ausgewählten Keilvolumina zueinander, die aus den unterschiedlichen Techniken resultieren, blieb konstant.
Die Keilvolumen der uniplanaren aufklappenden Osteotomien waren größer als bei der biplanaren Technik.
Zwischen den schließenden Techniken konnten keine Unterschiede gefunden werde (Abb. 7, Tab. 6).
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Tab. 6
Verhältnis zwischen Keilhöhe (5, 10, 15 mm) und nach der Formel für Prismaberechnung berechnetem Keilvolumen (cm3), bei aufklappenden Techniken
Osteotomieebene
Grundfläche
Keilvolumen (cm3, AB/2 x h x 0,5)
A (cm2)
B (cm2)
AB/2 (cm2)
h = 0,5 cm
h = 1,0 cm
h = 1,5 cm
Gruppe DFO 1
LUA
AB/2
x 0,25
x 0,5
x 0,75
Mittelwert
15,7
16,7
16,2
4,1
8,1
12,2
SD
1,05
0,77
0,81
0,19
0,39
0,62
Gruppe DFO 3
LBA
AB/2
x 0,25
x 0,5
x 0,75
Mittelwert
14,9
16,3
15,6
3,9
7,8
11,7
SD
0,8
0,75
0,71
0,24
0,41
0,65
LUA lateral uniplanar aufklappend, LBA lateral biplanar aufklappend, A proximal und horizontal, B distal und horizontal, C ventral und vertikal, D dorsal und vertikal, SD Standardabweichung, h Keilhöhe (cm)
Diskussion
In der vorliegenden Arbeit wurden knöcherne Kontaktflächen und Keilvolumina nach verschiedenen auf- und zuklappenden kniegelenknahen Osteotomietechniken bestimmt. Die gewonnenen Daten zeigen, dass unter den aktuell verwendeten Osteotomietechniken die medial öffnende biplanare Technik mit absteigender Tuberositasosteotomie als HTO sowie die medial schließende biplanare Technik als DFO ideale geometrische Voraussetzungen für die Knochenheilung schaffen.
Insbesondere bei den biplanaren aufklappenden HTO-Techniken beeinflusst das Ausmaß der Achskorrektur die tatsächlich verbleibende Kontaktzone der auf- und absteigenden retrotuberositären Osteotomieflächen. Durch das Aufklappen im intakten lateralen Scharnier der Osteotomie werden diese retrotuberositären Flächen seitwärts voneinander weggeschwenkt, so dass sich bei großem Korrekturbedarf (Keilbasishöhe 15 mm) die tatsächlich verbleibende Kontaktfläche zwischen den Osteotomieflächen der aufsteigenden retrotuberositären Osteotomie wieder um ca. 40 % reduzieren.
Bei Korrekturen mit einer Keilbasishöhe von 10 mm reduziert sich die verbleibende Kontaktfläche zwischen den aufsteigenden Osteotomieflächen nur um ca. 10 % und bietet wieder günstige geometrische Voraussetzungen für die Knochenheilung. Dieser Effekt der korrekturabhängigen Veränderung der verbleibenden Kontaktflächen ist nach absteigender retrotuberositären Osteotomie durch die größere Gesamtlänge des Schnittes nur sehr gering ausgeprägt. Die horizontale knöcherne Kontaktzone an der Keilspitze im intakten Osteotomiescharnier zeigt bei beiden biplanaren Techniken keine signifikante Differenz.
Zusammenfassend zeigen die erhobenen Daten, dass im Gegensatz zur uniplanaren aufklappenden Technik beide biplanaren aufklappenden HTO-Techniken große Kontaktflächen mit geringeren Keilvolumina schaffen.
Für die distale femorale Osteotomie zeigen sich die geometrischen Voraussetzungen nach medial schließender biplanarer DFO-Technik als ideal für die Knochenheilung. Im Vergleich dazu erzeugt die medial schließende uniplanare Technik eine geringere Kontaktfläche. Die lateral öffnende biplanare Technik führt zu einer größeren Spaltbildung. Die lateral öffnende uniplanare Technik vereint alle negativen geometrischen Voraussetzungen für die Knochenheilung: eine geringe Kontaktfläche mit einer großen Spaltbildung.
Radiologische Langzeitstudien der Knochenheilung nach einer aufklappenden HTO zeigen, dass die Kontaktheilung (primäre Knochenheilung) und die Spaltheilung (sekundäre Heilung über Kallusbildung) gleichzeitig auftreten [29]. In histologischen Studien schritt die Kontaktheilung zügig voran, wenn der Abstand der Knochensegment < 0,5 mm war und die Segmente zueinander stabil fixiert waren [23, 26]. Staubli et al. [30] konnten in einer radiologischen Untersuchung nachweisen, dass diese Kontaktheilung zwischen den aufsteigenden Osteotomieflächen unter den oben genannten Bedingungen schon 3 Wochen nach der Operation abgeschlossen war.
Große und eng anliegende Kontaktzonen führen daher zu einer primären und zügigen Knochenheilung.
Im Gegensatz dazu schreitet die Spaltheilung langsamer voran, da das entstandene Keilvolumen nach aufklappender Osteotomie zeitaufwendig über die Bildung von Knochenkallus gefüllt werden muss. Daher dauert es bei der Spaltheilung zwischen den aufgeklappten horizontalen Osteotomieflächen mindestens 6 Wochen, bis ein Drittel der Keiloberfläche verheilt ist [30]. Die Reduzierung der Keilvolumina verringert daher die Menge an Kallusbildung, die für die Spaltfüllung nach aufklappender Osteotomie notwendig ist. Bei regelrecht verlaufender Knochenheilung beginnt diese lateral an der Keilspitze im Sinne einer Kontaktheilung und somit am Scharnier der Osteotomie und setzt sich medial zur Keilbasis im Sinne einer Spaltheilung fort [28‐30].
Die vorliegende Arbeit weist die folgenden methodischen Schwächen auf: Der Versuchsaufbau idealisiert die Knochengeometrie unter Missachtung von biologischen und mechanischen Faktoren, die ebenfalls Einfluss auf die Osteotomieheilung nehmen können. Die verwendete Formel zur Berechnung der Keilvolumina bietet lediglich Näherungswerte und weist einen systematischen Fehler auf, der jedoch alle verwendeten Knochen in gleicher Weise betrifft. Die Alternative zur Berechnung, nämlich das Füllen des Osteotomiespalts mit Knochenzement zur Bestimmung seines Volumens in Anlehnung an das archimedische Prinzip, ist in der praktischen Umsetzung ebenfalls mit Fehlern behaftet, weil die Zementfüllung eine unkontrollierbare Menge an Luftblasen enthalten kann.
Während die Kontaktheilung für die proximale Tibia nach HTO bereits radiologisch nachgewiesen wurde, gibt es für die DFO weder direkte radiologische noch histologische Studien. Die klinischen Erfahrungen lassen jedoch den Schluss zu, dass die Kontaktheilung nach DFO in gleicher Weise voranschreitet wie nach der HTO, wenn die Osteotomie mit winkelstabilen Implantaten fixiert wurde.
Fazit für die Praxis
Trotz der idealisierten Bedingungen beim vorgestellten Versuchsaufbau am Kunstknochen lässt sich eine generelle Regel für die Knochengeometrie nach kniegelenknaher Osteotomie ableiten: die Vergrößerung der Kontaktflächen bei gleichzeitiger Verkleinerung der Keilvolumina schafft günstige geometrische Voraussetzungen für die Knochenheilung, da die Flächen der schnellen Kontaktheilung erhöht und die Volumina der langsamen Spaltheilung gleichzeitig vermindert werden.
Dieser Effekt wird bei den vorgestellten Techniken nur durch eine biplanare Osteotomieführung erzielt.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Der Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
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