Osteoporosemittel wirkt nicht gegen Alzheimer

Eine Therapie mit Raloxifen kann die kognitive Leistung von Frauen mit Alzheimer nicht verbessern. Darauf deutet eine kleine Pilotstudie. Forscher hatten gehofft, ein Eingriff in den Östrogenhaushalt könnte etwas nützen. Immer wieder wird ein Zusammenhang zwischen Östrogenen und Morbus Alzheimer diskutiert. Nach den Ergebnissen präklinischer Studien kann etwa 17β-Östradiol die Beta-Amyloid-Synthese bremsen, auch scheinen alzheimerkranke Frauen vergleichsweise wenig 17β-Östradiol im Liquor zu haben. Recht widersprüchlich sind die Hinweise aus Studien mit einer Hormonersatztherapie (HRT) – mal wurde eine erniedrigte, mal eine erhöhte Alzheimerrate beobachtet, was manche Experten zur Schlussfolgerung verleitet, dass der Zeitpunkt der Hormontherapie relevant sein könnte. Allerdings gibt es bislang keine stichhaltigen Studienresultate, wonach ein Eingriff in den Östrogenhaushalt gegen Alzheimer hilfreich sein könnte. Überrascht waren daher einige Demenzforscher von Ergebnissen der MORE-Studie* mit Osteoporose-Patientinnen. Als Nebeneffekt wurde mit dem hochdosierten Östrogen-Rezeptor-Modulator Raloxifen eine geringere Rate für leichte kognitive Beeinträchtigungen (minus 33%) und für Alzheimerdemenz (minus 49%) festgestellt. Allerdings war die Alzheimerrate nicht signifikant reduziert, dazu reichten wohl die Erkrankungszahlen nicht aus. Nach zwölf Monaten kaum noch Unterschiede Nun versuchten Neurologen und Psychiater um Dr. Victor Henderson von der Stanford University, ob man mit Raloxifen bei bereits erkrankten Patientinnen noch etwas bewirken kann. Sie nahmen in eine kleine Pilotstudie 42 Frauen mit leichter bis moderater Alzheimerdemenz auf. Die Frauen waren im Schnitt 76 Jahre alt und stabil auf Cholinesterasehemmer eingestellt, die sie im Laufe der Studie weiter einnahmen. Frauen mit HRT oder einer Östrogen-Rezeptor-Modulator-Behandlung aufgrund einer Osteoporose wurden ausgeschlossen, andere Osteoporosemittel waren aber erlaubt. Die Hälfte der Teilnehmerinnen bekam über ein Jahr hinweg 120 mg/d Raloxifen; die übrigen erhielten Placebo. Primärer Endpunkt der Studie waren Veränderungen im ADAS-cog-Wert nach zwölf Monaten. Zu Beginn der Studie lag der Wert bei rund 25 Punkten. In den ersten drei Monaten verbesserte er sich in der Raloxifengruppe um 1,5 Punkte, wohingegen er sich mit Placebo um 2,3 Punkte verschlechterte. Dieser Unterschied war knapp signifikant. Nach zwölf Monaten hatte sich der Wert mit Raloxifen jedoch ähnlich verschlechtert wie mit Placebo (3,2 versus 3,5 Punkte). Die Differenz war nun statistisch nicht mehr signifikant. Auch mit dem Clinical Dementia Rating ließen sich keine signifikanten Unterschiede herauslesen, und das Ausmaß der neuropsychiatrischen Symptome war ebenfalls vergleichbar. In einigen kognitiven Subtests deuteten sich zwar kleine bis moderate Unterschiede zugunsten der Raloxifentherapie an, in anderen aber nicht. Letztlich, so die Studienautoren, müsse wohl von einem Nulleffekt ausgegangen werden. Doch so ganz wirkungslos war der hochdosierte Östrogen-Rezeptor-Modulator möglicherweise nicht: In der Raloxifengruppe erlitt eine Frau einen ischämischen Schlaganfall und verstarb daran. Ein erhöhtes Schlaganfallrisiko unter Raloxifen bei Frauen mit ungünstigem Framingham-Score sei bekannt. Solche Frauen sollten daher in Raloxifenstudien besser nicht berücksichtig werden, schreiben die Wissenschaftler um Henderson. Nach dieser Studie bleibt jedoch die Frage weiter offen, ob die Östrogen-Rezeptor-Modulation präventiv wirksam sein könnte. Dass bei Patienten mit manifestem Morbus Alzheimer und bestehender Antidementivatherapie nicht mehr viel zu bewirken ist – diese Lektion sollten Demenzforscher mittlerweile gelernt haben. Primärquelle:Henderson VW et al. Raloxifene for women with Alzheimer disease. A randomized controlled pilot trial. Neurology 2015; 85:1–8, epub 4.11.15 Ergänzende Literatur:Schönknecht P. et al. Östrogene und Alzheimer-Demenz. Gynäkologische Endokrinologie 2011/1

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