Erschienen in:
01.03.2015 | Psychoonkologie
Patientinnen mit Brustkrebs in frühen Tumorstadien
Psychisch weniger belastet als jene mit höheren Stadien?
verfasst von:
S. Briest, K. Papsdorf, U. Köhler, O. Krauß, Prof. Dr. S. Singer
Erschienen in:
Die Onkologie
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Ausgabe 3/2015
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Zusammenfassung
Hintergrund
Bei der psychoonkologischen Versorgung stellt sich wegen klinischen und ökonomischen Beweggründen häufig die Frage, ob Patientinnen mit Brustkrebs in frühen Tumorstadien psychisch weniger stark belastet sind als jene mit Krebs in höheren Stadien.
Methoden
In einer prospektiven Studie wurde die psychische Belastung von Patientinnen mit Mammakarzinom mehrfach erfasst: bei Aufnahme ins Krankenhaus (t1), bei Entlassung (t2) sowie ein halbes Jahr (t3) und 1 Jahr (t4) nach Aufnahme ins Krankenhaus. Anhand der Leistungsdokumentation wurde außerdem festgestellt, wie viele der Patientinnen eine psychoonkologische Versorgung erhielten.
Ergebnisse
Insgesamt 246 Patientinnen nahmen an der Studie teil. 56 % von ihnen hatten ein frühes Mammakarzinom und bei 79 % handelte es sich um einen Primärtumor.
Das psychische Befinden unterschied sich nicht bei Patientinnen mit frühen vs. höheren Tumorstadien; die Belastungswerte lagen bei 15,7 vs. 16,8 (t1), 14,5 vs. 12,1 (t2), 11,9 vs. 12,9 (t3) und 11,0 vs. 11,3 (t4). Zu keinem Zeitpunkt war der Unterschied statistisch signifikant (p < 0,05). Patientinnen mit höheren Tumorstadien erhielten aber häufiger psychoonkologische Versorgung als Patientinnen mit frühen Stadien (18 % vs. 13 %, p = 0,06).
Patientinnen mit Primärtumor waren psychisch weniger stark belastet als jene mit fortschreitender Erkrankung (Rezidive, Metastasen, Zweittumoren). Die Belastungswerte lagen bei 14,9 vs. 17,5 (t1), 13,8 vs. 16,7 (t2), 12,1 vs. 16,0 (t3) und 11,7 vs. 13,1 (t4). Bei t3 war der Unterschied statistisch signifikant (p = 0,03). Trotzdem erhielten beide Gruppen gleich häufig psychoonkologische Versorgung: 13 % der Patientinnen mit Primärtumoren wurden versorgt und 12 % der Patientinnen mit fortschreitender Erkrankung (p = 0,74).
Schlussfolgerung
Die psychische Belastung bei Brustkrebspatientinnen hängt nicht mit dem Tumorstadium zusammen, wohl aber mit der Progression der Erkrankung: Patientinnen mit rezidivierender oder metastasierender Erkrankung sind psychisch stärker belastet als Frauen mit einem Primärtumor. Trotzdem erhalten Patientinnen mit progredienter Erkrankung nicht häufiger psychoonkologische Versorgung. Stattdessen wird ein Konsil eher angefordert, wenn die Patientin eine Erkrankung mit höherem Tumorstadium hat.