Alzheimer: Liquordiagnostik bald reif für die Praxis?

Mit der Bestimmung von Beta-Amyloid und Tau-Protein im Liquor lässt sich eine beginnende Alzheimerdemenz inzwischen recht gut nachweisen. Wie präzise die Diagnose ist, hängt jedoch auch vom Labor ab. Hier sollten Ärzte nicht jedem trauen. Mehr zum Thema Weitere Beiträge finden Sie in unserem Dossier "Psychiatrie Update 2014"! Eigentlich sollten die Zeiten längst passé sein, in denen ein Morbus Alzheimer erst dann diagnostiziert wird, wenn sich für eine gravierende Beeinträchtigung des episodischen Gedächtnisses keine andere Erklärung finden lässt. Inzwischen können Ärzte die Krankheit per Liquordiagnostik recht präzise nachweisen, und das schon im Stadium leichter kognitiver Beeinträchtigungen (MCI). Auf der Fortbildungsveranstaltung Psychiatrie Update in Wiesbaden erinnerte Professor Lutz Frölich daran, dass 90% der Patienten mit auffälligen Liquorwerten und ersten Gedächtnisproblemen innerhalb von zehn Jahren eine Alzheimerdemenz bekommen. Zur Frühdiagnostik eigneten sich besonders das Beta-Amyloid-Fragment Aß42 und phosphoryliertes Tau-Protein (pTau), berichtete der Demenzexperte vom Zentralinstitut (ZI) für Seelische Gesundheit in Mannheim. Trifft viel Tau auf wenig Amyloid, ist es nicht mehr weit zur Demenz Trifft viel Tau auf wenig Amyloid, ist es nicht mehr weit zur Demenz Frölich verwies auf eine Langzeitstudie, in der sich schon fünf bis zehn Jahre vor einer klinisch manifesten Alzheimerdemenz eine drastische Reduktion von Aß42 im Liquor nachweisen ließ1 (wir berichteten). Stiegen dann noch die Werte der Neurodegenerationsmarker Gesamt-Tau und pTau, kam es in der Regel innerhalb von fünf Jahren zur Konversion in eine klinische Demenz. Für die Studie waren Liquorproben bei 137 MCI-Patienten entnommen worden, die Patienten wurden im Schnitt neun Jahre lang regelmäßig auf eine Demenz untersucht. In dieser Zeit erkrankten 72, also mehr als die Hälfte, an einer Alzheimer-Demenz, 41 blieben kognitiv stabil, die übrigen bekamen andere Demenzformen. Der Quotient von Aß42- und pTau-Konzentration lieferte die beste Alzheimer-Prognose: Ein Wert von unter 6,2 lässt demnach mit einer Spezifität von 90% und einer Sensitivität von 88% auf eine beginnende Alzheimer-Demenz schließen. Etwas ungenauer ist die Prognose ohne erhöhte pTau-Werte: Sind nur die Aß42-Werte erniedrigt, dann liegt die Sensitivität bei 90% und die Spezifität bei 76% – hier werden also noch viele Personen erfasst, die in naher Zukunft keine Alzheimerdemenz entwickeln. Liquoranalyse „nicht ganz trivial“ In einer weiteren Arbeit ließ sich zeigen, dass die prädiktiven Werte bei einer Kombination beider Biomarker auch mit zunehmendem Alter stabil bleiben2. Aus diesen Gründen werde die Diagnostik am ZI bei MCI-Patienten schon regelhaft angewandt, so Frölich. „Man kann das durchaus auch ambulant machen.“ Untersuchungen bei über 5000 Patienten zur Liquorentnahme würden auf eine recht geringe Komplikationsrate deuten. Das Problem ist eher technischer Natur. „Die Liquoranalyse ist nicht ganz trivial. Die Werte schwanken erheblich, je nach Labor und Material, das benutzt wird.“ Es gebe inzwischen große Bemühungen vieler Labors, das Verfahren zu standardisieren. Das ZI schickt seine Liquorproben an das Referenzlabor im Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Göttingen. „Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht“, sagte Frölich. Sinn macht die Diagnostik seiner Auffassung nach aber nur dann, wenn genug Zeit und Ressourcen vorhanden sind, die Patienten anschließend gut zu beraten. Auch müsse klar sein, dass es bisher für MCI-Patienten mit nachgewiesener Alzheimerpathologie keine zugelassene Therapie gibt. Man könne Patienten mit positiven Befunden allenfalls anbieten, dass man sie engmaschig überwacht und beim Beginn der klinischen Demenz so früh wie möglich mit Antidementiva behandelt. Literatur: 1: Buchhave P et al. Cerebrospinal Fluid Levels of ß-Amyloid 1–42, but Not of Tau, Are Fully Changed Already 5 to 10 Years Before the Onset of Alzheimer Dementia. Arch Gen Psychiatry. 2012; 69 (1): 98–106. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22213792 2: Mattsson N et al. Age and diagnostic performance of Alzheimer disease CSF biomarkers. Neurology 2012; 78(7): 468–476. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3280049/

Springer Medizin

Alzheimer: Liquordiagnostik bald reif für die Praxis?

Weiterführende Themen

Neu in den Fachgebieten Neurologie und Psychiatrie

Niedriger diastolischer Blutdruck erhöht Risiko für schwere kardiovaskuläre Komplikationen

Demenzkranke durch Antipsychotika vielfach gefährdet

Parkinson-Therapie im Wandel – aktuelle Leitlinie im Fokus

Weniger postpartale Depressionen nach Esketamin-Einmalgabe