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Erschienen in: Forum der Psychoanalyse 4/2012

01.12.2012 | Originalien

Psychoanalytische Psychotherapie mit niedriger Sitzungsfrequenz

verfasst von: Prof. Dr. Sven Olaf Hoffmann

Erschienen in: Forum der Psychoanalyse | Ausgabe 4/2012

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Zusammenfassung

Die Wochenstundenzahl der Therapiesitzungen veränderte sich schon zu Freuds Lebzeiten. Psychoanalysen im engeren Sinne werden heute mit drei bis vier Sitzungen pro Woche durchgeführt. Daneben entstand ein breites Feld von abgeleiteten Verfahren, in dem mit zwei oder nur einer Wochenstunde behandelt wird. Mit der Stundenfrequenz wurde auch deren Gesamtzahl reduziert, am deutlichsten bei der psychodynamischen Kurzzeittherapie. Gleichzeit fanden Adaptationen des Behandlungssettings (Sitzungen statt „Liegungen“) und der Behandlungstechnik statt. Diese Therapieformen verlaufen dialogischer. Die Therapeuten sind aktiver. Regression wird eher vermieden. Der Umgang miteinander bleibt zwar asymmetrisch (Neutralität), wird aber partnerschaftlicher. Die Arbeit an Übertragung und Widerstand ist, wenn auch weniger intensiv, Bestandteil der modifizierten Therapietechnik, die Interventionsformen gehen aber weit über diese Anlässe hinaus. In der Versorgung der Bevölkerung steht weltweit die psychodynamische Therapie im Vordergrund, wenn psychoanalytisch orientierte Psychotherapie überhaupt eingesetzt wird. Der Stand empirischer Überprüfung hat sich verbessert, bedarf aber dringlich weiterer Studien.
Fußnoten
1
Woher dieser umständliche Begriff stammt, ist nicht restlos geklärt. Wahrscheinlich wurde er von T. Winkler geprägt. Jedenfalls schrieb F.R. Faber, der mit R. Haarstrick den entscheidenden Kommentar zu den Psychotherapierichtlinien verfasste, am 05.08.1998 an die Tochter Winklers, dass es seiner Erinnerung nach ihr Vater gewesen sei, der ihn 1976 auf einer Tagung zur Richtlinienfestlegung vorgeschlagen habe (mündliche Mitteilung Heigl-Evers).
 
2
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders-IV
 
3
Für die Mehrzahl der Persönlichkeitsstörungen mit Therapiemotivation kommen aus meiner Sicht Psychoanalysen über mehrere Jahre mit ein bis zwei Wochenstunden sowie flexibler Handhabung von Setting und Technik infrage. Da diese Fälle insgesamt hohe Stundenzahlen beanspruchen, zögere ich, sie im Rahmen niederfrequenter Therapien anzusprechen, wie ich das früher getan habe. Dem widerspricht nicht, dass die Behandlung zeitweise durchaus mit einer Wochenstunde geführt werden kann.
 
Literatur
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Metadaten
Titel
Psychoanalytische Psychotherapie mit niedriger Sitzungsfrequenz
verfasst von
Prof. Dr. Sven Olaf Hoffmann
Publikationsdatum
01.12.2012
Verlag
Springer-Verlag
Erschienen in
Forum der Psychoanalyse / Ausgabe 4/2012
Print ISSN: 0178-7667
Elektronische ISSN: 1437-0751
DOI
https://doi.org/10.1007/s00451-012-0122-z

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