Erschienen in:
01.03.2016 | Psychotherapie | Originalarbeit
Psychoonkologische Therapie und Psychoanalyse: ein Widerspruch?
Oder: wie können beide füreinander nützlich sein?
verfasst von:
André Karger
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
|
Ausgabe 1/2016
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Zusammenfassung
Psychoonkologische Psychotherapie und die therapeutische Arbeit mit körperlich schwer kranken Patienten scheinen in der Psychoanalyse eher einen marginalen Stellenwert zu besitzen. Zumindest fehlen klinisch-theoretische Arbeiten oder Kasuistiken hierzu weitgehend. Dies steht im Widerspruch zur Bedeutung der Todesangst und des Todes(triebs) in der psychoanalytischen Theoriebildung (beispielsweise der Narzissmustheorie). Neben offensichtlichen Unterschieden zwischen psychoonkologischer Therapie und Psychoanalyse, wie Flexibilität des Settings, zeitliche Begrenztheit, Beachtung der Regressionstiefe etc. gibt es aber auch wichtige Gemeinsamkeiten, v. a. die Arbeit an frühen unbewussten Abwehrprozessen und den Umgang mit Todesangst. Hier sind die klinischen Arbeiten des französischen Psychoanalytikers Michel de M’Uzan mit sterbenden Patienten ein bisher wenig rezipiertes, aber wichtiges Beispiel. Der Umgang des Psychotherapeuten mit eigenen Trennungs- und Todesängsten bleibt allerding ein in Psychoonkologie und Psychoanalyse kaum angemessen reflektiertes Phänomen, was möglicherweise einen gemeinsamen Widerstand – oder eine Unmöglichkeit? – psychotherapeutischer Arbeit mit Sterbenden darstellt.