Spezieller Algorithmus verbessert Prostatascreening

Werden beim Screening auf Prostata-Ca. nicht nur PSA-Werte, sondern eine Reihe weiterer Biomarker berücksichtigt, lassen sich ein Drittel aller und 44% aller unnötigen Biopsien vermeiden. Nach den Ergebnissen großer Screeningstudien kann eine regelmäßige PSA-Kontrolle die Sterberate für Prostatakrebs deutlich senken: in der ERSPC-Studie* um rund ein Fünftel über 13 Jahre hinweg. Ein Problem ist jedoch nach wie vor die geringe Spezifität des Tests – sie führt zu einer hohen Zahl an unnötigen Biopsien. Daher wird bisher in keinem Land ein allgemeines PSA-Screening empfohlen, berichten Epidemiologen und Onkologen um Professor Henrik Grönberg vom Karolinska-Institut in Stockholm. Die Forscher um Grönberg haben nun in einer prospektiven bevölkerungsbasierten Screeningstudie untersucht, ob sich die Treffsicherheit für gefährliche Tumoren verbessern lässt, wenn neben dem PSA-Test noch eine Reihe andere Faktoren einbezogen werden. Für die Studie „Stockholm 3“ (STHLM 3) wählten sie neben PSA auch humanes Kallikrein 2 (hK2), Microseminoprotein-beta (MSMB) und Makrophagen inhibierendes Zytokin 1 (MIC1). Zudem berücksichtigten sie 232 Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP), die mit einem erhöhten Prostatakrebsrisiko einhergehen, und das Alter sowie Prostatakrebserkrankungen bei nahen Verwandten. Daraus bildeten sie einen Risikoscore, der bei PSA-Werten über 1 ng/ml zur Anwendung kam. 48.000 Männer gescreent Für die Studie luden sie per Zufall ausgewählte Stockholmer Männer im Alter von 50 bis 69 Jahren ein, die bisher nicht an Prostatakrebs erkrankt waren. Das Screeningverfahren wurde bei etwas über 11.000 Männern geübt und dann in einer Validierungskohorte bei fast 48.000 Männern angewandt. Zunächst erfolgte ein PSA-Test. Lagen die Werte unter 1 ng/ml, verzichteten die beteiligten Ärzte auf jegliche weitere Diagnostik. Bei Werten über 1 ng/ml konnten die Männer am erweiterten Screening teilnehmen. Je nach Risikokonstellation – berechnet aus PSA-Wert und den anderen Faktoren, wurden die Männer dann an einen Urologen überwiesen, der weitere Untersuchungen (digital-rektale Prüfung, Prostatavolumenmessung) vornahm und gegebenenfalls eine Biopsie veranlasste. Die Forscher um Grönberg berechneten schließlich, wie viele Biopsien erfolgt wären, wenn nur der PSA-Test (mit einem Schwellenwert von 3 ng/ml) und die urologische Untersuchung berücksichtigt worden wären. Dann verglichen sie diese Zahl mit den tatsächlich erfolgten Biopsien und den Ergebnissen der pathologischen Untersuchungen. Nur 13% der Biopsien mit Gleason-7-Tumoren Mehr als die Hälfte der Männer (26.500) in der Validierungskohorte hatten PSA-Werte über 1 ng/ml und wurden daher genauer untersucht. Bei etwa einem Viertel dieser Männer (insgesamt 7600, 16% der Gesamtkohorte) erfolgte eine urologische Untersuchung. Eine Biopsie wurde bei 5400 Männern veranlasst (11,4% aller Teilnehmer). 738 Proben (13% der Biopsien, 1,5% aller Männer) wiesen Zellen eines klinisch bedeutsamen Tumors auf (Gleason-Score von mindestens 7), 1128 (21%) hatten einen indolenten Tumor (definiert als Gleason-Score von 6) und die übrigen zwei Drittel einen benignen Befund. Anhand einer logistischen Regressionsanalyse kamen die Forscher um Grönberg nun zu dem Schluss, dass sich mit dem Stockholm-3-Algorithmus die Gesamtzahl der Biopsien um 32% und die Zahl der Biopsien mit benignem Befund um 44% reduzieren lässt – verglichen mit einem alleinigen PSA-Test plus urologischer Untersuchung. Die Zahl der Biopsien mit indolenten Tumoren (Gleason-Score 6) wird nach diesen Daten jedoch nur um 17% reduziert. Interessant ist zudem, dass ein Fünftel der klinisch bedeutsamen Tumoren bei PSA-Werten von 1–3 ng/ml erkannt wurden, also in einem Bereich, der bei unauffälligem urologischem Befund sonst nicht zu Biopsien führt. Da dieser Anteil jedoch insgesamt gering ist, ließe sich die Spezifität bei etwas höheren Schwellenwerten als 1 ng/ml wohl noch etwas verbessern. Letztlich habe jedoch auch mit dem vorliegenden Stockholm-3-Schema gezeigt werden können, dass eine erweiterte Diagnostik die Spezifität des Prostatakrebs-Screenings bei gleichbleibender Sensitivität steigern könne, schreiben die Forscher um Grönberg. In einem Editorial zur Publikation wird gewürdigt, dass mit dem Algorithmus erstmals in einer großen bevölkerungsbasierten Studien eine Verbesserung des Screenings nachgewiesen werden konnte. Doch letztlich seien auch damit noch die allermeisten Biopsien negativ und der Großteil der erfassten Tumoren harmlos. Das Problem der Überdiagnose und der überzähligen Biopsien bleibe also weiterhin bestehen. *ERSPC: European Randomised Study of Screening for Prostate Cancer

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