Spinalkanalstenose: KG statt Op.?

Die Symptome einer Spinalstenose können sowohl mit Physiotherapie als auch durch chirurgische Dekompression gebessert werden. Ein Unterschied zwischen den Verfahren war in einer randomisierten Studie nicht zu erkennen. Konservativ oder invasiv behandeln? Die optimale Strategie für Patienten mit Wirbelkanaleinengung ist bereits Gegenstand mehrerer Studien gewesen. Die kranken jedoch daran, dass die konservative Therapie meistens nicht genau definiert war oder ein Großteil der Patienten die Therapiegruppe wechselte (in SPORT). US-amerikanische Ärzte haben deswegen eine weitere Studie aufgelegt – mit einem standardisierten Physiotherapieprogramm und ausschließlich solchen Patienten mit lumbaler Spinalstenose, die Op.-Kandidaten waren und einem Eingriff bereits zugestimmt hatten. Wegen der mühsamen Rekrutierung wurde die Studie allerdings früher beendet als geplant. Ein Vorteil der einen oder anderen Verfahrensweise war nicht zu erkennen. Insgesamt hatten sich 169 Op.-Kandidaten, alle mit Schmerzen von 7–10 auf einer Skala von 0–10, zu der randomisierten Behandlung bereit erklärt. 87 wurden der Operations- und 82 der Physiotherapiegruppe zugelost. Im OP kamen Dekompressionslaminektomie, partielle Abtragung der Facettengelenke und Foraminotomie zum Einsatz. Bei der Physiotherapie, sechs Wochen lang zweimal wöchentlich, wurden in Einzelstunden Dehnungsübungen für den Lendenwirbelbereich und konditionsverbessernde Übungen trainiert und über zu vermeidende Körperhaltungen (mit starker Wirbelsäulendehnung) aufgeklärt. Über die Hälfte der KG-Patienten doch noch operiert Nur zwei Patienten der Op.-Gruppe wechselten zur Physiotherapiegruppe. Von den Patienten mit konservativer Behandlungsabsicht wurden allerdings 47 (57%) innerhalb der zweijährigen Studie doch noch operiert. Die Physiotherapiepatienten absolvierten durchschnittlich 8,4 der geplanten 12 Sitzungen. In der Intention-to-Treat-Analyse zeigte sich im primären Endpunkt kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen: Nach zwei Jahren betrug der mittlere Zugewinn beim SF-36-Wert für körperliche Funktionsfähigkeit (Skala von 0–100) in der Op.-Gruppe 22,4 (von26,8 auf 49,5) und in der KG-Gruppe 19,2 (von 28,2 auf 47,6). Die Verbesserung begann bereits nach zehn Wochen; das Maximum war nach etwa 24 Wochen erreicht und blieb bis zum Studienende erhalten. Die funktionellen Ergebnisse in den beiden Gruppen blieben auch dann vergleichbar, wenn der Wechsel von Patienten aus dem ursprünglichen Therapieregime und deren spezielle Charakteristika berücksichtigt wurden. Schlechtere Ergebnisse bei Frauen Eine klinisch bedeutsame Verbesserung des Funktionsstatus, definiert als eine Zunahme um mehr als die Hälfte der Standardabweichung, erreichten in der Gruppe mit geplanter Op. 61% der Patienten. Bei den zur Physiotherapie vorgesehenen Patienten, die sich operieren ließen, betrug die Rate 55%; von den Patienten, die planmäßig Physiotherapie machten, waren es 52%. Andere Skalen zur Bewertung von Schmerzen, neurologischen Symptomen oder Alltagsbewältigung (Oswestry Disability Index oder spezielle Skalen der North American Spine Society) förderten ebenfalls keine Unterschiede zutage. Die Vergleichbarkeit der Therapien war zudem geschlechtsunabhängig. Egal ob konservativ oder invasiv behandelt, erzielten Frauen jedoch schlechtere Ergebnisse als Männer. Therapiebedingte Komplikationen traten öfter nach der Dekompressionsoperation auf, in den meisten Fälle wurde ein weiterer Eingriff nötig. Keine allgemeine Empfehlung Aus den Studienergebnissen allgemeingültige Schlüsse abzuleiten, ist allerdings schwierig, wie die Studienautoren um Anthony Delitto von der Universität Pittsburgh einräumen. Als Gründe nennen sie die geringe Probandenzahl, die hohe Cross-over-Quote aus der Physiotherapiegruppe sowie die möglicherweise untypische Patientenauswahl – die meisten Patienten, die bereits einer Op. zugestimmt hatten, hatten nämlich eine Studienteilnahme abgelehnt, bei der eine 50%ige Wahrscheinlichkeit bestand, doch nicht operiert zu werden. Die US-Ärzte raten daher zur gemeinsamen Entscheidungsfindung über die Therapie einer lumbalen Spinalstenose – unter Einbindung von Orthopäde, Chirurg und Patient – sowie zur Offenlegung der eher schmalen Evidenz zu chirurgischem und nicht chirurgischem Vorgehen.

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