Erschienen in:
01.12.2015 | Originalien
Stand der Gerinnungs- und Transfusionstherapie beim Schwerverletzten
Eine deutschlandweite Online-Umfrage
verfasst von:
Dr. A. Wafaisade, H. Wyen, M. Mutschler, S. Lendemans, B. Bouillon, S. Flohe, T. Paffrath, M. Maegele, T. Tjardes, C. Probst, Sektion NIS der DGU
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 12/2015
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Zusammenfassung
Hintergrund
Kaum ein anderer Bereich der Polytraumaversorgung hat in den letzten Jahren klinisch und wissenschaftlich derart viele Fortschritte erlebt wie die Pathophysiologie und Therapie der Koagulopathie/Hämorrhagie. In einer deutschlandweiten Umfrage sollte untersucht werden, inwieweit eine Sensibilisierung besteht und welche Managementstrategien angewendet werden.
Patienten und Methoden
Im Zeitraum Oktober 2011 bis Januar 2012 erfolgte eine Umfrage via Online-Fragebogen über den E-Mail-Verteiler der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, welche 12 Fragen zu aktuellen Konzepten der Gerinnungs- und Transfusionstherapie beim Schwerverletzten beinhaltete.
Ergebnisse
Die Rücklaufquote vollständiger Fragebögen betrug 145/3006 (5 %). Die Teilnehmer der Online-Umfrage teilten sich folgendermaßen auf: 77,2 % Unfallchirurgie/Orthopädie, 15,9 % Anästhesiologie, 6,9 % andere Fachrichtungen. 64 % der Antwortenden waren in einem überregionalen und nur ca. 17 % in einem lokalen Traumazentrum tätig. Der Großteil (94 %) gab an, regelhaft Maßnahmen zur Vermeidung der Hypothermie einzusetzen. Nur ca. die Hälfte der Teilnehmer gaben an, an ihrer Klinik ein Massentransfusionsprotokoll zu verwenden. Die möglichen Inhalte dieser Protokolle wurden in unterschiedlichen Häufigkeiten angegeben und zwar einerseits gängige Komponenten (u. a. FFP 78 %; Fibrinogen 75 %), als auch Therapien für die beim Polytrauma eher schlechte Evidenz besteht (Desmopressin 39 %, rFVIIa 47 %). Das in Leitlinien durchgehend empfohlene Calcium war bei 48 % der Teilnehmer im Protokoll vorgesehen.
Schlussfolgerung
Die Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass in Deutschland kaum standardisierte Strukturen zu Diagnostik/Therapie der traumaassoziierten Koagulopathie bestehen, bei zumindest relativ differenziertem Blutungs- und Gerinnungsmanagement in den überregionalen Traumazentren („Level 1“), auch wenn große Variationen bezüglich der einzelnen Komponenten bestehen. Auch angesichts der Rücklaufquote stellen Gerinnung und Hämorrhagie für die meisten Unfallchirurgen weiterhin eher „Expertenthemen“ dar.