Erschienen in:
01.01.2016 | Leitthema
Substanzbezogene Störungen als Ursache und als Folge früher Gewalt
Grundlagen, Therapie und Prävention im BMBF-Forschungsverbund CANSAS
verfasst von:
PD Dr. med. Ingo Schäfer, MPH, Sven Barnow, Silke Pawils, CANSAS Study Group
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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Ausgabe 1/2016
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Zusammenfassung
Substanzmissbrauch und -abhängigkeit gehören zu den häufigsten Folgen früher Gewalt und Vernachlässigung. In der Allgemeinbevölkerung findet sich bei 20 % der Erwachsenen, die Misshandlung oder Vernachlässigung in der Kindheit erlebt haben, die Lebenszeitdiagnose einer substanzbezogenen Störung. Etwa 30 % aller Personen, die sich aufgrund einer posttraumatischen Störung in Behandlung begeben, weisen eine Suchterkrankung auf und 24–67 % aller Personen in Suchtbehandlung haben frühe Misshandlung oder Vernachlässigung erlebt.
Gleichzeitig wachsen rund 16 % aller in Deutschland lebenden Kinder und Jugendlichen unter 20 Jahren in Familien mit Alkohol- und/oder Drogenabhängigkeit auf. Diese Kinder suchterkrankter Eltern haben, neben anderen Risiken für eine schlechte Entwicklung im kognitiven und psychosozialen Bereich, ein erhöhtes Risiko für Gewalterfahrungen und Vernachlässigung. In Bezug auf beide Perspektiven, substanzbezogene Störungen als Ursache und als Folge früher Gewalt, ist ein besseres Verständnis der relevanten Mediatoren und Risikofaktoren von Bedeutung, um angemessene präventive und therapeutische Ansätze entwickeln zu können. Ziel des BMBF geförderten Forschungsverbundes „CANSAS“ ist es daher:
1.
Ein vertieftes Verständnis der Zusammenhänge zwischen den beiden wichtigen Public-Health-Problemen „Substanzmissbrauch“ und „Gewalt“ herzustellen (Grundlagenforschung),
2.
evidenzbasierte Behandlungsansätze für Betroffene bereitzustellen und für eine Diagnostik von Traumatisierungen bei Suchtkranken im Hilfesystem zu sensibilisieren (Forschung zu Diagnostik und Therapie),
3.
die systematische Bewertung des Kindeswohls bei Kindern suchtkranker Eltern in der ambulanten Suchthilfe zu verbessern und die Vernetzung der Hilfesysteme „Sucht- und Jugendhilfe“ voranzubringen (Präventions- bzw. Versorgungsforschung).
Das CANSAS-Netzwerk bringt dazu in einem interdisziplinären Ansatz Experten aus den Bereichen Traumatherapie, Epidemiologie, Grundlagen-, Versorgungs- und Präventionsforschung sowie aus der ambulanten Suchthilfe zusammen.