Transitorische ischämische Attacke durch Energiegetränk?

Ein 26-jähriger Arzt erleidet in der eigenen Notaufnahme eine transitorische ischämische Attacke (TIA). Einziger Risikofaktor: Um fit zu bleiben, hat er auf nüchternen Magen zwei Energy-Drinks getrunken. Ist das die Ursache? Laut Werbung sollen Energiegetränke Flügel verleihen. Offenbar wird, wenn es dumm läuft, zu den Flügeln gleich noch eine Harfe mitgeliefert. Jedenfalls ist in der Literatur inzwischen eine Reihe von Fällen dokumentiert, in denen Energy-Drinks den Konsumenten dem finalen Abflug zu den Engeln erheblich nähergebracht haben. Eine Gruppe von Medizinern um die Neurologin Süber Dikici (Universität Düzce, Türkei) hat nun über den Fall eines jungen Kollegen aus der Notaufnahme berichtet. Der 26-Jährige hatte sich trotz leeren Magens für den Dienst fithalten wollen und zu diesem Zweck zwei Dosen eines koffeinhaltigen Energy-Drinks getrunken. Das entspricht der Aufnahme von circa 160 mg Koffein, also etwa zwei Tassen Kaffee. In der Folgezeit erlitt er einen plötzlichen Visusverlust auf dem rechten Auge, der nach vier Stunden spontan verschwand. Keine andere Ursache auszumachen Immerhin befindet sich der Mann bereits am rechten Ort, um der Angelegenheit medizinisch auf den Grund zu gehen. Blutdruck, Herzfrequenz und EKG sind unauffällig, die Röntgenaufnahme des Thorax ebenso. Kardiovaskulär und respiratorisch scheint der Arzt auf der Höhe. Er gibt an, weder Kaffee noch Alkohol in exzessiven Mengen zu sich zu nehmen, er habe kein Fieber und keinen Infekt, Drogen nehme er auch keine. Die Anamnese ist, die TIA betreffend, vollständig leer, die Laborparameter – und hier wurden sämtliche Register von der Thrombozytenkonzentration über den HIV-Test bis zur Bestimmung von antinukleären, antimitochondrialen und Anticardiolipin-Antikörpern gezogen – sind normal. Nachdem alle ätiologischen Möglichkeiten erwogen und verworfen worden sind, kommen die Ärzte zu dem Schluss, die TIA müsse auf die Wirkung des Energiegetränks zurückzuführen sein. Was dem jungen Arztes nach dem Konsum zweier Energie-Drinks zugestoßen ist, mag erstaunen, singulär ist es nicht. Ähnliche Ereignisse sind schon früher beschrieben worden: Von Hypertonie, zerebraler Vaskulopathie, akuter Manie, ischämischem Insult, Koronarspasmen und -thrombosen, Myokardinfarkt und Herzstillstand ist da die Rede. Spekuliert wird, dass exzessive Koffeinaufnahme in Verbindung mit Taurin, das ebenfalls in Energy-Drinks enthalten ist, bei physiologisch prädisponierten Personen kardiovaskuläre Ereignisse, etwa einen Spasmus der Arteria centralis retinae, auslösen kann. Wie Dikici und Kollegen einräumen, liegt ein endgültiger Beweis dafür aber nicht vor. Lesen Sie mehr Weitere Beiträge finden Sie im Schwerpunkt Notfallmedizin.

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