Übergewicht plus Diabetes gleich hohes Krebsrisiko

Adipositas ist mit einem erhöhten Krebsrisiko assoziiert. Aber nicht jeder, der dick ist, erkrankt an Krebs. Gefährdet sind vor allem übergewichtige Diabetiker. Und hier gibt es Spielraum zur Prävention. Übergewicht als krebsauslösender Faktor hat es in den letzten Jahren immer wieder in teils angstmachender Art und Weise in die Medien geschafft. Nicht ganz zu Unrecht: Privatdozent Dr. Thomas Wunderlich vom Max Planck Institut für Stoffwechselforschung in Köln skizzierte in einem Symposium beim Internistenkongress, wie von Adipozyten produzierte entzündliche Botenstoffe wie TNF-alfa und Interleukin 6 (IL-6) unter anderem durch Interaktion mit der Insulinwirkung im Krankheitsmodell hepatozelluläre Karzinome auslösen. Für den praktizierenden Internisten stellt sich die Frage, wie er mit solchen Erkenntnissen im Alltag umgehen soll. Professor Norbert Stefan vom Institut für Diabetesforschung der Universität Tübingen plädierte in Mannheim für eine differenzierte Herangehensweise an das Thema. Denn nicht jeder Übergewichtige ist ein potenzieller Krebspatient. "Dürfen Leute nicht verrückt machen" Klinische Relevanz sieht Stefan vor allem bei Patienten, die gleichzeitig eine Diabeteserkrankung haben. Denn die sind besonders gefährdet: „Die Glukose trägt zum Krebsrisiko eindeutig bei, das wissen wir vom Typ-1-Diabetes. Sie ist ein unabhängiger Prädiktor“, erinnerte Stefan. „Es geht nicht nur um Inflammation.“ Klare statistische Signale für eine erhöhte Krebsinzidenz bei Diabetes mit und ohne Übergewicht gebe es insbesondere für das Mammakarzinom, das Endometriumkarzinom, das Pankreaskarzinom und das hepatozelluläre Karzinom. „Aber wir dürfen die Leute nicht verrückt machen“, betonte Stefan. Stattdessen sollten Patienten mit Diabetes und insbesondere übergewichtige Diabetespatienten sachlich informiert und gezielt beraten werden. Krebsfrüherkennung bis Kaffeekonsum Ein wichtiger Punkt ist für Stefan die Teilnahme an der Krebsfrüherkennung. Der zweite Ansatzpunkt sind Empfehlungen zum Lebensstil. Krebsfördernde Verhaltensweisen wie Zigarettenkonsum oder, im Falle der Leber, übermäßigen Alkoholkonsum gilt es zu vermeiden. Umgekehrt gebe es gute Daten für einen protektiven Nutzen regelmäßiger körperlicher Bewegung sowie einer moderaten Kalorienreduktion nicht nur auf die Herz-Kreislauf-Morbidität, sondern auch auf die Krebsinzidenz. Pharmakologisch kämen als Chemoprotektion Pioglitazon und Metformin in Frage. Eine Behandlung mit Pioglitazon sei mit einer moderaten Senkung des Risikos für kolorektale Karzinome und mit einer deutlichen Senkung des Risikos für ein hepatozelluläres Karzinom assoziiert. Im Hinblick auf das Risiko eines hepatozellulären Karzinoms sei Pioglitazon auch bei Patienten mit reiner nicht alkoholischer Leberverfettung eine gute Therapie, so Stefan. Allerdings ist es dafür ohne begleitenden Diabetes nicht zugelassen. Auch bei Metformin ist die Assoziation mit einer geringeren Inzidenz des hepatozellulären Karzinoms deutlich. Bis zu 70 Prozent weniger Erkrankungen seien beschrieben, berichtete Stefan in Mannheim. Für den Alltag hält Stefan außerdem einen gewissen Kaffeekonsum für eine gute Idee. Eine aktuelle Publikation, die auf einer multiethnischen US-Kohorte basiert, hat erneut eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung gezeigt: Je mehr Kaffee, desto weniger Fälle eines HCC. Die relative Risikoreduktion lag bei 38 Prozent für zwei bis drei Tassen und bei 41 Prozent für vier oder mehr Tassen (Gastroenterology 2015; 148(1): 118-125). Nicht pauschal empfohlen werden kann zumindest mit Blick auf die Krebsinzidenz die Adipositaschirurgie. Sie war in der SOS-Studie nur bei Frauen, nicht aber bei Männern, mit einer niedrigeren Krebsinzidenz vergesellschaftet (Lancet Oncol 2009; 10(7): 653-662).

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