Erschienen in:
01.06.2015 | Leitthema
Unbeabsichtigt vergessene Fremdkörper im Operationsgebiet
Medizinische, organisatorische, prophylaktische und rechtliche Aspekte
verfasst von:
Prof. Dr. H. Siebert
Erschienen in:
Rechtsmedizin
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Ausgabe 3/2015
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Zusammenfassung
Es muss davon ausgegangen werden, dass in Deutschland jährlich bis zu 3000 Fremdkörper nach einem Eingriff unbeabsichtigt in Patienten verbleiben und 600–700 Patienten an den Folgen davon in Deutschland versterben. Unbeabsichtigt belassene Fremdkörper im Operationsgebiet (UFO) sind v. a. textile Materialien, chirurgische Instrumente, Nadeln, Katheter und Clips. Hoch risikobehaftet sind Notfalleingriffe in Körperhöhlen bei adipösen Patienten, Wechsel eines OP-Team-Mitglieds oder des gesamten Teams und starke Blutungen des Patienten. Trotz eines Restrisikos von bis zu 20 % bleibt das strukturiert und mehrfach durchgeführte Zählverfahren nach dem Vieraugenprinzip derzeit der Goldstandard. Barcode-Verfahren stellen eine neue erfolgversprechende Unterstützung zur Zählung textiler Materialien dar. Diskrepanzen in der Zählkontrolle bedürfen konkreter Maßnahmen, einschließlich intraoperativer Röntgenaufnahmen. Die Dokumentation ist zeitnah sowie vollständig mit Signatur des Operateurs und des Instrumentierdiensts in die Patientenakte aufzunehmen. Diese Maßnahmen sind integrativer Bestandteil der Sicherheitskultur der Einrichtung und eingebettet in perioperative Risikominimierungsprogramme wie „team-time-out“. Sie bedürfen der stetigen Schulung, des Monitorings und der Anpassung an sich ändernde operative Verfahren. Im Rahmen der Organisationsverantwortung hat die Einrichtung entsprechend ausreichende Ressourcen zur Implementierung der Kontrolle sowie zu Schulung und Optimierung bereitzustellen. „Jeder Tupfer zählt“ ist Ziel und Weg zugleich zur Vermeidung von UFO sowie Ausdruck einer realen Sicherheitskultur.