Erschienen in:
01.06.2015 | Ost-West-Forum
Wendekinder
Konflikthafte Aspekte ihrer Entwicklung heute in unseren Therapien
verfasst von:
Dr. med. Frank-A. W. Horzetzky
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
|
Ausgabe 2/2015
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Nachdem ich in einem früheren Beitrag (Horzetzky, Forum Psychoanal 2012; 28:89–100) die Auswirkungen der Wende auf Adoleszente und wie sich dies heute in unseren Therapien wiederfinden lässt, untersucht hatte, untersuche ich im vorliegenden Beitrag die Auswirkungen des Wendeumbruchs auf jüngere Kinder. Ausgangspunkt bei diesen Patienten ist ein gewisser Grad an früher Störung und individueller psychopathologischer Disposition. Latenzkinder, die kognitiv noch nicht so weit entwickelt sind wie Adoleszente, waren mit den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen vor allem durch die Verunsicherungen der Eltern konfrontiert, und das umso mehr, wenn die „Container“-Funktion der Eltern infolge eigener Probleme zusammenbrach. Jüngere Kinder neigen in Krisen der Eltern eher zu Identifikationen mit diesen, da ihnen noch nicht die Möglichkeit offensteht, in Distanz zu den Eltern zu gehen. Kinder, deren Eltern ihrer Schutz- und Container-Funktion nicht mehr nachkommen konnten, neigen später dazu, Bedrohungen und Ursachen für ihr Leid als Erwachsene vorrangig in negativ empfundene, von außen kommende Aspekte der gesellschaftlichen Verhältnisse zu lokalisieren. Sie haben ein schwach entwickeltes Gefühl der Selbstwirksamkeit, das Leben in ihrem Sinne beeinflussen zu können. Anhand eines Fallbeispiels wird dargelegt, wie sich die Wendesituation auf das Kind auswirkte, wie sich das in einer laufenden Therapie heute darstellen kann und welche verallgemeinernden Schlussfolgerungen gezogen werden können. Es werden intersubjektive Aspekte besprochen.