Erschienen in:
01.12.2014 | Originalien
Zugang zur Hirntoddiagnostik
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 12/2014
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Zusammenfassung
Hintergrund und Fragestellung
Die Feststellung des Hirntodes erfolgt in Deutschland nach den Richtlinien der Bundesärztekammer. Nach Vollendung des 2. Lebensjahres kann bei primärer supratentorieller oder sekundärer Hirnschädigung der zur Feststellung des Hirntodes erforderliche Nachweis der Irreversibilität der Ausfallsymptome mit derselben Sicherheit entweder durch klinische Verlaufsbeobachtung oder durch Einbeziehung eines apparativen Verfahrens erfolgen. Es ist nicht bekannt, welche Faktoren die Einleitung und die Vorgehensweise bei der Hirntoddiagnostik beeinflussen.
Material und Methoden
Es wurde eine retrospektive Analyse der erfassten Daten aller Patienten durchgeführt, die nach einer akuten schweren Hirnschädigung während maschineller Beatmung in der akuten Behandlungsphase auf einer Intensivstation verstarben und der Organisationszentrale Nordost der Deutschen Stiftung Organtransplantation (Bundesländer Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern) in den Jahren 2001 bis 2010 gemeldet wurden.
Ergebnisse
Von 5988 gemeldeten Patienten wurde eine Hirntoddiagnostik bei 3023 eingeleitet und der Hirntod bei 2592 von diesen festgestellt. Bei allen übrigen Patienten trat der Tod durch finalen Herzstillstand ein. Die Hirntoddiagnostik erfolgte seltener bei Vorliegen eines oder mehrerer der folgenden Faktoren: Angabe medizinischer Kontraindikationen für eine postmortale Organspende, Patientenalter über 69 Jahre, sekundäre Hirnschädigung sowie Behandlung in einem Krankenhaus ohne neurologische und ohne neurochirurgische Fachabteilung. Wurde der Tod an einem Wochenende oder Feiertag festgestellt, so geschah dies seltener aufgrund einer abgeschlossenen Hirntoddiagnostik als an Werktagen. Die Diagnostik erfolgte in 2192 Fällen (72,5 %) durch Neurologen oder Neurochirurgen, davon in 926 Fällen unter Mitwirkung von Mitarbeitern externer Konsiliarteams. Vom Krankenhaus eingesetzte Ärzte wendeten apparative Zusatzdiagnostik nur selten an (31,1 % der untersuchten Patienten), Ärzte der Konsiliarteams hingegen regelhaft (93,4 %). Die Wahrscheinlichkeit eines finalen Kreislaufstillstandes vor Vorliegen einer vollständig durchgeführten Hirntoddiagnostik war etwa 7-fach höher, wenn keine neurologische oder neurochirurgische Konsultation mit Zusatzdiagnostik erfolgte.
Diskussion
Verfügbare neurologische bzw. neurochirurgische Expertise und Zugang zu apparativen Zusatzverfahren stellen sich als wesentliche Faktoren dar, die Einleitung und Ablauf der Hirntoddiagnostik beeinflussen. Konsiliardienste sind geeignet, Organisation und Ablauf der Hirntoddiagnostik zu verbessern.