Erschienen in:
08.05.2015 | Positionspapier
Zugelassene Fertigallergenlösungen zur Intrakutantestung werden in Deutschland bald nicht mehr verfügbar sein
Die allergologischen Lehrbücher müssen neu geschrieben werden
verfasst von:
Prof. Dr. Ludger Klimek, Thomas Werfel, Christian Vogelberg, Kirsten Jung
Erschienen in:
Allergo Journal
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Ausgabe 3/2015
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Zusammenfassung
Hintergrund:
Der Intrakutantest ist neben dem Pricktest das wichtigste Hauttestverfahren zum Nachweis von Typ-1-Allergien. Alle aktuellen Leitlinien und Lehrbücher empfehlen den Intrakutantest für spezielle Indikationen aufgrund seiner höheren Sensitivität als der des Pricktests wie auch zur Anwendung bei schwach reagierenden Allergenen oder zum Nachweis verzögerter Reaktionen oder Spättypreaktionen. Mit der Umsetzung von europäischen Richtlinien in nationales Recht sind Testlösungen für die Allergiediagnostik auch in Deutschland wie in anderen europäischen Ländern Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes (AMG) und bedürfen daher einer Zulassung als Voraussetzung für den Vertrieb in Deutschland. Der hohe Aufwand für den Erwerb und Erhalt dieser Zulassungen hat dazu geführt, dass seit mehr als 20 Jahren in Deutschland keine Allergenlösung zur Intrakutantestung mehr neu zugelassen wurde. Vielmehr haben die meisten Hersteller ihre bereits erteilten Zulassungen für Intrakutantestlösungen von sich aus zurückgezogen. Kürzlich hat nun auch der letzte verbliebene Hersteller von Fertigarzneimitteln zur Intrakutantestung angekündigt, dass er diese zukünftig nicht mehr herstellen und vertreiben wird und seine Zulassungen zurückgegeben hat.
Methode:
Recherche der aktuellen europäischen und deutschen Gesetzgebung. Selektive Literaturrecherche in Medline, Einbeziehung nationaler und internationaler Leitlinien und Cochrane-Metaanalysen, Zulassungsangaben auf der Homepage des Paul-Ehrlich-Instituts (www.pei.de) und im Bundesanzeiger.
Ergebnisse:
Mit Datum 31. Januar 2015 bestanden laut Angaben auf www.pei.de noch Zulassungen für Fertigallergenlösungen zur Intrakutantestung für sechs Gräser-/Getreide-/Kräuterpollen, sieben Baumpollen, zehn Nahrungsmittelallergene, zwölf Schimmelpilze und Hefen sowie zwei Pilzmischungen, fünf Hausstaub- und Vorratsmilben und fünf Tierepithelien/Tierhaare von nur noch einer Firma. Die Zulassungen waren zwischen dem 16. März 1987 und dem 17. Januar 1992 erteilt worden. Neuere Zulassungen existieren nicht. Nach Informationen des Paul-Ehrlich-Instituts hat der Zulassungsinhaber im September 2014 diese Zulassungen zurückgegeben. Die Bekanntgabe im Bundesanzeiger, somit das Erlöschen der Zulassung und die nachfolgende Aktualisierung auf der Homepage des Paul-Ehrlich-Instituts dürfte in Kürze erfolgen..
Schlussfolgerungen:
Die europäische Gesetzgebung und die hiermit verbundenen Kostensteigerungen in Herstellung und Zulassungserhalt haben schon heute bei vielen Anbietern zur Zurückziehung ihrer Zulassungen für diagnostische Testallergene geführt — allein im Jahr 2013 wurden Zulassungen für 443 Diagnostikallergene durch die Hersteller freiwillig zurückgezogen. Sollten die angekündigten Einschränkungen des Allergenportfolios umgesetzt werden, sind durch Wegfall des Intrakutantests erhebliche Probleme in der Versorgung allergiekranker Patienten in Deutschland vorhersehbar. Zudem dürfte es in der modernen Medizin beispiellos sein, dass ein seit Jahrzehnten etabliertes diagnostisches Verfahren zu verschwinden droht, nur weil auf einen Schlag sämtliche hierzu erforderlichen Diagnostiksubstanzen vom Markt genommen werden.
Für Pricktest-Allergene ist die Situation weniger dramatisch, jedoch wird auch hier das angebotene Portfolio zunehmend eingeschränkt.