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09.01.2023 | Online-Artikel

Stigma, Versorgungsengpässe

Alarmierend: 20 Monate, bis sich Menschen mit Depression Hilfe suchen

Als besorgniserregend ordnet Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, die Ergebnisse des Deutschland Barometer Depression 2022 ein [1].  Hier erfahren Sie, welche Erkenntnisse der Befragung wichtig sind.

Jährlich werden im „Deutschland Barometer Depression“ der Stiftung Deutsche Depressionshilfe Einstellungen und Erfahrungen zur Depression erfasst. Der Schwerpunkt der diesjährigen Befragung lag auf der Behandlungssituation. Dazu wurden in einem repräsentativen Bevölkerungsquerschnitt 5.050 Personen zwischen 18 und 69 Jahren befragt. Bei 1.183 Personen lag eine diagnostizierte Depression vor [1].

Langer Weg zur Diagnose

Eine Depression ist eine schwere, teils sogar lebensbedrohliche Erkrankung. In Deutschland kann sie jedoch oft erst spät behandelt werden, weil Erkrankte lange warten, bis sie sich professionelle Hilfe suchen. Knapp ein Drittel reagiert sofort auf die Symptome, während 65 % sogar bis zu 30 Monate warten. Im Schnitt dauerte es unter den betroffenen Befragten des Deutschland Barometer Depression 20 Monate bis zum Arztbesuch. Dies liegt einerseits an den für Depressionen typischen Symptomen wie Hoffnungslosigkeit und Antriebslosigkeit, aber auch die Angst vor Stigmatisierung spielt eine Rolle [1].

51 % der Betroffenen nutzen die Hausarztpraxis als erste Anlaufstelle. Für diejenigen, die zuerst eine Facharztpraxis (25 %) oder Praxis für Psychotherapie (19 %) aufsuchen, geht die Wartezeit aber oft noch weiter (Abb. 1) [1].

Die Mehrheit empfindet ihre Behandlung als hilfreich

62 % der Befragten erhalten Medikamente, 48 % Psychotherapie und 35 % eine Kombination aus beidem. Hinsichtlich der Wirksamkeit sind beide Gruppen größtenteils zufrieden: 85 % empfinden die Psychotherapie als hilfreich, bei Medikamenten sind es 80 % [1].

Mittelgradige Depressionen behandeln: Leitlinienempfehlungen

Gemäß der 2022 aktualisierten S3-Leitlinie „Unipolare Depression“ können bei mittelgradiger Depression Psychotherapie und Antidepressiva gleichwertig angeboten werden [2]. Die abgelaufene Vorgängerversion gab der Psychotherapie den Vorrang.

Diese Anpassung bedeutet im Hinblick auf die langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz mehr Praxisnähe: „Wenn Sie auch bei mittelgradiger Depression eine medikamentöse Therapie empfehlen, bewegen Sie sich also völlig im Rahmen dessen, was die Leitlinie jetzt empfiehlt,“ ordnet Prof. Dr. med. Hans-Peter Volz das Leitlinien-Update ein [3].

Nach wie vor kann ein erster medikamentöser Therapieversuch auch mit einem Johanniskraut-Präparat erfolgen. Neu ist hier die Präzisierung: Für mittelgradige Depressionen sollen nur Präparate empfohlen werden, die als Arzneimittel für diesen Indikationsbereich zugelassen sind [1].

Selbsthilfe: Verloren im Dschungel der Möglichkeiten

Teilweise setzen Betroffene auch auf alternative oder ergänzende Verfahren, wie Wach- oder Lichttherapie, die von der Leitlinie als wirksam eingestuft werden. Die langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz, aber auch der Wunsch, selbst zur Behandlung beitragen zu können, verleiten 9 % der Betroffenen dazu, auf nicht empfohlene und teils kostspielige Verfahren wie Homöopathie oder Akupunktur zu setzen [1].

Insgesamt empfinden es jedoch zwei Drittel der Betroffenen als schwierig, einen Überblick über die leitlinienkonformen alternativen Behandlungsmöglichkeiten zu bekommen. Dabei ist es einem Großteil wichtig, dass der gewählten Behandlung Wirksamkeitsnachweise zugrunde liegen [1].

Jenseits von Psychotherapie & Antidepressiva – diese Verfahren empfiehlt die Leitlinie als unterstützende bzw. ergänzende Maßnahmen [2]:

  • Internet- und mobilbasierte Interventionen (z. B. DiGA)
  • Wachtherapie (Schlafentzugstherapie)
  • Lichttherapie (bei saisonalem Muster)
  • körper- und bewegungsorientierte Verfahren (Ergotherapie, Bewegungs- und Sporttherapien, wenn möglich in der Gruppe)
  • künstlerische Therapien
  • ernährungsbasierte Interventionen (Ermunterung zu einer ausgewogenen und gesunden Ernährung, Nahrungsergänzungsmittel werden nicht empfohlen)
  • Selbsthilfe- und Angehörigenangebote, Peer-Counselling und Genesungsbegleitung
  • Soziotherapie

Andere Verfahren, die von den betroffenen Befragten in Anspruch genommen werden, sind u. a. Akupunktur, Homöopathie, Chiropraktik, Osteopathie, TCM, Ayurveda, Darmreinigung und Heilsteine. Von der Leitlinie werden diese Maßnahmen jedoch nicht empfohlen.

Partizipatorische Entscheidungsfindung

Bei der Wahl der Therapieform ist es wichtig, auf evidenzbasierte Verfahren zurückzugreifen und sich gemeinsam mit Ihrer Patientin oder Ihrem Patienten für eine Behandlung zu entscheiden. Diese partizipatorische Entscheidungsfindung kann die Compliance und Akzeptanz der Therapie fördern [2].
 

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Literatur

[1] Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Studie: 20 Monate bis Menschen mit Depression sich Hilfe suchen. Pressemitteilung. Verfügbar unter: https://www.deutsche-depressionshilfe.de/pressematerial-barometer-depression (abgerufen am 14.11.2022).

[2] Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression, Langfassung, Version 3.0, 2022, AWMF-Register-Nr. nvl-005. https://www.leitlinien.de/themen/depression/version-3

[3] Volz HP. Depression – Diagnose und Therapie. Medical Tribune CME Fortbildung. Verfügbar unter: https://medical-tribune.de/ecme-depression  

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