Lebertransplantation und akutes Leberversagen

Von der Erweiterung des Spenderpools für eine Lebertransplantation über Ernährungsaspekte bis hin zum Langzeitverlauf – Experten zogen auf dem AASLD-Kongress 2017 ein aktuelles Fazit zum Thema. Seltene Ursache des akuten Leberversagens Das akute Leberversagen ist eine relativ seltene Komplikation einer Infektion mit dem Herpes-simplex-Virus (HSV) mit ungünstiger Prognose. Betroffene entstammen meist den Risikogruppen der Immunsupprimierten und Schwangeren. In einer retrospektiven Auswertung der Fälle der amerikanischen Acute Liver Failure Study Group wurden 20 Patienten mit Leberversagen aufgrund einer HSV-Infektion identifiziert – auch außerhalb der typischen Risikogruppen. In 6/20 Patienten war die Diagnose nicht gestellt worden, in 15/20 Fällen erfolgte keine antivirale Therapie. (1) Erweiterung des Spenderpools Angesichts der Verfügbarkeit einer hocheffektiven, nebenwirkungsarmen, sicheren Hepatitis-C-Therapie mit direkt antiviralen Substanzen (DAA) auch bei Organtransplantierten wird derzeit eine aktive Debatte über die Verwendung HCV-positiver Organe für HCV-negative Empfänger geführt. Ein sehr spannender Bericht von Bari et al. (2) schildert den Verlauf von 25 Transplantationen anti-HCV-positiver Spender bei HCV-negativen Empfängern. Die in Zeiten des extremen Organmangels dringend nötige Erweiterung des Spenderpools, z. B. durch anti-HCV-positive/HCV-PCR-positive oder -negative Organe, erscheint möglich, einige Fragen sind jedoch noch ungeklärt. (3 – 5) Ernährungsaspekte bei der Transplantation Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose haben häufig metabolische Defizite. Eine Reihe von Postern, Berichten und Symposiumsbeiträgen der diesjährigen Jahrestagung der AASLD beschäftigte sich z. B. mit Mangelernährung (6) oder Schwund an subkutanem Fettgewebe (7) und deren Auswirkung auf den prä- und postoperativen Verlauf. (8-10) Die objektive Messung und Beachtung solcher Defizite ist Grundlage für die Prognoseeinschätzung prä transplantationem und für mögliche präventive Interventionen. Therapie der Fettleibigkeit während der Wartelistenzeit Die Fettleibigkeit bei Transplantationskandidaten nimmt ebenso zu wie das metabolische Syndrom und dessen Folgen. Die Behandlungsmöglichkeiten sind limitiert und scheitern oft an mangelnder Compliance der Patienten. Einen nicht-operativen Ansatz zur Gewichtsreduktion berichteten Watt et al. (11) mit präliminären Ergebnissen einer mehrmonatigen endoskopischen Einlage eines Magenballons. Einfluss von Prophylaxemaßnahmen auf den postoperativen Verlauf Hat die Antibiotikagabe im Rahmen der Prophylaxe von hepatischer Enzephalopathie oder spontaner bakterieller Peritonitis bei Wartelistenpatienten mit Zirrhose einen theoretisch naheliegenden negativen Effekt durch Begünstigung von Infektionen mit multiresistenten Erregern post transplantationem? Eine interessante Studie von Parpia et al. (12) gibt einen Einblick in die komplexe Datenlage. Beiträge zum Langzeitverlauf Younossi et al. (13) analysierten die große US-Datenbank der SRTR (>190.000 Transplantationskandidaten) hinsichtlich der Frage: Steckt hinter der klinisch unbefriedigenden Diagnose „kryptogene Zirrhose“ (CC) nicht doch eine abgelaufene/nicht erkannte nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH)? Anhand der ähnlichen klinischen Charakteristika (häufige Komponenten des metabolischen Syndroms bei CC-Patienten, ähnlicher Verlauf) zieht diese Studie den Schluss: Die CC ist weitgehend identisch mit der NASH. Mousa et al. (14) liefern einen weiteren Beitrag zum immer noch aktuellen Thema Hepatitis C und Lebertransplantation: Der dramatisch verbesserte Verlauf der Patienten mit Hepatitis C nach Lebertransplantation in der Ära der DAA hat zu einer Angleichung der Prognose von HCV-Patienten an nicht-HCV-Patienten geführt, mit identischem 5-Jahres-Überleben von Patienten und Transplantaten. Fazit Die Herpes-simplex-Infektion ist eine Ursache des akuten Leberversagens, die nicht übersehen werden sollte. HCV-positive Patienten kommen als Organspender in Betracht. Mangelernährung ist quantifizierbar und beeinflusst die Prognose. Hinter der „kryptogenen Zirrhose“ steckt wohl sehr oft eine nicht erkannte NASH. basierend auf: AASLD – The Liver Meeting® 2017, 20.-24.10.2017, Washington, DC, USA Literatur (1) Little L et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl. 1): 670A (1241). (2) Bari K et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl. 1): 1A (1). (3) Martini et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 1A (2). (4) Chatwal et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 2A (3). (5) O’Dell H et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 879A (1642). (8) Bernal W et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 14A (7). (9) Bhanji RA et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 903A (1689). (10) Kamal F et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 919A (1719). (11) Watt KD et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl. 1): 909A (1699). (12) Parpia T et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl. 1): 896A (1675). (13) Younossi ZM et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl. 1): 899A (1682). (14) Mousa OY et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl. 1): 897A (1677). Daten, Ergebnisse und Kommentare zu den genannten Quellen werden auf der Homepage der Hepatitis-Akademie unter AASLD 2017: Lebertransplantation und akutes Leberversagen ausführlich vorgestellt. Direktlink zur Internetseite der Hepatitis-Akademie: http://bit.ly/hep_aka Auf www.hepatitis-akademie.de finden Sie darüber hinaus weitere Beiträge der Hepatitis-Akademie zu anderen hepatologischen Themen von der AASLD 2017 und früheren Kongressen, teilweise auch als E-Book verfügbar. Alle Angebote sind kostenfrei.

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