Leberzirrhose und Acute-on-chronic liver failure

Beim diesjährigen AASLD-Kongress gab es erneut viele Abstracts zu den folgenden Themen: Klinisch signifikante portale Hypertonie (CSPH) inklusive Varizenbehandlung, CSPH post-DAA, CSPH und NASH sowie Pfortaderthrombose (PVT) und Antikoagulation Acute-on-chronic liver failure (ACLF) inklusive Infektionen, hepatische Enzephalopathie und Sarkopenie Portale Hypertonie, Varizen und vaskuläre Lebererkrankungen Die Screeningendoskopie ist für viele Kollegen ein großes Thema. Dies könnte daran liegen, dass in einigen Ländern Hepatologen nicht selbst endoskopieren und der Zugang zur Endoskopie erschwert ist. Hinzu kommen die Invasivität und die Kosten der Untersuchung sowie der zum Teil nur begrenzte Nutzen. Daher werden die Indikationen zur Endoskopie geprüft, z. B. ob bei HBV ein Screening unter Therapie sinnvoll ist. (1) Auch scheinen sich unter DAA die portale Hypertonie und hämostatische Störung zurückzubilden. (2; 3) Während des Kongresses wurden verschiedene Algorithmen vorgeschlagen, z. B. unter Einbeziehung von Bilirubin, Albumin und Thrombozytenzahl (TZ). (4) Andere Algorithmen basieren auf einer Kombination aus TZ und transienter Elastografie (TE) der Leber nach Baveno VI oder in Modifikation für die Milz. (5 – 9) Letztendlich lautet die klare Empfehlung weiterhin, dass bei einer TE 50.000 G/l auf eine Endoskopie alleinig zum Varizenscreening verzichtet werden kann. Nicht-selektive Betablocker (NSBB) können durch eine Senkung des Pfortaderdrucks, welcher über den Lebervenenverschlussdruck (HVPG) messbar ist, Varizenblutungen verhindern. HVPG >10 mmHg ist definiert als CSPH und prädiktiv für eine Dekompensation. (9 – 12) Allerdings ist die Messung des HVPG invasiv und vor allem bei NASH sehr variabel. (10; 13) Daher versucht man auch hier, alternative, nicht-invasive Methoden zu nutzen, unter anderem über die Computertomografie (CT), vor allem aber über die Leberelastografie. (5; 14 – 17) Die Gerinnungsdiagnostik im Rahmen der Zirrhose ist bekanntlich ein Problem. Während Routineparameter wie INR und Quick in ihrer Aussagekraft limitiert sind, ist das ROTEM deutlich besser geeignet. (18) Zudem ist bei niedriger TZ die Gabe von Lusutrombopag, einem oral verfügbaren Thrombopoetinagonisten, eine wichtige Maßnahme vor invasiven Prozeduren ohne erhöhte Blutungs- oder Thromboseneigung. (19) Da bei der Zirrhose bekanntlich eine prognostisch wichtige Thromboseneigung besteht (20), kann auch die Gabe von Antikoagulanzien von Vorteil sein (20; 21), z. B. bei PVT in Kombination mit direkten oralen Antikoagulanzien wie Edoxaban. (22) Auch die Antithrombin-III-Substitution wurde mit Erfolg getestet. (23) Acute-on-chronic liver failure (ACLF) und andere Komplikationen Während dieses Kongresses wurde in mehr als 30 Postern über das ACLF berichtet, insbesondere über die Erfahrungen aus verschiedenen Zentren, neue Definitionen wie der Sepsisdefinition, Infektionen und den Einsatz von Biomarkern (u. a. Laktat, Thrombozytenzahl, CRP und Ammoniak). Insgesamt war dieser Teil des Kongresses sehr deskriptiv und erbrachte bis auf wenige Ausnahmen wenig Neues. Für den Einsatz von Carvedilol bei Patienten mit einem ACLF konnte eine Verbesserung der Überlebensrate nach 28 Tagen gezeigt werden. (24) Allerdings war dieser Effekt ähnlich wie in der CANONIC-Studie nach 90 Tagen nicht mehr nachweisbar, vielleicht weil viele der Risikopatienten zu diesem Zeitpunkt bereits entweder eine Transplantation erhalten hatten oder aber verstorben waren. Interessanterweise ist die Rationale für die Verwendung von NSBB die Einschränkung des Herz-Zeit-Volumens (HVZ). Tatsächlich ist ein erhöhtes HZV mit hyperdynamer Zirkulation und schlechterem Überleben vergesellschaftet. Die Arbeitsgemeinschaft von Prof. Søren Møller aus Kopenhagen hat in diesem Bereich jahrzehntelang geforscht und eine sehr interessante Arbeit zum Einsatz der Kardio-MRT vorgestellt. (25) An über 60 Patienten und mehr als 10 Kontrollen konnte gezeigt werden, dass das extrazelluläre Volumen (ECV) als Maß für die Herzfibrose mit zunehmender Dekompensation und Schwere der Leberzirrhose ansteigt. Patienten mit hohem ECV zeigten auch einen schwereren Krankheitsverlauf mit systemischer Inflammation, vergesellschaftet mit einer schlechteren Überlebensrate. Die genannte Studie konnte zeigen, dass die maskierte zirrhotische Kardiomyopathie durch die Kardio-MRT nachgewiesen werden kann und ggf. in der Zukunft bei der Indikationsstellung für eine Lebertransplantation an Bedeutung gewinnen könnte. Eine weitere wichtige Studie an diesem schwer kranken Patientenkollektiv kam aus der ILBS-Arbeitsgruppe in New Delhi, in der die gastrointestinale Motilitätsstörung (Reflux über die Magensonde) untersucht wurde (26). In dieser Studie wurden intravenöse Prokinetika verabreicht und das Magenresidualvolumen gemessen. Es konnte gezeigt werden, dass die Gabe von Erythromycin (92 %) und Metoclopramid (85 %) die enterale Ernährung innerhalb von 73 h verbessern konnte. Dabei war die Wirkung von Erythromycin im Vergleich etwas früher nachweisbar (Erythromycin 2,1 Tage vs. Metoclopramid 2,8 Tage [p=0,013]). Auch die Überlebensrate nach 14 und 28 Tagen war verbessert. Fazit Bei der Therapie der Leberzirrhose sollte bei Vorliegen einer Pfortaderthrombose eine Antikoagulation durchgeführt werden. Lusutrombopag kann bei Patienten mit Thrombozytenzahlen <50.000 vor Interventionen sicher und effizient eingesetzt werden. Carvedilol kann bei ACLF das Kurzzeitüberleben verbessern; bei längeren stationären Aufenthalten ist der Benefit jedoch nicht mehr nachweisbar. Der Einsatz der Kardio-MRT könnte in der Zukunft auch für die Listung zur Lebertransplantation und ggf. Allokation der Organe hilfreich sein. Der Magenreflux bei kritisch kranken Patienten mit Leberzirrhose sollte immer und rasch behandelt werden. Dabei spielen vor allem Erythromycin und MCP eine Rolle und eine erfolgreiche Therapie scheint nicht nur die Ernährung, sondern auch das Überleben zu verbessern. basierend auf: AASLD – The Liver Meeting® 2017, 20.-24.10.2017, Washington, DC, USA Literatur (1) Wong VW et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 249A (453). (2) Calvaruso V et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1):249A (454). (3) Zanetto A et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 254A (462). (4) Su CW et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 248A (452). (5) Fernandes FF et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 245A (447). (6) Stefanescu H et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 246A (448) (7) Moctezuma-Velazquez C et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 250A (455). (8) Hsiang JC et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 250A (456). (9) Rajakannu M et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 251A (457). (10) Bosch J et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 244A (445). (11) Vuppalanchi R et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 245A (446). (12) Sack J et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 247A (451). (13) Bosch J et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 252A (458). (14) Takuma Y et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 256A (464). (15) Qi X et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 261A (475). (16) Qi X et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 262A (476). (17) Hashim A et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 263A (479). (18) Smart L et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 243A (444). (19) Afdhai NH et al. Hepatology 2017 Dec: 1254A (LB1) (20) Ferreira CN et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 266A (483). (21) Scheiner B et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 263A (278). (22) Nagaoki Y et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 253A (460). (23) Hidaka H et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 256A (466). (24) Kainth S et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 83A (143). (25) Wiese S et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 126A (220). (26) Rajan et al. Hepatology 2017; 66 (Suppl 1): 138A (244). Daten, Ergebnisse und Kommentare zu den genannten Quellen werden auf der Homepage der Hepatitis-Akademie unter AASLD 2017: Leberzirrhose und ACLF ausführlich vorgestellt. Direktlink zur Internetseite der Hepatitis-Akademie: http://bit.ly/hep_aka Auf www.hepatitis-akademie.de finden Sie darüber hinaus weitere Beiträge der Hepatitis-Akademie zu anderen hepatologischen Themen von der AASLD 2017 und früheren Kongressen, teilweise auch als E-Book verfügbar. Alle Angebote sind kostenfrei.

Live-Webinar: Aktuelle Leitlinien bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Springer Medizin

Leberzirrhose und Acute-on-chronic liver failure

Weiterführende Themen

Leitlinien kompakt für die Innere Medizin

Neu im Fachgebiet Innere Medizin

Parodontalbehandlung verbessert Prognose bei Katheterablation

Antihypertensiva schützen auch alte Menschen noch vor Demenz

Stereotaktische Radiatio schlägt konventionelle Bestrahlung

Denken Sie bei starker Blutung auch an die Hemmkörper-Hämophilie

Update Innere Medizin