Vom 29. bis 31. März findet in Chicago der Herzkongress ACC 2025 statt. Die Liste der als „Late-breaking Trials“ in den Blickpunkt gerückten neuen Studien zu wichtigen kardiologischen Themen ist wieder einmal lang.
Den Auftakt zum Programm der insgesamt 23 „Late-Breaker“ beim vom American College of Cardiology (ACC) veranstalteten Kongresses macht mit dem Women's Ischemia Trial – auch bekannt unter dem Akronym WARRIOR (The Women's IschemiA TRial to Reduce Events In Non-ObstRuctive CAD) bekannt – eine besondere Studie. Ungewöhnlich an ihr ist unter anderem, dass ausschließlich Frauen daran beteiligt waren.
Wenn Angina-pectoris-Beschwerden und eine ausgeprägte Myokardischämie zusammenkommen, in der kardialen Bildgebung aber keine Koronarstenosen objektivierbar sind, ist heute von einer INOCA (ischemia with no obstructive coronary artery disease) die Rede. INOCA ist als spezielle klinische Konstellation bei Frauen häufiger als bei Männern anzutreffen. Das ist auch der Grund für die gezielte Selektion von Frauen für die WARRIOR-Studie.
Lässt sich kardiovaskulären Ereignissen bei INOCA vorbeugen?
Darin ging es um die Klärung der Frage, ob Frauen mit INOCA prognostisch von einer Intensivierung der medikamentösen Therapie einschließlich der Gabe von Statinen in hoher Dosierung profitieren. Insgesamt 4.422 symptomatische Frauen mit INOCA und kardiovaskulären Risikofaktoren sind in der Studie an Zentren in den USA auf eine intensive medikamentöse Therapie (IMT) oder eine Standardbehandlung (usual care) randomisiert worden. Die Erwartung ist, dass durch IMT die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse (MACE) im Vergleich zur üblichen Versorgung binnen zwei bis drei Jahren um rund 20% reduziert werden kann.
Ist GLP-1-Agonist Semaglutid auch bei PAVK von Nutzen?
Das Spektrum der medizinischen Indikationen, bei denen dem als Antidiabetikum und Gewichtssenker genutzten GLP-1-Agonisten Semaglutid therapeutisches Potenzial zugetraut wird, wird immer größer. In der beim ACC-Kongress erwarteten randomisierten STRIDE-Studie ist nun erstmals dessen möglicher symptomatischer Nutzen bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit (PAVK) ins Visier genommen worden.
Beteiligt an der in 20 Ländern durchgeführten Studie waren knapp 800 Patientinnen und Patienten mit symptomatischer PAVK (Fontaine-Stadium IIa) und Typ-2-Diabetes, die mit Semaglutid (1 mg einmal wöchentlich subkutan) oder Placebo behandelt worden waren. Primärer Studienendpunkt ist die Veränderung der maximalen Gehstrecke bei konstanter Belastung auf dem Laufband (constant-load treadmill, CLT). Auch die Effekte auf Lebensqualität und kardiometabolische Parameter wurden analysiert.
Erster Erfolg mit Semaglutid als oral applizierbare Therapie
Die Erwartung, dass Semaglutid auch als orale Therapie in Tablettenform zur kardiovaskulären Prävention taugt, wird anscheinend durch die Ergebnisse der ebenfalls in der „Late-Breaker“-Sammlung beim ACC-Kongress enthaltenen SOUL-Studie gestützt. Jedenfalls hat der Hersteller Novo Nordisk bereits vor einiger Zeit über einen positiven Verlauf dieser Studie in einer kurzen Pressemeldung informiert.
Dieser Meldung zufolge ist die Inzidenz von Ereignissen des primären Studienendpunkts (kardiovaskulärer Tod, nichttödlicher Herzinfarkt oder Schlaganfall) durch den GLP-1-Agonisten um 14% im Vergleich zu einer Placebo-Behandlung reduziert worden. Damit ist SOUL die erste große kardiovaskuläre Endpunktstudie, in der Semaglutid als oral verabreichte Therapie präventive Wirksamkeit bewiesen hat.
An der Studie waren 9.650 Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes und manifester Gefäß- und/oder Nierenerkrankung beteiligt. Bei rund 70% der Teilnehmer bestand zu Beginn eine Koronarerkrankung, bei rund 42% eine Nierenerkrankung, bei 21% eine zerebrovaskuläre Erkrankung und bei 23% eine Herzinsuffizienz. Additiv zur Standardtherapie, die bei fast jedem zweiten Teilnehmer auch einen SGLT2-Hemmer einschloss, hatten die Studienteilnehmer nach Zufallszuteilung eine orale Behandlung mit Semaglutid oder Placebo erhalten. Beim ACC-Kongress gibt es nun die kompletten Ergebnisse.
Optimierung der Thromboembolie-Prophylaxe bei Krebserkrankung
Um eine mögliche Verbesserung der Prophylaxe von venösen Thromboembolien (VTE) bei Risikopatienten mit Krebserkrankungen geht es in der API‐CAT-Studie. Darin sollten gemäß Studienplanung rund 1.700 Patientinnen und Patienten mit aktiver Krebserkrankung aufgenommen werden, die wegen zuvor aufgetretener thromboembolischer Ereignisse (proximale tiefe Beinvenenthrombose und /oder Lungenembolie) bereits mindestens sechs Monate lang antikoagulatorisch behandelt worden waren.
Gezeigt werden soll, dass eine für die Dauer von weiteren 12 Monaten fortgeführte orale Antikoagulation mit Apixaban in reduzierter Dosierung (2,5 mg zweimal täglich) einer Apixaban-Behandlung mit zweimal 5 mg pro Tag bezüglich der Häufigkeit von VTE-Rezidiven „nicht unterlegen“ ist (Non-Inferiority-Design).
Neuer Blutdrucksenker auf dem Prüfstand
Aufschluss über die blutdrucksenkende Wirksamkeit des neuen selektiven Aldosteronsynthase-Hemmers Lorundrostat soll die beim ACC-Kongress präsentierte Advance-HTN-Studie geben. Vom Hersteller Mineralys Therapeutics gab es dazu jüngst eine positive Top-Line-Meldung. Danach ist der systolische Blutdruck der Studienteilnehmer additiv zu einer standardisierten antihypertensiven Basistherapie im Mittel um 7,9 mmHg gesenkt worden.
Bei den an der Phase-II-Studie Advance-HTN beteiligten Patienten war zunächst die zuvor bestehende blutdrucksenkende Therapie abgesetzt und auf eine standardisierte Therapie umgestellt worden. Je nach Vortherapie bestand diese aus einer Kombination aus zwei bzw. drei Basis-Antihypertensiva (AT1-Rezeptorblocker, Diuretikum, Kalziumantagonist).
Was tun bei linksventrikulärem Thrombus nach Myokardinfarkt?
Ist im Fall eines linksventrikulären Thrombus als Akutkomplikation nach Myokardinfarkt eine orale Antikoagulation mit einem DOAK (Rivaroxaban) oder einem Vitamin-K-Antagonisten (Warfarin) die bessere Wahl? Um diese Frage ging es in der randomisierten kontrollierten RIVAWAR-Studie. Betroffen von einer solchen Komplikation sind vor allem Patienten mit ST-Hebungsinfarkt (STEMI). Studiendaten zur langfristigen Prognose betroffener Patienten sowie zur relativen Wirksamkeit unterschiedlicher antithrombotischer Behandlungsstrategien sind derzeit rar.
Lässt sich plättchenhemmende Wirkung von Ticagrelor rasch stoppen?
In Notfallsituationen könnte es von Vorteil sein, wenn sich die plättchenhemmende Wirkung des P2Y12-Hemmers Ticagrelor durch ein spezifisches Gegenmittel rasch aufheben ließe. Ob dafür der Wirkstoff Bentracimab – ein gegen Ticagrelor gerichteter Antikörper – geeignet ist, wurde in der Phase-III-Studie REVERSE-IT geprüft. Schon auf Basis von Ergebnissen einer 2021 publizierten Zwischenanalyse der Studie wurde Bentracimab attestiert, dass sich damit der thrombozytenhemmenden Wirkung von Ticagrelor bei Patienten mit chirurgischen Eingriffen rasch und anhaltend entgegenwirken lässt. Beim ACC-Kongress wird Studienleiter Prof. Deepak Bhatt nun die Hauptergebnisse der Studie präsentieren.
Neues zum Thema katheterbasierter Aortenklappenersatz
In der in Spanien durchgeführten randomisierten Studie DapaTAVI geht es um eine mögliche Optimierung der Nachbehandlung von ausgewählten Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose nach erfolgter Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI). Untersucht wurde, ob sich bei ihnen durch eine Behandlung mit dem SGLT2-Hemmer Dapagliflozin die Inzidenz klinischer Ereignisse (primärer Endpunkt: Tod oder Herzinsuffizienz-Verschlechterung) reduzieren lässt.
Geplant war eine Teilnahme von mehr als 1.000 Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz in der Vorgeschichte, die zusätzlich entweder einen Typ-2-Diabetes, eine LVEF ≤40% oder eine glomeruläre Filtrationsrate zwischen 25 und 75 ml/min/1,73 m2 aufweisen mussten. Sie wurden auf zwei Studienarme randomisiert und erhielten entweder Dapagliflozin (10 mg/Tag) oder keine Behandlung mit diesem SGLT2-Hemmer.
Um die Langzeit-Performance der interventionellen TAVI-Therapie speziell bei Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose und niedrigem Operationsrisiko geht es derzeit in der Evolute-Low-Risk-Studie. Nach kürzlich vorgestellten Ergebnissen dieser-Studie ergab sich nach vier Jahren Follow-up hinsichtlich der klinischen Ergebnisse ein anhaltender Trend zugunsten der TAVI-Behandlung im Vergleich zum chirurgischen Aortenklappenersatz. Ob sich dieser Trend fortgesetzt hat, werden die 5-Jahres-Ergebnisse zeigen, die Studienleiter Dr. Michael Reardon, Houston, beim ACC-Kongress 2025 präsentieren wird.
Rückschlag für zerebralen Embolieschutz bei TAVI-Eingriffen
Schon die PROTECTED-TAVR -Studie hatte keinen überzeugenden Beleg für den protektiven Nutzen eines vorübergehend implantierten, speziellen Filtersystems (Sentinel) für den zerebralen Embolieschutz bei TAVI-Prozeduren erbracht. Und auch die deutlich größere und zur definitiven Klärung initiierte BHF-PROTECT-TAVI-Studie hat wohl die Erwartungen enttäuscht. Im Oktober 2024 gab die British Heart Foundation (BHF) als Studiensponsor bekannt, dass die Studie nach einer Zwischenanalyse mangels Aussicht auf ein positives Ergebnis vorzeitig gestoppt worden sei. Die kompletten Ergebnisse gibt es nun bei ACC-Kongress.
In der ALIGN-AR-Studie werden derzeit Sicherheit und Wirksamkeit einer TAVI-Behandlung mit dem Trilogy-System (JenaValve) bei Patienten mit mittel- bis hochgradiger oder hochgradiger Aortenklappeninsuffizienz und hohem Operationsrisiko untersucht. Im Gefolge bereits bekannter positiver 2-Jahres-Ergebnisse dieser Studie wird Prof. Raj Makkar, Los Angeles, beim ACC-Kongress nun klinische und echokardiographische Ergebnisse einer auf Daten der ersten 500 Patienten gestützten Analyse präsentieren.
Ist Eisenpräparat bei Herzinsuffizienz und Eisenmangel prognostisch von Nutzen?
FAIR-HF2-DZHK5 ist eine vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) geförderte prospektive randomisierte Studie zur Klärung der Frage, ob sich mittels regelmäßiger Infusionen von Eisencarboxymaltose die Prognose von Patientinnen und Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz (LVEF ≤ 45 %) und dokumentierter Eisenmangelanämie verbessern lässt. Den primären kombinierten Studienendpunkt bilden die Ereignisse Re-Hospitalisierung und kardiovaskulär bedingter Tod. Studienleiter Prof. Stefan Anker, Charité – Universitätsmedizin Berlin, wird die Ergebnisse in Chicago präsentieren.
Wie hilfreich ist Flüssigkeitsrestriktion bei chronischer Herzinsuffizienz?
Hilft es Menschen mit Herzinsuffizienz, die tägliche Trinkmenge zu begrenzen, um möglichen Symptomen und Flüssigkeitseinlagerungen vorzubeugen? Das wird zwar häufig empfohlen, ist aber nicht durch konsistente Studienergebnisse und darauf gestützte klare Leitlinien-Empfehlungen abgedeckt.
Eine niederländische Arbeitsgruppe hat angesichts der bestehenden Unsicherheit die randomisierte kontrollierte FRESH-UP-Studie initiiert, an der mehr als 500 Menschen mit chronischer Herzinsuffizienz beteiligt waren. Aufgeteilt auf zwei Gruppen durften sie drei Monate lang entweder beliebig viel trinken oder mussten sich mit einer Trinkmenge von höchstens 1,5 l pro Tag begnügen. Untersucht wurden primär die Effekte des unterschiedlichen Trinkverhaltens auf die per KCCQ-Fragebogen erfasste Lebensqualität.
Neues zur antithrombotischen Therapie mit Plättchenhemmern
Auch mit Fragen der Art und Dauer einer plättchenhemmenden Therapie nach PCI mit Stent-Implantation haben sich Untersucher in einigen Studien des Late-Breaking-Trials-Programms befasst. Verglichen wurden etwa duale Antiplättchen-Therapien (DAPT) von unterschiedlicher Dauer bei KHK-Patienten mit hohem oder niedrigem Blutungsrisiko. Zudem wird es neue Studienergebnisse zur Sicherheit und Wirksamkeit einer langfristigen plättchenhemmenden Monotherapie mit ASS oder Clopidogrel nach PCI-Prozeduren bei Patienten mit hohem Risiko für ischämische Ereignisse geben.