Spurensuche bei unklaren akuten Hepatitiden von Kindern

Vor einigen Monaten sind bei Kindern vermehrt akute Hepatitiden unbekannten Ursprungs aufgetaucht. Die ESPGHAN berichtet in einem Artikel, was zum jetzigen Zeitpunkt über die Fälle bekannt ist. Im April dieses Jahrs wurde in Großbritannien eine erhöhte Inzidenz an akuten Hepatitisfällen unbekannter Ätiologie bei zuvor gesunden Kindern gemeldet. Seitdem waren nach Angaben der WHO bis Mitte Juli 2022 insgesamt 1.010 Kinder von akuten Hepatitiden unklaren Ursprungs betroffen, 484 Fälle traten in Europa auf, der Großteil davon im Vereinigten Königreich. Aus Deutschland lagen bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Meldungen vor. 22 der europäischen Kinder erhielten eine Lebertransplantation, zwei Kinder starben. Weltweit waren es bis Mitte Juli 22 Todesfälle. Das „Hepatology Commitee“ der European Society of Pediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition (ESPGHAN) um Giuseppe Indolfi von der Universität Florenz weist in einer Veröffentlichung ausdrücklich darauf hin, dass die akute Hepatitis und akutes Leberversagen unbekannten Ursprungs keine neuen Krankheiten seien. Die Inzidenz in diesem Ausmaß und bei zuvor gesunden Kindern sei jedoch anders als alles, was bisher dazu berichtet wurde. Seit kurzem gehen die Infektionszahlen zwar wieder zurück, manche Experten vermuten jedoch in den nächsten Monaten weitere Wellen. Infektion ist wahrscheinlich Die meisten der erkrankten Kinder (75%) sind jünger als fünf Jahre. Es wurde keine Prädisposition bezüglich Geschlecht oder ethnischer Herkunft beobachtet. Die Kinder zeigen unspezifische Symptome wie Durchfall und Erbrechen, die manchmal für Tage oder Wochen bestehen. Es folgen Ikterus, Bauchschmerzen, Übelkeit und Unwohlsein, die Aminotransferase- und Bilirubinwerte sind erhöht. Fieber wurde hingegen nicht beobachtet. Die akute Hepatitis unbekannter Ätiologie ist eine Ausschlussdiagnose, wenn bekannte Viren (Hepatitis A bis E und nicht primär hepatotrope Viren) und andere Ätiologien wie Autoimmun-, toxische und metabolische Erkrankungen ausgeschlossen wurden. Da die Fälle in zeitlichen und geografischen Clustern auftreten, etwa in Schottland oder in einer Kinderklinik im US-amerikanischen Bundesstaat Alabama, ist eine Infektion der wahrscheinlichste Auslöser. SARS-CoV-2 wurde inzwischen als Ursache ausgeschlossen wurden. Eine Infektion mit Adenoviren wurde bei 52–68 % der Patientinnen und Patienten festgestellt, am häufigsten mit dem Adenovirus Typ 41. Dieses Virus verursacht häufig eine akute Gastroenteritis, die sich durch Erbrechen, Durchfall und Fieber äußert und oft von Symptomen der Atemwege begleitet wird, erklären die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der ESPGHAN. In Großbritannien wurden zudem sehr hohe Konzentrationen des Adeno-assoziierten Virus 2 (AAV2), eines Parvovirus, im Blut und in der Leber von 96% der Patienten einer Kohorte, nicht aber in den Kontrollen, gefunden. Deshalb wird spekuliert, dass eine Koinfektion mit AAV2 und einem Adenovirus die wahrscheinliche Ursache für die schwere Lebererkrankung der Kinder ist. Eine Folge der Coronamaßnahmen? Infolge der Präventionsstrategien während der COVID-19-Pandemie, einschließlich der Schließung von Schulen und Kindergärten, zirkulieren Adenoviren wie andere Viren auf einem niedrigeren Niveau. Vor allem kleine Kinder könnten immunologisch naiv und anfälliger dagegen sein. Dies ist ein mögliches Szenario für das „Hepatology Commitee“ der ESPGHAN für das gehäufte Auftreten der Hepatitisfälle. Diagnostisch sollten umfassende virologische, einschließlich metagenomische (aus Blut-, Serum-, Urin-, Stuhl-, Atemwegs- und Leberproben) und toxikologische (einschließlich Umwelt- und Lebensmitteltoxizität) Untersuchungen durchgeführt werden. Die von der ESPGHAN vorgeschlagenen Analysen entsprechen der üblichen Abklärung von Infektionskrankheiten bei Kindern mit akuter Hepatitis, unter anderem die Testung des Bluts mittels PCR auf Adenovirus, Enterovirus, CMV, EBV, HSV, Hepatitis A, C und E sowie HHV6 und 7. Es sei jedoch wichtig, die nicht infektiösen Ursachen, einschließlich Autoimmun-, Stoffwechsel- und medikamentenbedingter Ursachen einer akuten schweren Hepatitis, nicht zu vergessen, die entsprechend ausgeschlossen werden müssten. Kinder mit akuter schwerer Hepatitis und akutem Leberversagen sollten grundsätzlich von pädiatrischen Hepatologen und in Zentren mit der Möglichkeit für eine Lebertransplantation behandelt werden.

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