07.01.2021 | Adipositas | Schwerpunkt: Adipositas – Übersichten
Adipositas und Gehirngesundheit
Minireview von Bildgebungsdaten einer großen Bevölkerungsstudie
verfasst von: PD Dr. Veronica Witte
Erschienen in: Die Psychotherapie | Ausgabe 1/2021
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Ziel der Arbeit
Wie hängen Übergewicht und Adipositas mit der Gehirnstruktur und -funktion zusammen? Um diese und die Frage nach möglichen Mechanismen näher zu untersuchen wurden Bildgebungsdaten einer großen Bevölkerungsstudie analysiert.
Material und Methoden
Dabei erhielten > 2500 zufällig ausgewählte Einwohner von Leipzig im Alter von 18 bis 80 Jahren erfolgte eine multimodale 3 Tesla-Magnetresonanztomographie(MRT)-Untersuchung und anthropometrische Messungen; Fragebogenerhebungen und neuropsychologische Tests wurden durchgeführt. Entzündungsmarker und Adipositas-Risikogene wurden in Nüchtern-Blutproben bestimmt. In 4 Analysen der T1-gewichteten, der diffusionsgewichteten und der „Fluid-attenuated-inversion-recovery“-(FLAIR)-Bildsequenzen wurden verschiedene strukturelle Hirnmaße bei gesunden Erwachsenen mit Maßen des Körpergewichts und des abdominalen Körperfettanteils verglichen, d. h. mit dem Body-Mass-Index (BMI) bzw. der „waist-to-hip ratio“ (WHR; n = 347–1825, davon 45–50 % Frauen, BMI zwischen 18,5–47 kg/m2).
Ergebnisse
Zusammengefasst zeigten diese Querschnittsanalysen, dass verschiedene strukturelle Maße des Gehirns linear mit BMI und WHR assoziiert sind, d. h. mit Übergewicht und Adipositas verbunden, unabhängig von Alter, Geschlecht, Bildung und Adipositas-bezogenen Komorbiditäten. Dazu gehörten eine geringere kortikale Dicke und Konnektivität im Belohnungsnetzwerk, eine veränderte Mikrostruktur der Faserverbindungen sowie vermehrte tiefe Marklagerläsionen der weißen Substanz. Einzelne genetische Polymorphismen waren nicht mit Gehirnmaßen assoziiert. In Mediationsanalysen ergaben sich Hinweise, dass entzündliche Prozesse die schädlichen Effekte von vermehrtem viszeralem Fettgewebe auf das Gehirn vermitteln könnten, und dass Adipositas-assoziierte regionale Hirnveränderungen schlechtere kognitive Leistungen bedingen.
Schlussfolgerung
Longitudinale Studien müssen diese Hypothesen nun überprüfen. Die Erkenntnisse zu Adipositas und Gehirngesundheit könnten bei der Entwicklung von neuen Präventions- und Therapiestrategien von Bedeutung sein.