Mehr Evidenz für Adrenalektomie bei MACS

Daten der internationalen CHIRACIC-Studie stärken die Evidenz für die Adrenalektomie bei Hypertonie im Zusammenhang mit Nebennierentumoren mit leichter Cortisolproduktion. Zugleich bleiben Fragen offen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. „In der Zusammenschau etabliert die CHIRACIC-Studie eine milde autonome Cortisolsekretion (MACS) als eine Ursache für endokrine Hypertonie und stützt die Rolle der Adrenalektomie bei der Behandlung von einseitigen Nebenniereninzidentalomen.“ So fassen Forschende um Antoine Tabarin vom Centre Hospitalier Universitaire de Bordeaux, Frankreich, die Kernergebnisse einer internationalen randomisierten Studie zusammen [1], in der sie Personen mit zufällig in der Bildgebung entdeckten benignen Nebennierenrindentumoren (≥ 2 cm; mittlere Größe: 3,3 cm), MACS und Hypertonie entweder chirurgisch (zusätzlich zu Antihypertensiva; n = 26) oder konservativ (also nur mit Antihypertensiva; n = 26) behandelt hatten. Primärer Endpunkt der Studie war der Anteil an Patientinnen und Patienten, die nach der jeweiligen Intervention ihre antihypertensive Therapie reduzieren konnten und trotzdem einen normwertigen zu Hause gemessenen systolischen Blutdruck (HBPM) aufwiesen. Das gelang bei zwölf Personen (46%) im Adrenalektomie-Arm und bei vier (15%) im Arm mit konservativer Therapie (adjustierte Risikodifferenz 0,34; p = 0,0038). Ein Teil der operierten Patientinnen und Patienten (12 von 23; 52%) konnte sogar alle Antihypertensiva komplett absetzen (und nicht bloß den Umfang des Therapieregimes reduzieren), was beim konservativen Vorgehen in keinem Fall möglich war. Die Rate an schweren Nebenwirkungen (AE) belief sich auf 35% (Adrenalektomie) und 31% (konservative Therapie), wobei drei schwere AE bei drei Personen der Operation zugeschrieben wurden (Schmerzen an der Operationsstelle und Hypotonie). Bisher sei der Benefit der Adrenalektomie bei Personen mit Hypertonie, MACS und unilateralen Nebenniereninzidentalomen unsicher gewesen, schreiben Tabarin et al. „Unsere Ergebnisse werden einen unmittelbaren Einfluss auf das Patientenmanagement haben und zeigen, dass eine Operation eine valide und sichere Option für Patientinnen und Patienten mit Hypertonie ist, einem der wichtigsten kardiovaskulären Risikofaktoren“, so das Resümee der CHIRACIC-Forscherinnen und -Forscher. Kommentar mit vorsichtigerer Bewertung Während ein Team um Andrea Haas von der Harvard Medical School in Boston, MA/USA, in einem Kommentar den methodischen Rigor der Studie lobt, sind sie und ihre Kolleginnen und Kollegen mit Blick auf die Praxisimplikationen ein wenig zurückhaltender: „Zusätzliche Studien sind erforderlich, um die Entscheidung zur Durchführung einer Adrenalektomie bei Personen mit MACS und Bluthochdruck zu stützen – insbesondere, weil eine statt der HBPM durchgeführte ambulante 24h-Blutdruckmessung (ABPM; [ein sekundärer Endpunkt der CHIRACIC-Studie]) kein so starkes Signal geliefert hat.“ Zudem weisen die Kommentierenden auf gewisse methodische Limitationen hin (siehe unten). Dessen ungeachtet erkennen Haas et al. an, dass die Ergebnisse der Studie bei Personen mit Bluthochdruck und „klaren biochemischen Hinweisen auf eine MACS, insbesondere bei größeren Nebennierenadenomen“, für eine therapeutische Rolle der Adrenalektomie sprechen. Im individuellen Fall sind für sie jedoch der allgemeine Gesundheitszustand und das Alter der Betroffenen, aber auch die Verfügbarkeit von entsprechend erfahrenen Chirurginnen und Chirurgen nach wie vor Faktoren, die in die Entscheidungsfindung für oder gegen eine operative Intervention mit eingehen sollten. Zudem halten es Haas und ihre Kolleginnen und Kollegen für möglich, dass zukünftig auch neue konservative Ansätze (wie zum Beispiel eine Behandlung mit CYP11B1-Inhibitoren) an Bedeutung gewinnen könnten. Methodisches in aller Kürze Die CHIRACIC-Studie wurde an 17 Krankenhäusern in Frankreich, Italien und Deutschland durchgeführt. Das Team hatte verschiedene Maßnahmen ergriffen, um eine etwaige Übertherapie zu verhindern. So wurde die Hypertoniediagnose durch mehrere Schritte abgesichert bzw. widerlegt (unter anderem durch HBPM) und der Bluthochdruck vor der Randomisierung standardisiert medikamentös behandelt. Und auch die MACS wurde vor der Randomisierung noch einmal durch eine zweite Messung überprüft. Von ursprünglich 78 potenziell infrage kommenden Patientinnen und Patienten wurden daher am Ende nur 52 Personen (mittleres Alter: 63 Jahre; Anteil Frauen: rund 70%) zufällig einem der beiden Studienarme zugewiesen. Zudem war bei immerhin 75% der Probandinnen und Probanden auch ein primärer Hyperaldosteronismus ausgeschlossen worden (was bedeutsam ist, weil Nebennierentumoren neben Cortisol ggf. auch Aldosteron sezernieren). Die kleine Fallzahl ist eine der Limitationen der Studie. Haas et al. sehen zudem Risiken für gewisse Selektionseffekte (etwa durch die Art, wie die MACS definiert gewesen sei – und angesichts der „relativ großen“ unilateralen Tumoren bei normalem kontralateralem Befund). In der CHIRACIC-Studie wurden zudem Endpunkte nicht erfasst, die über die Blutdruckkontrolle hinaus bei MACS bedeutsam sind, wie Haas et al. schreiben. Andere Untersuchungen müssten daher zukünftig zeigen, ob die Adrenalektomie auch Vorteile mit Blick auf Blutzuckerkontrolle, Blutfettwerte, Übergewicht, Knochen- sowie die psychische Gesundheit mit sich bringe. „Studien mit größeren Patientengruppen könnten Merkmale identifizieren, die auf bessere Langzeitergebnisse nach einer Operation hinweisen, und zeigen, dass eine Adrenalektomie über die Reduktion des Bedarfs an blutdrucksenkenden Medikamenten hinausgeht und letztlich zu geringerer Morbidität und Mortalität führt“, so Haas und ihr Team. Mit Blick auf BMI und Körperfettanteil hatten sich in CHIRACIC keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen beiden Studienarmen gezeigt. „Dies legt nahe, dass der günstige Effekt der Adrenalektomie auf den Bluthochdruck nicht auf nichthormonelle Effekte zurückzuführen ist und dass eine autonome Cortisolsekretion per se nachteilige Auswirkungen auf den Blutdruck hat“, schreiben Tabarin et al. zur Einordnung. Das Wichtigste in Kürze Frage: Erlaubt es eine Adrenalektomie, dass Personen mit Nebenniereninzidentalomen und leichter Cortisolproduktion (MACS) ihre medikamentöse antihypertensive Therapie deeskalieren können? Ergebnisse: Ergebnisse der kleinen (n = 52) randomisierten, kontrollierten CHIRACIC-Studie sprechen dafür, dass das funktioniert. Bedeutung: Die Operation ist laut Studienteam eine valide und sichere Option für Patientinnen und Patienten mit Hypertonie und benignen Nebennierentumoren und MACS. Einschränkung: Selektionierte Stichprobe mit eher schweren Fällen. Weitere Untersuchungen mit größeren Kollektiven und weiteren Endpunkten (Blutzuckerkontrolle, Körperzusammensetzung etc.) wichtig.

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