Bei Herzstillstand sind die Überlebensraten mit funktioneller Wiederherstellung niedrig. Um die Prognose zu verbessern, werden zunehmend extrakorporale Techniken eingesetzt. Neue Daten beweisen, dass eCPR in gut koordinierten Gesundheitssystemen das Überleben und die neurologische Genesung verbessern kann.
Etwa 60.000 Patient:innen sind 2021 in Deutschland nach einem plötzlichen Herzkreislaufstillstand laut des Deutschen Reanimationsregisters durch den Rettungsdienst reanimiert worden. Rund 30 % erreichten ein Krankenhaus mit wiederhergestelltem Spontankreislauf, nur 11 % konnten entlassen werden [1]. Auch in den USA ist die Inzidenz mit etwa 350.000 Fällen pro Jahr hoch, die Überlebensrate bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus mit < 10 % niedrig [2], insbesondere wenn die Wiederbelebungsmaßnahmen verlängert werden [3-6]. Noch geringer ist die Rate an Überlebenden mit einem günstigen neurologischen und funktionellen Outcome. Auch von den rund 200.000 Patienten mit Herzkreislaufstillstand im Krankenhaus überleben in den USA bis zur Entlassung maximal 26 % [7-9].
eCPR als Überbrückungsmaßnahme
Um diese Ergebnisse zu verbessern, werden als Ergänzung zur konventionellen kardiopulmonalen Reanimation (CPR) immer häufiger extrakorporale Techniken eingesetzt. Die europäischen Leitlinien empfehlen 2021 erstmals die extrakorporale kardiopulmonale Reanimation (eCPR) als möglichen Rettungsversuch für ausgewählte Patienten, in denen sich ein Spontankreislauf mittels konventioneller CPR nicht wiederherstellen lässt und eine behandelbare Ursache des Kreislaufstillstands vermutet wird [10,11]. Zum Indikationsspektrum zählen Herzinfarkt, Lungenembolie, akzidentielle Hypothermie, Intoxikationen mit herzwirksamen Substanzen und akute Hypoxie.
Die eCPR ist eine venoarterielle extrakorporale Membranoxygenierung (vaECMO), die im therapierefraktären Kreislaufstillstand etabliert wird [12]. Dafür wird Blut aus der Vena cava entnommen, durch eine Membranlunge gepumpt und durch eine Arterie zurückgeführt. Die eCPR soll die Perfusion lebenswichtiger Organe wie Gehirn und Herz bis zur Wiedererlangung eines Spontankreislaufs gewährleisten und den Patienten für Eingriffe zur Behebung der Ursache des Herzstillstands stabilisieren. Die eCPR stellt damit eine Überbrückungsmaßnahme bis zur Diagnostik und Therapie dar oder um dem Körper Zeit zur Genesung zu geben.
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Deutliche Vorteile gegenüber der konventionellen Reanimation
Die eCPR kann gegenüber der konventionellen CPR die Überlebenschancen sowie die neurologische und funktionelle Erholung bei außerklinischen Herzstillständen verbessern, wenn sie im Rahmen gut koordinierter Gesundheitssysteme durchgeführt wird. Die jüngsten randomisierten, kontrollierten Studien liefern starke Beweise.
Die ARREST-Studie zeigte bereits nach 30 Patienten mit therapierefraktärem Kammerflimmern ein mit rund 43 % deutlich verbessertes neurologisches Überleben. Die konventionelle CPR nur rund 7 %. Die Studie wurde daraufhin frühzeitig beendet [14].
In einer kürzlich erschienenen Veröffentlichung konnte die neurologische Genesung um 13 % statistisch signifikant verbessert werden (31 % vs. 18 %). Die Patienten wurden während des Herzkreislaufstillstands sofort transportiert, eCPR im Krankenhaus durchgeführt und eine rasche invasive Untersuchung und Behandlung vorgenommen. Ebenso besser, aber statistisch nicht signifikant, war die um 10 % höhere Überlebensrate im Vergleich zur konventionellen CPR (32 % vs. 22 %) [15].
Patienten mit akzidentieller Hypothermie profitieren mit neurologisch guten Überlebensraten von knapp 90 % besonders [16,17]. Darüber hinaus zeigen eine Vielzahl von Studien und Analysen [18-24] ein verbessertes Überleben bei kardialem Kreislaufstillstand. Ähnlich positive Ergebnisse erzielt die eCPR bei Herzkreislaufstillstand im Krankenhaus [26,27].
Angesichts der Häufigkeit von unerwarteten Herzstillständen könnten selbst geringe Steigerungen der Überlebensraten mit neurologischer oder funktioneller Wiederherstellung den erweiterten Einsatz der eCPR rechtfertigen, sofern diese ergänzend zu einer hochqualitativen konventionellen CPR eingesetzt wird. So die Schlussfolgerung einer aktuellen Übersichtsarbeit [13].
Viel diskutiert: Wann, Wer und Wie?
Laut aktueller Evidenzlage ist der Nutzen einer eCPR bei therapierefraktärem Herzkreislaufstillstand abhängig vom frühestmöglichen Einsatz, einer gezielten Patientenidentifikation und einem gut organisierten und geschulten präklinischem System, das mit einem spezialisierten eCPR-Zentrum verbunden ist.
Für neurologisch gutes Überleben ist die Zeitspanne vom Kreislaufstillstand bis zur eCPR eine der wichtigsten Determinanten, da dessen Wahrscheinlichkeit mit zunehmender Dauer der konventionellen CPR sinkt. Der optimale Zeitpunkt zum Start der eCPR ist bis dato noch unklar, wird aber bei außerklinischem Herzkreislaufstillstand mit einer 30-minütigen Reanimationsdauer angenommen [25].
Laut Fachgesellschaften sollte die eCPR innerhalb von 60 min nach Herzkreislaufstillstand etabliert werden [10,11]. Unter bestimmten Bedingungen kann ein neurologisch gutes Überleben aber auch nach > 60 min erreicht werden [18].
Da jede Minute zählt, sollte eine konsequente „Load-and-Go“-Strategie mit frühzeitiger Patientenselektion und zügigem Transport unter mechanischer CPR in ein eCPR-Zentrum verfolgt werden. Alternativ kann die eCPR auch präklinisch zum Einsatz gebracht werden. Evidente Selektionskriterien beinhalten neben Patientenalter und Gesundheitszustand beispielsweise beobachteter Kreislaufstillstand, Start der Reanimationsmaßnahmen in < 5 min, schockbarer Erstrhythmus, Lebenszeichen während konventioneller Reanimation, anhaltendes Kammerflimmern oder intermittierende Phasen von Spontankreislauf [25].
Die Überlebenschancen steigen deutlich, wenn Patienten im Anschluss an die Reanimation vor Ort in spezialisierten Kliniken, sogenannten Cardiac Arrest Centern (CAC), weiterbehandelt werden. Diese sollten neben einem interdisziplinären Team aus Kardiologen, Intensivmedizinern, Neurologen, Unfallchirurgen und bestimmten technischen Voraussetzungen auch strukturelle Gegebenheiten wie zum Beispiel die Vorhaltung einer geeigneten Notaufnahmeeinrichtung oder die 24/7 Verfügbarkeit vorhalten [10]. Das Programm des Minnesota Mobile Resuscitation Consortium, in dem Patienten zunächst in eines von 3 nahe gelegenen Krankenhäuser mit 24/7 Verfügbarkeit von eCPR und Koronarangiographie gebracht und danach in ein CAC verlegt wurden, konnte eine neurologisch vorteilhafte Überlebensrate von 43 % zeigen [28].
Wo wir heute stehen
Die Kombination aus hochwertiger konventioneller CPR und eCPR für Patienten ohne Wiedererlangung eines Spontankreislaufs innerhalb eines adäquaten Zeitrahmens hat das Potenzial, das kurzfristige Überleben und damit auch die langfristigen neurologischen und funktionellen Ergebnisse zu verbessern. Derzeit gibt es genügend Daten, um die Einleitung der eCPR bei ausgewählten Personen mit reversiblen Ursachen des Herzstillstands zu unterstützen [13]. Dies setzt voraus, dass das Gesundheitssystem, in dem die eCPR angeboten wird, den Eingriff effizient und effektiv durchführen kann. Die beste eCPR-Strategie muss noch gefunden werden und wird sich vermutlich entsprechend der Gegebenheiten des jeweiligen Krankenhauses und der Versorgungsregion unterscheiden [25]. Die aktuelle und zukünftige Forschung wird dieses Bild weiter verfeinern.