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Erschienen in: Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 8/2017

Open Access 29.06.2017 | Leitthema

Änderungen des Arzneimittelgesetzes durch die EU-Verordnung zu klinischen Prüfungen

verfasst von: Lars Nickel, Yvonne Seibel, Marion Frech, PD Dr. Thomas Sudhop

Erschienen in: Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz | Ausgabe 8/2017

Zusammenfassung

Mit Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG wurden Änderungen am nationalen Arzneimittelrecht erforderlich. Diese betreffen im Wesentlichen den 6. Abschnitt des Arzneimittelgesetzes (AMG) und den Wegfall der GCP-Verordnung für die klinischen Prüfungen, die zukünftig unter die neue Verordnung fallen. Mit den bereits im Dezember 2016 in Kraft getretenen §§ 41a, 41b und 41c werden das Registrierungsverfahren, die Verfahrensordnung und der Geschäftsverteilungsplan geregelt, nach dem zukünftig die Zuständigkeit der registrierten Ethikkommissionen für die einzelnen Verfahren festgelegt und die Zusammenarbeit mit den Bundesoberbehörden geregelt wird. Alle anderen Änderungen im 6. Abschnitt treten erst mit dem Geltungsdatum der Verordnung – voraussichtlich im 4. Quartal 2018 – in Kraft. Ergänzend zu den Vorschriften der Verordnung regelt § 40a AMG zukünftig die allgemeinen Voraussetzungen – insbesondere die grundsätzliche Verfahrensweise bei der Zusammenarbeit von Bundesoberbehörde und Ethikkommission. § 40b AMG beinhaltet die besonderen Voraussetzungen für klinische Prüfungen und enthält insbesondere die Bestimmungen zur Einwilligung und Aufklärung im Rahmen klinischer Prüfungen an Minderjährigen und an nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen. Weitere Regelungen betreffen u. a. die Aufnahme bisheriger Vorschriften der GCP-Verordnung in das AMG und Anpassungen der Meldeverpflichtungen im Rahmen klinischer Prüfungen im AMG.

Einleitung

Änderungen am nationalen Arzneimittelrecht wurden erforderlich mit Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG [1] (EU-Verordnung). Obwohl als europäische Verordnung in allen Mitgliedstaaten der EU in allen Teilen verbindlich und unmittelbar geltendes Recht, war neben der Aufhebung bereits in der EU-Verordnung festgelegter oder ihr entgegenstehender Regelungen auch die Einführung neuer nationaler Bestimmungen erforderlich. Zum einen gesteht die EU-Verordnung den Mitgliedstaaten in einzelnen Punkten nationalen Regelungsspielraum zu, zum anderen bedurfte es noch Durchführungsbestimmungen für die Anwendung der EU-Verordnung.
Die notwendigen Änderungen erfolgten durch das „Vierte Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ (4. AMG-Änderungsgesetz, 4. AMG-ÄndG) [2], das teilweise am 24. Dezember 2016 in Kraft getreten ist. Das 4. AMG-ÄndG sieht neben der Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG) u. a. auch die dadurch bedingten Änderungen der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung, der Verordnung über radioaktive oder mit ionisierenden Strahlen behandelte Arzneimittel, der DIMDI-Arzneimittelverordnung und der Apothekenbetriebsordnung sowie die Aufhebung der GCP-Verordnung (Verordnung über die Anwendung der Guten Klinischen Praxis bei klinischen Prüfungen), die der EU-Verordnung unterliegen, vor.

Änderungen im AMG

Zeitlicher Ablauf

Obwohl die EU-Verordnung bereits am 16. Juni 2014 in Kraft trat, gilt sie gemäß Artikel 99 erst 6 Monate nach Veröffentlichung der Mitteilung der Europäischen Kommission über die Funktionsfähigkeit des EU-Portals und der Datenbank im Amtsblatt der EU. Nach jetziger Einschätzung wird dies voraussichtlich erst 2018 der Fall sein. Dennoch waren bereits jetzt nationale rechtliche Voraussetzungen zu schaffen, die noch vor Geltung der EU-Verordnung Anwendung finden. Dies betrifft in erster Linie Verfahren zur zukünftigen Arbeit und Registrierung von Ethikkommissionen im Rahmen der Bewertung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln am Menschen. Diese sind u. a. in den neu eingeführten §§ 41a, 41b und 41c AMG geregelt und bereits am 24. Dezember 2016 in Kraft getreten. Alle anderen Regelungen im AMG zur Umsetzung der EU-Verordnung sind an das Geltungsdatum der Verordnung gebunden und treten mit ihrem Geltungsdatum bzw. ggf. nach Ablauf der Übergangszeit in Kraft und sind zur Unterscheidung nachfolgend mit AMG n. F. (neue Fassung) bezeichnet. Nach Art. 13 Abs. 4 des 4. AMG-ÄndG tritt zu diesem Zeitpunkt die GCP-Verordnung für diejenigen klinischen Prüfungen außer Kraft, die unter die EU-Verordnung fallen. Für klinische Prüfungen mit Blut- und Gewebezubereitungen, für die die EU-Verordnung nicht zutrifft, bleibt das AMG gemäß § 148 Abs. 3 AMG n. F. bis zum 23. Dezember 2024 in der bisherigen Fassung gültig, ebenso wie die GCP-Verordnung.

Gesetzliche Neuregelungen mit direktem Bezug auf die klinische Prüfung von Arzneimitteln

Tab. 1 zeigt die Änderungen des Arzneimittelgesetzes durch das 4. AMG-ÄndG mit direktem Bezug auf die klinische Prüfung von Arzneimitteln.
Tab. 1
Zukünftige Änderungen des Arzneimittelgesetzes durch das 4. AMG-Änderungsgesetz mit direktem Bezug auf die Klinische Prüfung von Arzneimitteln
Erster Abschnitt – Zweck des Gesetzes und Begriffsbestimmungen, Anwendungsbereich
§ 4 Abs. 23 Klinische Prüfung und nichtinterventionelle Studie
§ 4 Abs. 24 Sponsor
§ 4 Abs. 25 Prüfer und Hauptprüfer
§ 4 Abs. 42 EU-Portal
Zweiter Abschnitt – Anforderungen an die Arzneimittel
§ 10a Kennzeichnung von Prüf- und Hilfspräparaten für klinische Prüfungen bei Menschen
§ 12 Ermächtigung für die Kennzeichnung, die Packungsbeilage und die Packungsgrößen
Dritter Abschnitt – Herstellung von Arzneimitteln
§ 13 Herstellungserlaubnis
Vierter Abschnitt – Zulassung der Arzneimittel
§ 33 Gebühren und Auslagen
Sechster Abschnitt – Schutz des Menschen bei der klinischen Prüfung
§ 40 Verfahren zur Genehmigung einer klinischen Prüfung
§ 40a Allgemeine Voraussetzungen für die klinische Prüfung
§ 40b Besondere Voraussetzungen für die klinische Prüfung
§ 40c Verfahren bei Hinzufügung eines Mitgliedstaates, bei Änderungen sowie bei Bewertungsverfahren
§ 40d Besondere Pflichten des Prüfers, des Sponsors und der zuständigen Bundesoberbehörde
§ 41 Stellungnahme der Ethik-Kommission
§ 41a Registrierungsverfahren für Ethik-Kommissionena
§ 41b Verfahrensordnung und Geschäftsverteilungsplana
§ 41c Verordnungsermächtigunga
§ 42 Korrekturmaßnahmen
§ 42a Datenschutz
§ 42b Veröffentlichung der Ergebnisse klinischer Prüfungen
§ 42c Inspektionen
Elfter Abschnitt – Überwachung
§ 67 Allgemeine Anzeigepflicht
Dreizehnter Abschnitt – Einfuhr und Ausfuhr
§ 72 Einfuhrerlaubnis
§ 72a Zertifikate
§ 73 Verbringungsverbot
Siebzehnter Abschnitt – Straf- und Bußgeldvorschriften
§ 96 Strafvorschriften
§ 97 Bußgeldvorschriften
Achtzehnter Abschnitt – Überleitungs- und Übergangsvorschriften
§ 148 Übergangsvorschrift aus Anlass des Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften
aBereits am 24. Dezember 2016 in Kraft getreten

Änderungen im ersten Abschnitt

Die Änderungen der Begriffsbestimmungen in § 4 AMG n. F. betreffen die Definitionen der „klinischen Prüfung“ und deren Abgrenzung zur „nichtinterventionellen Studie“, zudem die Definitionen der Begriffe „Sponsor“, „Prüfer“ und „Hauptprüfer“ sowie des „EU-Portals“. Zur Definition der „klinischen Prüfung“ verweist § 4 Abs. 23 AMG n. F. unmittelbar auf die Definition in Artikel 2 Abs. 2 der EU-Verordnung. Gleiches gilt für die Definition der „nichtinterventionellen Studie“. Der Begriff der „nichtinterventionellen Prüfung“ fällt zukünftig weg. Durch die Neukonstruktion des Begriffs der „nichtinterventionellen Studie“, der im Gegensatz zum bisherigen Begriff der „nichtinterventionellen Prüfung“ keinen Bezug zum Zulassungsstatus der zu untersuchenden Arzneimittel hat, sind zukünftig nichtinterventionelle Studien mit zugelassenen Arzneimitteln auch außerhalb ihrer Zulassungsbedingungen (Off-Label-Use) möglich.
Auch die bisher schon im AMG enthaltenen Definitionen von „Sponsor“ und „Prüfer“ werden zukünftig durch den direkten Bezug auf die Definitionen in Artikel 2 Abs. 2 der EU-Verordnung ersetzt. Sponsor ist danach eine natürliche oder juristische Person, die die Verantwortung für die Einleitung, das Management und die Aufstellung der Finanzierung einer klinischen Prüfung übernimmt. Als Prüfer wird eine für die Durchführung einer klinischen Prüfung an einer Prüfstelle verantwortliche Person bezeichnet. Der mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften [3] entfallene „Hauptprüfer“ wird wieder eingeführt und bezeichnet entsprechend der Definition in Artikel 2 Abs. 2 der EU-Verordnung den Prüfer, der verantwortlich ein Prüferteam an einer Prüfstelle leitet. Mit dem neu eingeführten § 4 Abs. 42 AMG n. F. wird Bezug auf das EU-Portal gemäß Artikel 80 der EU-Verordnung genommen.
Als letzte Änderung im ersten Abschnitt wird in § 12 Abs. 1b Nr. 2 AMG n. F. klargestellt, dass § 5 der GCP-Verordnung zukünftig nur noch für jene Prüfpräparate gilt, die nicht der EU-Verordnung unterliegen (Blut- und Gewebezubereitungen).

Änderungen im zweiten bis vierten Abschnitt

Mit dem neu eingeführten § 10a AMG n. F. werden die bisher in § 5 der GCP-Verordnung geregelten Kennzeichnungsvorschriften von Prüf- und Hilfspräparaten für klinische Prüfungen in das AMG überführt. Die Kennzeichnung dieser Präparate muss mindestens in deutscher Sprache erfolgen. Sofern die Präparate in weiteren Sprachen gekennzeichnet werden, dürfen sich keine inhaltlichen Unterschiede zur deutschen Kennzeichnung ergeben. Diese Regelungen entsprechen damit inhaltlich den derzeitigen Regelungen des § 5 der GCP-Verordnung. Die Regelungen zur Herstellungserlaubnis in § 13 AMG n. F. werden ebenfalls an die EU-Verordnung angepasst. Die derzeitigen Vorschriften zur Rekonstitution und zum Abpacken einschließlich der Kennzeichnung von Prüfpräparaten werden auf diejenigen klinischen Prüfungen eingeschränkt, auf die zukünftig die EU-Verordnung keine Anwendung findet (Blut- und Gewebezubereitungen). Für alle anderen klinischen Prüfungen verweist § 13 Abs. 2 AMG n. F. auf die entsprechenden Ausnahmen von der Herstellungserlaubnispflicht für Apotheken für die in Artikel 61 Abs. 5 der EU-Verordnung vorgesehenen Tätigkeiten (u. a. Umpacken und Umetikettieren von Prüfpräparaten).
Mit dem neuen Bezug auf die EU-Verordnung in § 33 Abs. 1 AMG n. F. werden die Voraussetzungen für eine Gebührenerhebung für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen aufgrund der EU-Verordnung geschaffen.

Änderungen im sechsten Abschnitt

Der sechste Abschnitt „Schutz des Menschen bei der klinischen Prüfung“ wird durch das 4. Änderungsgesetz mit Ausnahme des § 42b AMG nahezu vollständig neugefasst und von bisher 5 auf zukünftig 13 Paragrafen deutlich erweitert.
Für das Genehmigungsverfahren wird grundsätzlich festgehalten am Prinzip der Bewertung durch die nach § 77 AMG Abs. 1 und 2 zuständige Bundesoberbehörde (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte [BfArM] oder Paul-Ehrlich-Institut [PEI], in Abhängigkeit von der Art der Prüfpräparate) und einer zuständigen nach Landesrecht gebildeten Ethikkommission (nachfolgend als „Ethikkommission“ bezeichnet). Aufgegeben wird jedoch die vormals strikte Trennung zwischen dem behördlichem Genehmigungsverfahren und dem zustimmenden Bewertungsverfahren bei den Ethikkommissionen. Nicht beibehalten wird auch das bisher bei multizentrischen Prüfungen obligate Verfahren der beteiligten Ethikkommissionen, die neben der zuständigen Ethikkommission jeweils zur Beurteilung der Eignung der Prüfzentren und Prüfer ihres Zuständigkeitsbereichs zu beteiligen waren. Der bei multizentrischen Prüfungen bisher erforderliche Leiter einer klinischen Prüfung ist in der EU-Verordnung nicht mehr vorgesehen. Damit entfällt bei multizentrischen Prüfungen zukünftig auch die Zuordnung der Zuständigkeit einer Ethikkommission anhand der Prüferzuständigkeit. Stattdessen wird die Zuständigkeit einer Ethikkommission anhand eines jährlich vorab aufgestellten Geschäftsverteilungsplans gemäß § 41b Abs. 2 festgelegt (s. Abschn. „§ 41, 41a, 41b, 41c – Verfahren bei der Ethikkommission“). Weitgehend beibehalten bleibt die Aufteilung der Zuständigkeiten von Bundesoberbehörde und/oder Ethikkommission für die Bewertung der jeweiligen Unterlagen des Antrags. Angepasst wir die Aufteilung der Inhalte des Bewertungsberichts auf Teil I und Teil II gemäß Artikel 6 bzw. 7 der EU-Verordnung (Tab. 2).
Tab. 2
Aufteilung der Inhalte des Bewertungsberichts in Teil I und II gemäß Artikel 6 und 7 der EU-Verordnung
Teil I (Artikel 6)
Teil II (Artikel 7)
Vorliegen einer minimalinterventionellen klinische Prüfung (sofern vom Sponsor beantragt)
Voraussetzungen für die Einwilligung nach Aufklärung
Erwarteter therapeutischer Nutzen und Nutzen für die öffentliche Gesundheit
Vorkehrungen für Vergütung oder Aufwandsentschädigung der Prüfungsteilnehmer und der Prüfer
Risiken und Nachteile für die Prüfungsteilnehmer
Datenschutzrechtliche Anforderungen
Erfüllung der Anforderungen an Herstellung und Einfuhr von Prüfpräparaten und Hilfspräparaten
Eignung der an der klinischen Prüfung mitwirkenden Personen
Erfüllung der Etikettierungsvorschriften
Eignung der Prüfstellen
Vollständigkeit und Angemessenheit der Prüferinformation
Schadensersatzregelungen
Bestimmungen über die Gewinnung, Lagerung und zukünftige Nutzung der vom Prüfungsteilnehmer genommenen biologischen Proben

§ 40 – Verfahren zur Genehmigung einer klinischen Prüfung

In § 40 AMG n. F. wird nun das neue Genehmigungsverfahren klinischer Prüfungen geregelt. Entsprechend der Vorgabe in Artikel 8 der EU-Verordnung, nur eine einzige Entscheidung pro Mitgliedstaat zu treffen, erteilt zukünftig die Bundesoberbehörde die Genehmigung als Voraussetzung für den Beginn einer klinischen Prüfung.
Der über das EU-Portal zu stellende Genehmigungsantrag darf in deutscher oder englischer Sprache eingereicht werden. Alle für die Prüfungsteilnehmer direkt bestimmten Unterlagen müssen jedoch auch zukünftig in deutscher Sprache eingereicht werden.
Validierung.
Grundsätzlich erfolgt die Validierung der Antragsunterlagen durch die Bundesoberbehörde. Dabei nimmt die Ethikkommission zu bestimmtem Aspekten Stellung, die in Teil I des Bewertungsberichts zu behandeln sind (Infobox 1). Die Bundesoberbehörde hat die Stellungnahme bei der Validierung maßgeblich zu berücksichtigen. Weicht sie vom Votum der Ethikkommission zur Validierung ab, so muss sie dies gegenüber der Ethikkommission schriftlich begründen. Bei der Validierung des Antrags hinsichtlich der Aspekte zu Teil II des Bewertungsberichts (Infobox 2) ist die Bundesoberbehörde an die Bewertung der Ethikkommission gebunden.
Inhaltliche Bewertung.
Die inhaltliche Bewertung des Teils I erfolgt durch die Bundesoberbehörde (Tab. 2). Die Ethikkommission nimmt dabei zu bestimmten Aspekten, die im Wesentlichen die Nutzen-Risiko-Bewertung und die Angemessenheit der Prüferinformation betreffen, Stellung (Infobox 1). Die Ethikkommission bewertet die Inhalte des Teils II eigenständig (Infobox 2). Die endgültige Entscheidung über die Genehmigung einer klinischen Prüfung übermittelt die Bundesoberbehörde über das EU-Portal an den Sponsor. Dabei ist die Bundesoberbehörde zu Teil II an den Bewertungsbericht der Ethikkommission gebunden. Weicht sie zu Teil I von der Stellungnahme der Ethikkommission ab, so muss sie die Ethikkommission in der Entscheidung benennen, das Ergebnis der Stellungnahme der Kommission wiedergeben und ihr Abweichen von dieser Stellungnahme begründen.
Diese Verfahren finden auch bei der Validierung und Bewertung von Anträgen gemäß Artikel 11 der EU-Verordnung Anwendung, die jeweils nur die in Teil I oder Teil II des Bewertungsberichts behandelten Aspekte umfassen, sowie für die Verfahren zur Genehmigung wesentlicher Änderungen.
Gebühren.
Die Gebührenerhebung für die Bewertung klinischer Prüfungen erfolgt insgesamt durch die Bundesoberbehörde und umfasst den Anteil der Ethikkommission nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 41b Abs. 1 AMG n. F.
Für die Genehmigung klinischer Prüfungen mit Prüfpräparaten, die aus einem gentechnisch veränderten Organismus oder einer Kombination von gentechnisch veränderten Organismen bestehen oder solche enthalten (klinische Prüfungen mit GMO), wurden die bisherigen Vorschriften zu den einzureichenden Unterlagen auf Basis von Artikel 90 der EU-Verordnung weitgehend unverändert übernommen (s. auch § 40d AMG n. F.).

§ 40a – Allgemeine Voraussetzungen für die klinische Prüfung

§ 40a AMG n. F. regelt zukünftig die allgemeinen Voraussetzungen für klinische Prüfungen ergänzend zu den Vorschriften der EU-Verordnung. Klinische Prüfungen, die nur in Deutschland und nicht in einem weiteren Mitgliedstaat durchgeführt werden, benötigen wie bisher einen Sponsor oder einen Vertreter des Sponsors mit Sitz in der EU bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum. Der Gesetzgeber hat von der in Artikel 74 Abs. 2 der EU-Verordnung vorgesehenen Möglichkeit eines Verzichts auf einen gesetzlichen Vertreter keinen Gebrauch gemacht. Das Verbot klinischer Prüfungen mit Personen, die auf richterliche oder behördliche Anordnung in einer Anstalt untergebracht sind, wird aufrechterhalten. Ebenso bleiben die bisherigen Regelungen zur Probandenversicherung einschließlich der bisherigen Regelungen in § 40 Abs. 1b AMG n. F. zum Wegfall der Versicherungspflicht inhaltlich bestehen. Sie werden auf minimalinterventionelle Prüfungen erweitert, sodass zukünftig auch bestimmte klinische Prüfungen, bei denen die Anwendung zugelassener Prüfpräparate im Off-Label-Use erfolgt, von der Versicherungspflicht befreit sind. Voraussetzung zur Befreiung ist jedoch weiterhin das Vorhandensein entsprechender anderweitiger Versicherungen bei Prüfer und Sponsor.

§ 40b – Besondere Voraussetzungen für die klinische Prüfung

§ 40b AMG n. F. regelt, ergänzend zu den Vorschriften in Artikel 29 der EU-Verordnung, die Einwilligung eines Prüfungsteilnehmers bzw. eines gesetzlichen Vertreters, wenn der Teilnehmer nicht in der Lage ist, die Einwilligung nach der Aufklärung zu erteilen. Die Aufklärung, die einer Einwilligung stets vorausgehen muss, erfolgt im Rahmen eines Aufklärungsgespräches durch einen ärztlichen Prüfer oder ein Mitglied des Prüfungsteams, welches Arzt oder, bei zahnmedizinischen Prüfungen, Zahnarzt ist.
Minderjährige.
Ein Minderjähriger, der in der Lage ist die relevanten Informationen einer klinischen Prüfung zu verstehen und sich eine Meinung dazu zu bilden, darf nur dann in eine klinische Prüfung eingeschlossen werden, wenn neben der schriftlichen Einwilligung des gesetzlichen Vertreters nach Aufklärung auch die Einwilligung des Minderjährigen selbst, nach Aufklärung, vorliegt. Bringt ein Minderjähriger oder Erwachsener, der nicht in der Lage ist, die relevanten Informationen einer klinischen Prüfung zu verstehen und sich eine Meinung dazu zu bilden, zum Ausdruck (direkt oder auf sonstige Weise), dass er nicht an der klinischen Prüfung teilnehmen will, muss dies vom Prüfer jederzeit beachtet werden.
Gruppennützige klinische Prüfungen mit nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen.
Ein nicht einwilligungsfähiger Erwachsener darf in eine ausschließlich gruppennützige (ihm selbst voraussichtlich nicht zugutekommende) klinische Prüfung im Sinne des Artikels 31 Abs. 1 lit. g Ziff. ii der EU-Verordnung nur dann eingeschlossen werden, wenn er noch im Zustand der Einwilligungsfähigkeit für den Fall seiner späteren Einwilligungsunfähigkeit schriftlich nach vorheriger ärztlicher Aufklärung festgelegt hat, dass er in bestimmte, zum Zeitpunkt dieser Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende gruppennützige klinische Prüfungen einwilligt. Im Falle der Nichteinwilligungsfähigkeit muss der Betreuer dieses Patienten prüfen, ob diese Festlegungen auf die jeweils aktuelle Situation zutreffen. Diese Erklärung kann jederzeit formlos widerrufen werden. Bei der ärztlichen Aufklärung im Rahmen dieser vorherigen Festlegung ist der Erwachsene über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände, insbesondere über das Wesen, die Ziele, den möglichen Nutzen, mögliche Folgen, Risiken und Nachteile solcher klinischen Prüfungen, aufzuklären. Die Aufklärung soll auch das jederzeitige Rücktrittsrecht, alternative Behandlungsmöglichkeiten und Nachsorgemaßnahmen umfassen. Minderjährige, für die nach Erreichen der Volljährigkeit die Regelungen für nicht einwilligungsfähige Erwachsene gelten würden, dürfen nicht in solche gruppennützigen klinischen Prüfungen eingeschlossen werden. Gruppennützige klinische Prüfungen mit Menschen, die seit ihrer Geburt oder Kindheit nicht einwilligungsfähig waren, bleiben damit in Deutschland weiterhin verboten.
Datenschutz und Kontaktstellen für Prüfungsteilnehmer.
Die Vorschriften zu den datenschutzrechtlichen Belangen wurden in § 40b AMG n. F. übernommen und entsprechen inhaltlich der bisherigen Rechtslage im sechsten Abschnitt des AMG. Die derzeit noch in § 40 Abs. 5 verankerten Kontaktstellen werden auch zukünftig bei den Bundesoberbehörden eingerichtet. Sie erteilen Prüfungsteilnehmern und – sofern erforderlich – ihren gesetzlichen Vertretern weitere Informationen.

§ 40c – Verfahren bei Hinzufügung eines Mitgliedstaates, bei Änderungen sowie bei Bewertungsverfahren

Die §§ 40–40b AMG n. F. gelten auch für die Verfahren zur späteren Hinzufügung eines weiteren betroffenen Mitgliedstaates (Artikel 14 der EU-Verordnung) und bei der Genehmigung wesentlicher Änderungen einer klinischen Prüfung (Artikel 15–24 der EU-Verordnung). Bei der Bewertung von Meldungen mutmaßlicher unerwarteter schwerwiegender Nebenwirkungen („suspected unexpected serious adverse reaction“, SUSAR) und Jahressicherheitsberichten wird die Ethikkommission in die Bewertung einbezogen. Bei klinischen Prüfungen mit GMO sind Änderungen, die geeignet sind, die Risikobewertung für die Gesundheit Dritter oder die Umwelt zu verändern, zuvor zur Genehmigung bei der Bundesoberbehörde mit Begründung zu beantragen.

§ 40d – Besondere Pflichten des Prüfers, des Sponsors und der zuständigen Bundesoberbehörde

Die Pflichten des Prüfers und des Sponsors bei klinischen Prüfungen mit GMO – insbesondere zum Schutz Dritter und der Umwelt (Drittrisiken) – werden inhaltlich aus der GCP-Verordnung in das AMG überführt.

§ 41, 41a, 41b, 41c – Verfahren bei der Ethikkommission

Die im Rahmen der inhaltlichen Bewertung zu Teil I eines Genehmigungsantrages durch die Ethikkommission abzugebende Stellungnahme muss ein klares Votum enthalten, ob die Kommission die Durchführung der klinischen Prüfung für vertretbar hält (Zustimmung), unter Auflagen für vertretbar hält oder die Vertretbarkeit der Durchführung ablehnt. Eine Zustimmung unter Auflagen ist nur möglich, wenn die Auflagen ihrer Art wegen zum Zeitpunkt der Genehmigung nicht erfüllt werden können (Artikel 8 der EU-Verordnung), was vermutlich nur bei einer sehr geringen Anzahl von klinischen Prüfungen der Fall sein wird. Die Bundesoberbehörde muss diese Stellungnahme bei der Entscheidung zu Teil I maßgeblich berücksichtigen. Weicht sie von diesem Votum ab, so muss sie dies gegenüber der Ethikkommission schriftlich begründen. Die Inhalte des Teils II werden ausschließlich von der Ethikkommission bewertet (§ 40 Abs. 5 AMG n. F.).
Die Regelungen für die Registrierung, die Verfahrensordnung und den Geschäftsverteilungsplan für die Ethikkommissionen wurden bereits mit Wirkung zum 24. Dezember 2016 in das AMG übernommen (§§ 41a, 41b und 41c AMG) um sicherzustellen, dass die erforderlichen Vorbereitungen bis zum Geltungsbeginn der EU-Verordnung abgeschlossen werden können.
Das Bundesministerium für Gesundheit wurde ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates eine Verfahrensordnung über die Zusammenarbeit der Bundesoberbehörden und Ethikkommissionen zu erstellen. In dieser werden insbesondere folgende Aspekte geregelt:
  • Einzelheiten des Registrierungsverfahrens für Ethikkommissionen (s. nächster Abschnitt),
  • Fristen für die Stellungnahmen der Ethikkommission,
  • aufwandabhängige Gebührensätze für die Ethikkommissionen sowie
  • Kriterien für den Geschäftsverteilungsplan der Ethikkommissionen.
Registrierungsverfahren für Ethikkommissionen.
Ethikkommissionen, die sich zukünftig am Genehmigungsverfahren klinischer Prüfungen beteiligen, müssen nach Landesrecht gebildet sein und sich zuvor beim BfArM registrieren lassen. Für die Registrierung beim BfArM, die im Einvernehmen mit dem PEI vorgenommen wird, müssen die Ethikkommissionen die in Tab. 3 aufgeführten Voraussetzungen erfüllen und nachweisen. Die Antragstellung erfolgt durch den jeweiligen Träger der Kommission. Sofern sich die Voraussetzungen für die Registrierung ändern, muss dies dem BfArM unverzüglich mitgeteilt werden. Wenn dem BfArM bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Registrierung nicht oder nicht mehr vorliegen oder ein Verstoß gegen die Verfahrensordnung (s. nächster Abschnitt) vorliegt, kann das BfArM im Einvernehmen mit dem PEI das Ruhen der Registrierung anordnen oder die Registrierung aufheben. Für den Fall, dass nicht genügend Ethikkommissionen registriert sind, um eine ordnungsgemäße Abwicklung der Verfahren der EU-Verordnung sicherzustellen, ist das Bundesministerium für Gesundheit in § 41c ermächtigt, durch Rechtsverordnung eine Bundes-Ethikkommission beim BfArM und PEI einzurichten, die die entsprechenden Aufgaben übernimmt.
Tab. 3
Voraussetzungen für die Registrierung beim BfArM von nach Landesrecht gebildeten Ethikkommissionen gemäß § 41a Absatz 3 AMGa
Nachweis der erforderlichen aktuellen wissenschaftlichen Expertise der Mitglieder und externen Sachverständigen
Nachweis, dass der Ethikkommission weibliche und männliche Mitglieder angehören. Bei der Auswahl der Mitglieder und externen Sachverständigen müssen Frauen und Männer mit dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe gleichermaßen berücksichtigt werden
Vorlage einer Geschäftsordnung. Diese muss verpflichtende Regelungen zur Arbeitsweise der Ethikkommission enthalten. Dazu gehören insbesondere Regelungen zur Geschäftsführung, zum Vorsitz, zur Vorbereitung von Beschlüssen, zur Beschlussfassung sowie zur Ehrenamtlichkeit und Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder und externen Sachverständigen
Geschäftsstelle mit Nachweis von hinreichend qualifizierten Personal für die Organisation der Aufgaben der Ethikkommission
Nachweis einer angemessenen sachlichen Ausstattung, die es ermöglicht, kurzfristig Abstimmungsverfahren durchzuführen und fristgerecht Stellungnahmen und Bewertungsberichte zu erstellen
Nachweis der Einholung von Unabhängigkeitserklärungen der beteiligten Mitglieder und externen Sachverständigen. Diese müssen bei jedem Antrag eingeholt werden und beinhalten, dass die Mitglieder und Sachverständigen keine finanziellen oder persönlichen Interessen haben, die Auswirkungen auf ihre Unparteilichkeit haben könnten
aBereits am 24. Dezember 2016 in Kraft getreten
Geschäftsverteilungsplan der Ethikkommissionen.
Der gemeinsame Geschäftsverteilungsplan dient der Zuordnung der jeweils zuständigen Ethikkommission für ein bestimmtes Verfahren. Alle bis zum 30. September 2017 beim BfArM registrierten Ethikkommissionen (oder eine von ihnen benannte Stelle) erlassen den gemeinsamen Geschäftsverteilungsplan bis zum 1. Januar 2018. Er wird jährlich zum 1. Januar aktualisiert, in besonderen Fällen auch zusätzlich aktualisiert und vom BfArM veröffentlicht.

§ 42 Korrekturmaßnahmen

Artikel 77 der EU-Verordnung ermächtigt die Mitgliedstaaten, Korrekturmaßnahmen für genehmigte klinische Prüfungen zu ergreifen. § 42 AMG n. F. präzisiert diese Maßnahmen. Die Bundesoberbehörde muss die Genehmigung einer klinischen Prüfung zurücknehmen, wenn ihr bekannt wird, dass die Voraussetzungen der EU-Verordnung oder die Voraussetzungen des § 40a oder des § 40b Abs. 2 bis 6 AMG n. F. bei der Erteilung der Genehmigung nicht vorlagen. Ersatzweise kann sie (§§ 41a, 41b und 41c AMG) das Ruhen der Genehmigung befristet anordnen. Sie muss die Genehmigung widerrufen, wenn ihr bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Genehmigung nicht mehr vorliegen. Die Genehmigung kann von der Bundesoberbehörde widerrufen werden, wenn die Gegebenheiten der klinischen Prüfung nicht mit den Angaben im Genehmigungsantrag übereinstimmen oder wenn Tatsachen Anlass zu Zweifeln an der Unbedenklichkeit oder der wissenschaftlichen Grundlage der klinischen Prüfung geben. Auch in diesen Fällen kann als milderes Mittel das Ruhen der Genehmigung befristet angeordnet werden. Wenn der Bundesoberbehörde im Rahmen ihrer Tätigkeit Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass die Voraussetzungen der EU-Verordnung oder des § 40a oder des § 40b Abs. 2 bis 6 AMG n. F. nicht mehr vorliegen, kann sie den Sponsor auffordern, bestimmte Aspekte der klinischen Prüfung zu ändern. In allen genannten Fällen – außer bei Gefahr im Verzug – nimmt die Ethikkommission vor der entsprechenden Entscheidung der Bundesoberbehörde Stellung. Die Bindungswirkung dieser Stellungnahme besteht analog zum Genehmigungsverfahren. Wie bisher dürfen klinische Prüfungen, deren Genehmigung ruht bzw. zurückgenommen oder widerrufen wurde, nicht fortgesetzt werden. Die zuständige Bundesoberbehörde kann darüber hinaus auch die sofortige Unterbrechung einer klinischen Prüfung anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen alle genannten Maßnahmen haben keine aufschiebende Wirkung.

§ 42a Datenschutz

Wie bisher müssen auch zukünftig alle personenbezogenen Daten, die in Meldungen vom Prüfer an den Sponsor oder vom Sponsor an die europäischen Behörden übermittelt werden, unter Verwendung des Identifizierungscodes des Prüfungsteilnehmers pseudonymisiert werden.

§ 42b Veröffentlichung der Ergebnisse klinischer Prüfungen

Da durch die EU-Verordnung zukünftig alle Ergebnisse klinischer Prüfungen, die nach dieser Verordnung genehmigt wurden, direkt durch die EU-Datenbank veröffentlicht werden, wird die bisherige Pflicht zur Veröffentlichung von Ergebnisberichten im AMG eingeschränkt, um Doppelmeldeverpflichtungen zu vermeiden. Zukünftig müssen pharmazeutische Unternehmer, die im Geltungsbereich des AMG ein zulassungspflichtiges Humanarzneimittel in Verkehr bringen, bei der Bundesoberbehörde nur noch Ergebnisberichte konfirmatorischer klinischer Prüfungen in Drittstaaten einreichen. Die Pflicht zur Einreichung von Ergebnisberichten für Sponsoren klinischer Prüfungen bei den Bundesoberbehörden entfällt zukünftig. Diese Verpflichtung besteht jedoch demnächst gegenüber dem EU-Portal bzw. der EU-Datenbank gemäß Artikel 37 der EU-Verordnung.

§ 42c Inspektionen

Mit dem Wegfall der GCP-Verordnung für klinische Prüfungen, die zukünftig der EU-Verordnung unterliegen, ist eine neue Rechtsgrundlage zur Durchführung von GCP-Inspektionen für diese klinischen Prüfungen erforderlich. Die bisherige Trennung der Zuständigkeit zwischen Landesbehörden und Bundesoberbehörden wird weitgehend unverändert beibehalten und nur den neuen Rechtsgrundlagen gemäß Artikel 52, 77 und 78 der EU-Verordnung angepasst.
Auf der Basis von Artikel 78 der EU-Verordnung werden durch die zuständige Bundesoberbehörde folgende Inspektionen durchgeführt:
1.
Inspektionen zur Überprüfung der Übereinstimmung der klinischen Prüfung mit
a)
den Angaben und Unterlagen der Genehmigung,
 
b)
den Angaben eines Zulassungsantrags für ein zentrales Zulassungsverfahren gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder
 
c)
den Unterlagen nach § 22 Abs. 2 Nr. 3 im Rahmen von dem AMG unterliegenden Zulassungsverfahren,
 
 
2.
Inspektionen in Drittstaaten,
 
3.
Inspektionen zur Überprüfung der Meldepflicht bei schwerwiegenden Verstößen gemäß Artikel 52 der EU-Verordnung sowie
 
4.
Inspektionen zur Entscheidung über Korrekturmaßnahmen gemäß Artikel 77 der EU-Verordnung, die die Genehmigung einer klinischen Prüfung betreffen.
 

Sonstige wesentliche Änderungen im AMG, die klinische Prüfungen betreffen

Im elften Abschnitt „Überwachung“ werden die auf den sechsten Abschnitt des AMG Bezug nehmenden Verweise angepasst. Weiterhin wird der „Leiter der klinischen Prüfung“ durch den Hauptprüfer und Prüfer ersetzt. Für klinische Prüfungen, die der EU-Verordnung unterliegen, entfallen zukünftig die Anzeigepflichten nach § 67 Abs. 1 bis 3 AMG n. F.; es gelten jedoch die deutlich weitergehenden Anzeigepflichten in Artikel 36–38 der EU-Verordnung. Für Prüfungen außerhalb des Anwendungsbereichs der EU-Verordnung bleibt die bisherige Anzeigepflicht nach Absatz 1 gegenüber der Landesbehörde für Betriebe und Einrichtungen, die Arzneimittel klinisch prüfen, weiterhin bestehen. Allerdings muss diese Anzeige nicht mehr für jede einzelne klinische Prüfung unter Angabe des Prüfers, seines Stellvertreters etc. vorgenommen werden. Die Anzeigepflicht nach § 67 für klinische Prüfungen bei Menschen gegenüber der Bundesoberbehörde entfällt zukünftig. Die Einfuhrvorschriften in den §§ 72, 72a und 73 werden auf Prüf- und Hilfspräparate in klinischen Prüfungen erweitert. Die Straf- und Ordnungswidrigkeitenvorschriften zu klinischen Prüfungen in §§ 96 und 97 AMG werden ebenfalls an die neuen Vorgaben der EU-Verordnung und des AMG angepasst.
Die Übergangsvorschriften, die sich an den Übergangsregelungen der EU-Verordnung orientieren, sind in § 148 aufgeführt. Für klinische Prüfungen, die vor Beginn des Geltungsdatums der EU-Verordnung begonnen werden, gilt eine 3‑jährige Übergangsfrist. Klinische Prüfungen, die innerhalb eines Jahres nach Geltungsdatum begonnen werden, unterliegen der Wahlfreiheit.
Infobox 1 Inhalte von Teil I des Bewertungsberichts, zu denen die Ethikkommission im Rahmen der Validierung und inhaltlichen Bewertung Stellung nimmt
  • Vorliegen einer minimalinterventionellen klinische Prüfung (sofern vom Sponsor beantragt) gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a der EU-Verordnung
  • Erwarteter therapeutischer Nutzen und Nutzen für die öffentliche Gesundheit gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i der EU-Verordnung
  • Risiken und Nachteile für die Prüfungsteilnehmer gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii der EU-Verordnung
  • Vollständigkeit und Angemessenheit der Prüferinformation gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e der EU-Verordnung
  • Auswirkungen auf die Gesundheit Dritter und die Umwelt bei Arzneimitteln aus gentechnisch veränderten Organismen (GMO) gemäß § 40a Satz 1 Nummer 4 AMG n. F.
  • Anforderungen zur vorherigen Festlegung im Rahmen ausschließlich gruppennütziger klinischer Prüfungen an nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen gemäß § 40b Absatz 4 Satz 3 AMG n. F.
Infobox 2 Inhalte von Teil II des Bewertungsberichts, zu denen die Ethikkommission im Rahmen der Validierung und inhaltlichen Bewertung Stellung nimmt
  • Voraussetzungen für die Einwilligung nach Aufklärung gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der EU-Verordnung
  • Vergütung oder Aufwandsentschädigung der Prüfungsteilnehmer und der Prüfer gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der EU-Verordnung
  • Rekrutierung von Prüfungsteilnehmern gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der EU-Verordnung
  • Datenschutzrechtliche Anforderungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d der EU-Verordnung in Verbindung mit § 40b Absatz 6 AMG n. F.
  • Eignung der an der klinischen Prüfung mitwirkenden Personen in Übereinstimmung mit Artikel 49 der EU-Verordnung
  • Eignung der Prüfstellen in Übereinstimmung mit Artikel 50 der EU-Verordnung in Verbindung mit § 40a Satz 1 Nummer 5 AMG n. F.
  • Angemessenheit der Schadensersatzregelungen bzw. Versicherung in Übereinstimmung mit Artikel 76 der EU-Verordnung in Verbindung mit § 40a Satz 1 Nummer 3 und Satz 2 und 3 AMG n. F.
  • Bestimmungen über die Gewinnung, Lagerung und zukünftige Nutzung der vom Prüfungsteilnehmer genommenen biologischen Proben gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe h der EU-Verordnung
  • Ausschluss von Personen, die auf gerichtliche oder behördliche Anordnung in einer Anstalt untergebracht sind, gemäß § 40a Satz 1 Nummer 2 AMG n. F.
  • Aufklärungsmodalitäten durch einen (zahn-)ärztlichen Prüfer gemäß § 40b Absatz 2 AMG n. F.
  • Aufklärungsmodalitäten bei minderjährigen Prüfungsteilnehmern gemäß § 40b Absatz 3 Satz 1 AMG n. F.
  • Voraussetzungen für die Teilnahme von nichteinwilligungsfähigen Personen gemäß Artikel 31 Absatz 1 und 3 der EU-Verordnung in Verbindung mit § 40b Absatz 4 Satz 1 und 9 AMG n. F.
  • Voraussetzungen für klinische Prüfungen in Notfallsituationen gemäß § 40b Absatz 5 AMG n. F.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

L. Nickel und Y. Seibel haben als Bedienstete des Bundesministeriums für Gesundheit das 4. AMG-Änderungsgesetz maßgeblich formuliert. M. Frech und T. Sudhop sind als Bedienstete des Paul-Ehrlich-Instituts bzw. des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an der behördlichen Umsetzung der neuen Regularien beteiligt.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.

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Literatur
1.
Zurück zum Zitat Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (ABl. L 158 vom 27.05.2014, S. 1) Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (ABl. L 158 vom 27.05.2014, S. 1)
2.
Zurück zum Zitat Viertes Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I, S. 3048) Viertes Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I, S. 3048)
3.
Zurück zum Zitat Zweites Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Okt. 2012 (BGBl. I S. 2192); zuletzt geändert durch Artikel 12a G. v. 20. Dez. 2016 (BGBl. I S. 3048) Zweites Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Okt. 2012 (BGBl. I S. 2192); zuletzt geändert durch Artikel 12a G. v. 20. Dez. 2016 (BGBl. I S. 3048)
Metadaten
Titel
Änderungen des Arzneimittelgesetzes durch die EU-Verordnung zu klinischen Prüfungen
verfasst von
Lars Nickel
Yvonne Seibel
Marion Frech
PD Dr. Thomas Sudhop
Publikationsdatum
29.06.2017
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz / Ausgabe 8/2017
Print ISSN: 1436-9990
Elektronische ISSN: 1437-1588
DOI
https://doi.org/10.1007/s00103-017-2574-1

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