Zeitlicher Ablauf
Obwohl die EU-Verordnung bereits am 16. Juni 2014 in Kraft trat, gilt sie gemäß Artikel 99 erst 6 Monate nach Veröffentlichung der Mitteilung der Europäischen Kommission über die Funktionsfähigkeit des EU-Portals und der Datenbank im Amtsblatt der EU. Nach jetziger Einschätzung wird dies voraussichtlich erst 2018 der Fall sein. Dennoch waren bereits jetzt nationale rechtliche Voraussetzungen zu schaffen, die noch vor Geltung der EU-Verordnung Anwendung finden. Dies betrifft in erster Linie Verfahren zur zukünftigen Arbeit und Registrierung von Ethikkommissionen im Rahmen der Bewertung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln am Menschen. Diese sind u. a. in den neu eingeführten §§ 41a, 41b und 41c AMG geregelt und bereits am 24. Dezember 2016 in Kraft getreten. Alle anderen Regelungen im AMG zur Umsetzung der EU-Verordnung sind an das Geltungsdatum der Verordnung gebunden und treten mit ihrem Geltungsdatum bzw. ggf. nach Ablauf der Übergangszeit in Kraft und sind zur Unterscheidung nachfolgend mit AMG n. F. (neue Fassung) bezeichnet. Nach Art. 13 Abs. 4 des 4. AMG-ÄndG tritt zu diesem Zeitpunkt die GCP-Verordnung für diejenigen klinischen Prüfungen außer Kraft, die unter die EU-Verordnung fallen. Für klinische Prüfungen mit Blut- und Gewebezubereitungen, für die die EU-Verordnung nicht zutrifft, bleibt das AMG gemäß § 148 Abs. 3 AMG n. F. bis zum 23. Dezember 2024 in der bisherigen Fassung gültig, ebenso wie die GCP-Verordnung.
Gesetzliche Neuregelungen mit direktem Bezug auf die klinische Prüfung von Arzneimitteln
Tab.
1 zeigt die Änderungen des Arzneimittelgesetzes durch das 4. AMG-ÄndG mit direktem Bezug auf die klinische Prüfung von Arzneimitteln.
Tab. 1
Zukünftige Änderungen des Arzneimittelgesetzes durch das 4. AMG-Änderungsgesetz mit direktem Bezug auf die Klinische Prüfung von Arzneimitteln
Erster Abschnitt – Zweck des Gesetzes und Begriffsbestimmungen, Anwendungsbereich
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§ 4 Abs. 23 Klinische Prüfung und nichtinterventionelle Studie |
§ 4 Abs. 24 Sponsor |
§ 4 Abs. 25 Prüfer und Hauptprüfer |
§ 4 Abs. 42 EU-Portal |
Zweiter Abschnitt – Anforderungen an die Arzneimittel
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§ 10a Kennzeichnung von Prüf- und Hilfspräparaten für klinische Prüfungen bei Menschen |
§ 12 Ermächtigung für die Kennzeichnung, die Packungsbeilage und die Packungsgrößen |
Dritter Abschnitt – Herstellung von Arzneimitteln
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§ 13 Herstellungserlaubnis |
Vierter Abschnitt – Zulassung der Arzneimittel
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§ 33 Gebühren und Auslagen |
Sechster Abschnitt – Schutz des Menschen bei der klinischen Prüfung
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§ 40 Verfahren zur Genehmigung einer klinischen Prüfung |
§ 40a Allgemeine Voraussetzungen für die klinische Prüfung |
§ 40b Besondere Voraussetzungen für die klinische Prüfung |
§ 40c Verfahren bei Hinzufügung eines Mitgliedstaates, bei Änderungen sowie bei Bewertungsverfahren |
§ 40d Besondere Pflichten des Prüfers, des Sponsors und der zuständigen Bundesoberbehörde |
§ 41 Stellungnahme der Ethik-Kommission |
§ 41a Registrierungsverfahren für Ethik-Kommissionena
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§ 41b Verfahrensordnung und Geschäftsverteilungsplana
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§ 41c Verordnungsermächtigunga
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§ 42 Korrekturmaßnahmen |
§ 42a Datenschutz |
§ 42b Veröffentlichung der Ergebnisse klinischer Prüfungen |
§ 42c Inspektionen |
Elfter Abschnitt – Überwachung
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§ 67 Allgemeine Anzeigepflicht |
Dreizehnter Abschnitt – Einfuhr und Ausfuhr
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§ 72 Einfuhrerlaubnis |
§ 72a Zertifikate |
§ 73 Verbringungsverbot |
Siebzehnter Abschnitt – Straf- und Bußgeldvorschriften
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§ 96 Strafvorschriften |
§ 97 Bußgeldvorschriften |
Achtzehnter Abschnitt – Überleitungs- und Übergangsvorschriften
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§ 148 Übergangsvorschrift aus Anlass des Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften |
Änderungen im ersten Abschnitt
Die Änderungen der Begriffsbestimmungen in § 4 AMG n. F. betreffen die Definitionen der „klinischen Prüfung“ und deren Abgrenzung zur „nichtinterventionellen Studie“, zudem die Definitionen der Begriffe „Sponsor“, „Prüfer“ und „Hauptprüfer“ sowie des „EU-Portals“. Zur Definition der „klinischen Prüfung“ verweist § 4 Abs. 23 AMG n. F. unmittelbar auf die Definition in Artikel 2 Abs. 2 der EU-Verordnung. Gleiches gilt für die Definition der „nichtinterventionellen Studie“. Der Begriff der „nichtinterventionellen Prüfung“ fällt zukünftig weg. Durch die Neukonstruktion des Begriffs der „nichtinterventionellen Studie“, der im Gegensatz zum bisherigen Begriff der „nichtinterventionellen Prüfung“ keinen Bezug zum Zulassungsstatus der zu untersuchenden Arzneimittel hat, sind zukünftig nichtinterventionelle Studien mit zugelassenen Arzneimitteln auch außerhalb ihrer Zulassungsbedingungen (Off-Label-Use) möglich.
Auch die bisher schon im AMG enthaltenen Definitionen von „Sponsor“ und „Prüfer“ werden zukünftig durch den direkten Bezug auf die Definitionen in Artikel 2 Abs. 2 der EU-Verordnung ersetzt. Sponsor ist danach eine natürliche oder juristische Person, die die Verantwortung für die Einleitung, das Management und die Aufstellung der Finanzierung einer klinischen Prüfung übernimmt. Als Prüfer wird eine für die Durchführung einer klinischen Prüfung an einer Prüfstelle verantwortliche Person bezeichnet. Der mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften [
3] entfallene „Hauptprüfer“ wird wieder eingeführt und bezeichnet entsprechend der Definition in Artikel 2 Abs. 2 der EU-Verordnung den Prüfer, der verantwortlich ein Prüferteam an einer Prüfstelle leitet. Mit dem neu eingeführten § 4 Abs. 42 AMG n. F. wird Bezug auf das EU-Portal gemäß Artikel 80 der EU-Verordnung genommen.
Als letzte Änderung im ersten Abschnitt wird in § 12 Abs. 1b Nr. 2 AMG n. F. klargestellt, dass § 5 der GCP-Verordnung zukünftig nur noch für jene Prüfpräparate gilt, die nicht der EU-Verordnung unterliegen (Blut- und Gewebezubereitungen).
Änderungen im zweiten bis vierten Abschnitt
Mit dem neu eingeführten § 10a AMG n. F. werden die bisher in § 5 der GCP-Verordnung geregelten Kennzeichnungsvorschriften von Prüf- und Hilfspräparaten für klinische Prüfungen in das AMG überführt. Die Kennzeichnung dieser Präparate muss mindestens in deutscher Sprache erfolgen. Sofern die Präparate in weiteren Sprachen gekennzeichnet werden, dürfen sich keine inhaltlichen Unterschiede zur deutschen Kennzeichnung ergeben. Diese Regelungen entsprechen damit inhaltlich den derzeitigen Regelungen des § 5 der GCP-Verordnung. Die Regelungen zur Herstellungserlaubnis in § 13 AMG n. F. werden ebenfalls an die EU-Verordnung angepasst. Die derzeitigen Vorschriften zur Rekonstitution und zum Abpacken einschließlich der Kennzeichnung von Prüfpräparaten werden auf diejenigen klinischen Prüfungen eingeschränkt, auf die zukünftig die EU-Verordnung keine Anwendung findet (Blut- und Gewebezubereitungen). Für alle anderen klinischen Prüfungen verweist § 13 Abs. 2 AMG n. F. auf die entsprechenden Ausnahmen von der Herstellungserlaubnispflicht für Apotheken für die in Artikel 61 Abs. 5 der EU-Verordnung vorgesehenen Tätigkeiten (u. a. Umpacken und Umetikettieren von Prüfpräparaten).
Mit dem neuen Bezug auf die EU-Verordnung in § 33 Abs. 1 AMG n. F. werden die Voraussetzungen für eine Gebührenerhebung für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen aufgrund der EU-Verordnung geschaffen.
Änderungen im sechsten Abschnitt
Der sechste Abschnitt „Schutz des Menschen bei der klinischen Prüfung“ wird durch das 4. Änderungsgesetz mit Ausnahme des § 42b AMG nahezu vollständig neugefasst und von bisher 5 auf zukünftig 13 Paragrafen deutlich erweitert.
Für das Genehmigungsverfahren wird grundsätzlich festgehalten am Prinzip der Bewertung durch die nach § 77 AMG Abs. 1 und 2 zuständige Bundesoberbehörde (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte [BfArM] oder Paul-Ehrlich-Institut [PEI], in Abhängigkeit von der Art der Prüfpräparate) und einer zuständigen nach Landesrecht gebildeten Ethikkommission (nachfolgend als „Ethikkommission“ bezeichnet). Aufgegeben wird jedoch die vormals strikte Trennung zwischen dem behördlichem Genehmigungsverfahren und dem zustimmenden Bewertungsverfahren bei den Ethikkommissionen. Nicht beibehalten wird auch das bisher bei multizentrischen Prüfungen obligate Verfahren der beteiligten Ethikkommissionen, die neben der zuständigen Ethikkommission jeweils zur Beurteilung der Eignung der Prüfzentren und Prüfer ihres Zuständigkeitsbereichs zu beteiligen waren. Der bei multizentrischen Prüfungen bisher erforderliche Leiter einer klinischen Prüfung ist in der EU-Verordnung nicht mehr vorgesehen. Damit entfällt bei multizentrischen Prüfungen zukünftig auch die Zuordnung der Zuständigkeit einer Ethikkommission anhand der Prüferzuständigkeit. Stattdessen wird die Zuständigkeit einer Ethikkommission anhand eines jährlich vorab aufgestellten Geschäftsverteilungsplans gemäß § 41b Abs. 2 festgelegt (s. Abschn. „§ 41, 41a, 41b, 41c – Verfahren bei der Ethikkommission“). Weitgehend beibehalten bleibt die Aufteilung der Zuständigkeiten von Bundesoberbehörde und/oder Ethikkommission für die Bewertung der jeweiligen Unterlagen des Antrags. Angepasst wir die Aufteilung der Inhalte des Bewertungsberichts auf Teil I und Teil II gemäß Artikel 6 bzw. 7 der EU-Verordnung (Tab.
2).
Tab. 2
Aufteilung der Inhalte des Bewertungsberichts in Teil I und II gemäß Artikel 6 und 7 der EU-Verordnung
Vorliegen einer minimalinterventionellen klinische Prüfung (sofern vom Sponsor beantragt) | Voraussetzungen für die Einwilligung nach Aufklärung |
Erwarteter therapeutischer Nutzen und Nutzen für die öffentliche Gesundheit | Vorkehrungen für Vergütung oder Aufwandsentschädigung der Prüfungsteilnehmer und der Prüfer |
Risiken und Nachteile für die Prüfungsteilnehmer | Datenschutzrechtliche Anforderungen |
Erfüllung der Anforderungen an Herstellung und Einfuhr von Prüfpräparaten und Hilfspräparaten | Eignung der an der klinischen Prüfung mitwirkenden Personen |
Erfüllung der Etikettierungsvorschriften | Eignung der Prüfstellen |
Vollständigkeit und Angemessenheit der Prüferinformation | Schadensersatzregelungen |
– | Bestimmungen über die Gewinnung, Lagerung und zukünftige Nutzung der vom Prüfungsteilnehmer genommenen biologischen Proben |
§ 40 – Verfahren zur Genehmigung einer klinischen Prüfung
In § 40 AMG n. F. wird nun das neue Genehmigungsverfahren klinischer Prüfungen geregelt. Entsprechend der Vorgabe in Artikel 8 der EU-Verordnung, nur eine einzige Entscheidung pro Mitgliedstaat zu treffen, erteilt zukünftig die Bundesoberbehörde die Genehmigung als Voraussetzung für den Beginn einer klinischen Prüfung.
Der über das EU-Portal zu stellende Genehmigungsantrag darf in deutscher oder englischer Sprache eingereicht werden. Alle für die Prüfungsteilnehmer direkt bestimmten Unterlagen müssen jedoch auch zukünftig in deutscher Sprache eingereicht werden.
§ 40a – Allgemeine Voraussetzungen für die klinische Prüfung
§ 40a AMG n. F. regelt zukünftig die allgemeinen Voraussetzungen für klinische Prüfungen ergänzend zu den Vorschriften der EU-Verordnung. Klinische Prüfungen, die nur in Deutschland und nicht in einem weiteren Mitgliedstaat durchgeführt werden, benötigen wie bisher einen Sponsor oder einen Vertreter des Sponsors mit Sitz in der EU bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum. Der Gesetzgeber hat von der in Artikel 74 Abs. 2 der EU-Verordnung vorgesehenen Möglichkeit eines Verzichts auf einen gesetzlichen Vertreter keinen Gebrauch gemacht. Das Verbot klinischer Prüfungen mit Personen, die auf richterliche oder behördliche Anordnung in einer Anstalt untergebracht sind, wird aufrechterhalten. Ebenso bleiben die bisherigen Regelungen zur Probandenversicherung einschließlich der bisherigen Regelungen in § 40 Abs. 1b AMG n. F. zum Wegfall der Versicherungspflicht inhaltlich bestehen. Sie werden auf minimalinterventionelle Prüfungen erweitert, sodass zukünftig auch bestimmte klinische Prüfungen, bei denen die Anwendung zugelassener Prüfpräparate im Off-Label-Use erfolgt, von der Versicherungspflicht befreit sind. Voraussetzung zur Befreiung ist jedoch weiterhin das Vorhandensein entsprechender anderweitiger Versicherungen bei Prüfer und Sponsor.
§ 40b – Besondere Voraussetzungen für die klinische Prüfung
§ 40b AMG n. F. regelt, ergänzend zu den Vorschriften in Artikel 29 der EU-Verordnung, die Einwilligung eines Prüfungsteilnehmers bzw. eines gesetzlichen Vertreters, wenn der Teilnehmer nicht in der Lage ist, die Einwilligung nach der Aufklärung zu erteilen. Die Aufklärung, die einer Einwilligung stets vorausgehen muss, erfolgt im Rahmen eines Aufklärungsgespräches durch einen ärztlichen Prüfer oder ein Mitglied des Prüfungsteams, welches Arzt oder, bei zahnmedizinischen Prüfungen, Zahnarzt ist.
§ 40c – Verfahren bei Hinzufügung eines Mitgliedstaates, bei Änderungen sowie bei Bewertungsverfahren
Die §§ 40–40b AMG n. F. gelten auch für die Verfahren zur späteren Hinzufügung eines weiteren betroffenen Mitgliedstaates (Artikel 14 der EU-Verordnung) und bei der Genehmigung wesentlicher Änderungen einer klinischen Prüfung (Artikel 15–24 der EU-Verordnung). Bei der Bewertung von Meldungen mutmaßlicher unerwarteter schwerwiegender Nebenwirkungen („suspected unexpected serious adverse reaction“, SUSAR) und Jahressicherheitsberichten wird die Ethikkommission in die Bewertung einbezogen. Bei klinischen Prüfungen mit GMO sind Änderungen, die geeignet sind, die Risikobewertung für die Gesundheit Dritter oder die Umwelt zu verändern, zuvor zur Genehmigung bei der Bundesoberbehörde mit Begründung zu beantragen.
§ 40d – Besondere Pflichten des Prüfers, des Sponsors und der zuständigen Bundesoberbehörde
Die Pflichten des Prüfers und des Sponsors bei klinischen Prüfungen mit GMO – insbesondere zum Schutz Dritter und der Umwelt (Drittrisiken) – werden inhaltlich aus der GCP-Verordnung in das AMG überführt.
§ 41, 41a, 41b, 41c – Verfahren bei der Ethikkommission
Die im Rahmen der inhaltlichen Bewertung zu Teil I eines Genehmigungsantrages durch die Ethikkommission abzugebende Stellungnahme muss ein klares Votum enthalten, ob die Kommission die Durchführung der klinischen Prüfung für vertretbar hält (Zustimmung), unter Auflagen für vertretbar hält oder die Vertretbarkeit der Durchführung ablehnt. Eine Zustimmung unter Auflagen ist nur möglich, wenn die Auflagen ihrer Art wegen zum Zeitpunkt der Genehmigung nicht erfüllt werden können (Artikel 8 der EU-Verordnung), was vermutlich nur bei einer sehr geringen Anzahl von klinischen Prüfungen der Fall sein wird. Die Bundesoberbehörde muss diese Stellungnahme bei der Entscheidung zu Teil I maßgeblich berücksichtigen. Weicht sie von diesem Votum ab, so muss sie dies gegenüber der Ethikkommission schriftlich begründen. Die Inhalte des Teils II werden ausschließlich von der Ethikkommission bewertet (§ 40 Abs. 5 AMG n. F.).
Die Regelungen für die Registrierung, die Verfahrensordnung und den Geschäftsverteilungsplan für die Ethikkommissionen wurden bereits mit Wirkung zum 24. Dezember 2016 in das AMG übernommen (§§ 41a, 41b und 41c AMG) um sicherzustellen, dass die erforderlichen Vorbereitungen bis zum Geltungsbeginn der EU-Verordnung abgeschlossen werden können.
Das Bundesministerium für Gesundheit wurde ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates eine Verfahrensordnung über die Zusammenarbeit der Bundesoberbehörden und Ethikkommissionen zu erstellen. In dieser werden insbesondere folgende Aspekte geregelt:
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Einzelheiten des Registrierungsverfahrens für Ethikkommissionen (s. nächster Abschnitt),
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Fristen für die Stellungnahmen der Ethikkommission,
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aufwandabhängige Gebührensätze für die Ethikkommissionen sowie
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Kriterien für den Geschäftsverteilungsplan der Ethikkommissionen.
§ 42 Korrekturmaßnahmen
Artikel 77 der EU-Verordnung ermächtigt die Mitgliedstaaten, Korrekturmaßnahmen für genehmigte klinische Prüfungen zu ergreifen. § 42 AMG n. F. präzisiert diese Maßnahmen. Die Bundesoberbehörde muss die Genehmigung einer klinischen Prüfung zurücknehmen, wenn ihr bekannt wird, dass die Voraussetzungen der EU-Verordnung oder die Voraussetzungen des § 40a oder des § 40b Abs. 2 bis 6 AMG n. F. bei der Erteilung der Genehmigung nicht vorlagen. Ersatzweise kann sie (§§ 41a, 41b und 41c AMG) das Ruhen der Genehmigung befristet anordnen. Sie muss die Genehmigung widerrufen, wenn ihr bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Genehmigung nicht mehr vorliegen. Die Genehmigung kann von der Bundesoberbehörde widerrufen werden, wenn die Gegebenheiten der klinischen Prüfung nicht mit den Angaben im Genehmigungsantrag übereinstimmen oder wenn Tatsachen Anlass zu Zweifeln an der Unbedenklichkeit oder der wissenschaftlichen Grundlage der klinischen Prüfung geben. Auch in diesen Fällen kann als milderes Mittel das Ruhen der Genehmigung befristet angeordnet werden. Wenn der Bundesoberbehörde im Rahmen ihrer Tätigkeit Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass die Voraussetzungen der EU-Verordnung oder des § 40a oder des § 40b Abs. 2 bis 6 AMG n. F. nicht mehr vorliegen, kann sie den Sponsor auffordern, bestimmte Aspekte der klinischen Prüfung zu ändern. In allen genannten Fällen – außer bei Gefahr im Verzug – nimmt die Ethikkommission vor der entsprechenden Entscheidung der Bundesoberbehörde Stellung. Die Bindungswirkung dieser Stellungnahme besteht analog zum Genehmigungsverfahren. Wie bisher dürfen klinische Prüfungen, deren Genehmigung ruht bzw. zurückgenommen oder widerrufen wurde, nicht fortgesetzt werden. Die zuständige Bundesoberbehörde kann darüber hinaus auch die sofortige Unterbrechung einer klinischen Prüfung anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen alle genannten Maßnahmen haben keine aufschiebende Wirkung.
§ 42a Datenschutz
Wie bisher müssen auch zukünftig alle personenbezogenen Daten, die in Meldungen vom Prüfer an den Sponsor oder vom Sponsor an die europäischen Behörden übermittelt werden, unter Verwendung des Identifizierungscodes des Prüfungsteilnehmers pseudonymisiert werden.
§ 42b Veröffentlichung der Ergebnisse klinischer Prüfungen
Da durch die EU-Verordnung zukünftig alle Ergebnisse klinischer Prüfungen, die nach dieser Verordnung genehmigt wurden, direkt durch die EU-Datenbank veröffentlicht werden, wird die bisherige Pflicht zur Veröffentlichung von Ergebnisberichten im AMG eingeschränkt, um Doppelmeldeverpflichtungen zu vermeiden. Zukünftig müssen pharmazeutische Unternehmer, die im Geltungsbereich des AMG ein zulassungspflichtiges Humanarzneimittel in Verkehr bringen, bei der Bundesoberbehörde nur noch Ergebnisberichte konfirmatorischer klinischer Prüfungen in Drittstaaten einreichen. Die Pflicht zur Einreichung von Ergebnisberichten für Sponsoren klinischer Prüfungen bei den Bundesoberbehörden entfällt zukünftig. Diese Verpflichtung besteht jedoch demnächst gegenüber dem EU-Portal bzw. der EU-Datenbank gemäß Artikel 37 der EU-Verordnung.
§ 42c Inspektionen
Mit dem Wegfall der GCP-Verordnung für klinische Prüfungen, die zukünftig der EU-Verordnung unterliegen, ist eine neue Rechtsgrundlage zur Durchführung von GCP-Inspektionen für diese klinischen Prüfungen erforderlich. Die bisherige Trennung der Zuständigkeit zwischen Landesbehörden und Bundesoberbehörden wird weitgehend unverändert beibehalten und nur den neuen Rechtsgrundlagen gemäß Artikel 52, 77 und 78 der EU-Verordnung angepasst.
Auf der Basis von Artikel 78 der EU-Verordnung werden durch die
zuständige Bundesoberbehörde folgende Inspektionen durchgeführt:
1.
Inspektionen zur Überprüfung der Übereinstimmung der klinischen Prüfung mit
a)
den Angaben und Unterlagen der Genehmigung,
b)
den Angaben eines Zulassungsantrags für ein zentrales Zulassungsverfahren gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder
c)
den Unterlagen nach § 22 Abs. 2 Nr. 3 im Rahmen von dem AMG unterliegenden Zulassungsverfahren,
2.
Inspektionen in Drittstaaten,
3.
Inspektionen zur Überprüfung der Meldepflicht bei schwerwiegenden Verstößen gemäß Artikel 52 der EU-Verordnung sowie
4.
Inspektionen zur Entscheidung über Korrekturmaßnahmen gemäß Artikel 77 der EU-Verordnung, die die Genehmigung einer klinischen Prüfung betreffen.
Sonstige wesentliche Änderungen im AMG, die klinische Prüfungen betreffen
Im elften Abschnitt „Überwachung“ werden die auf den sechsten Abschnitt des AMG Bezug nehmenden Verweise angepasst. Weiterhin wird der „Leiter der klinischen Prüfung“ durch den Hauptprüfer und Prüfer ersetzt. Für klinische Prüfungen, die der EU-Verordnung unterliegen, entfallen zukünftig die Anzeigepflichten nach § 67 Abs. 1 bis 3 AMG n. F.; es gelten jedoch die deutlich weitergehenden Anzeigepflichten in Artikel 36–38 der EU-Verordnung. Für Prüfungen außerhalb des Anwendungsbereichs der EU-Verordnung bleibt die bisherige Anzeigepflicht nach Absatz 1 gegenüber der Landesbehörde für Betriebe und Einrichtungen, die Arzneimittel klinisch prüfen, weiterhin bestehen. Allerdings muss diese Anzeige nicht mehr für jede einzelne klinische Prüfung unter Angabe des Prüfers, seines Stellvertreters etc. vorgenommen werden. Die Anzeigepflicht nach § 67 für klinische Prüfungen bei Menschen gegenüber der Bundesoberbehörde entfällt zukünftig. Die Einfuhrvorschriften in den §§ 72, 72a und 73 werden auf Prüf- und Hilfspräparate in klinischen Prüfungen erweitert. Die Straf- und Ordnungswidrigkeitenvorschriften zu klinischen Prüfungen in §§ 96 und 97 AMG werden ebenfalls an die neuen Vorgaben der EU-Verordnung und des AMG angepasst.
Die Übergangsvorschriften, die sich an den Übergangsregelungen der EU-Verordnung orientieren, sind in § 148 aufgeführt. Für klinische Prüfungen, die vor Beginn des Geltungsdatums der EU-Verordnung begonnen werden, gilt eine 3‑jährige Übergangsfrist. Klinische Prüfungen, die innerhalb eines Jahres nach Geltungsdatum begonnen werden, unterliegen der Wahlfreiheit.