11.09.2023 | Agitiertheit | Handlungsalgorithmen
Handlungsalgorithmus: Agitation bei kritisch kranken Patienten
Erschienen in: Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin | Ausgabe 8/2023
Einloggen, um Zugang zu erhaltenAuszug
Agitation ist ein Zustand der Erregung, bzw. Unruhe mit hohem Leidensdruck [1]. Typische Symptome sind v. a. motorische Unruhe und Kommunikationsschwierigkeiten [2], die oftmals zum Entfernen von Zu- und Ableitungen, zu Stürzen der Patienten und zur Gefährdung des Personals führen. Die Richmond Agitation and Sedation Scale (RASS) dient dazu, den Schweregrad der Agitation zu beurteilen und zu dokumentieren (Abb. 1; [3]). Ursachen für Agitation sind vielfältig, unter anderem Schmerz, Atemnot, Delir, Entzug, Infektionen. Die Behandlung umfasst zum einen nichtmedikamentöse Ansätze, wie Mobilisierung, Umgebungsgestaltung sowie die Einbeziehung der Familie [2, 4], zum anderen und je nach Ursache Analgetika (bei Schmerzen), Benzodiazepine (Angst), Neuroleptika (Halluzinationen) oder α2-Agonisten (Tab. 1; [3]). Zur Verbesserung der Versorgungssituation werden u. a. Handlungsalgorithmen (Abb. 1) empfohlen [5].
Ursache/n
|
Behandlung/n
|
---|---|
Schmerzen
|
Schmerz erfassen, Analgetika bis VAS < 3, Ursache/n behandeln, Mobilisierung erwägen
|
Angst
|
Informieren, Familie integrieren, Fixierung lösen, Mobilisierung, positive Suggestionen, Sicherungshandschuhe, Anxiolytikum
|
Delir
|
Wiederholte Reorientierung, Mobilisierung, Aufklärung über Delir, Seh‑/Hörhilfen, Familienintegration, Ursachen beheben
|
Hyperaktives Delir
|
Mobilisierung, niedrig dosierter α2-Agonist/Propofol bis RASS = 0 bis +1
|
Harn‑/Stuhldrang
|
Information, BVK-Kontrolle, Laxans
|
Durst
|
Bilanzierung evaluieren, Mund anfeuchten, ggf. trinken
|
Übelkeit
|
Ernährungssonde überprüfen, Antiemetika
|
Suchtdruck mit/ohne vegetative Entzugssymptomatik
|
Informieren, Aufklären, zur Mitarbeit anregen, Benzodiazepine, ggf. Thiaminsubstitution, ggf. Subsitutionsbehandlung wiederaufnehmen
|
Infektion, Sepsis
|
Laborkontrolle, Blutkulturen, Antibiose, ggf. Antipyretika
|
Hyperkapnie, Luftnot
|
(Be‑)Atmung verbessern, aufrechte Position, Morphine (cave: ggf. delirogene Wirkung)
|
Tubusintoleranz
|
Tubusposition wechseln, Ablenkung, Familie integrieren, analgetisches Spray in Rachen, Opioiddosis erhöhen
|
Schlaflosigkeit
|
Schlafhygiene, Ohrstöpsel, Abdunkeln, abendliche Mobilisierung, nach persönl. Gewohnheiten fragen, niederpotente Neuroleptika, z. B. Pipamperon, Melperon
|
Halluzinationen/schlechte Träume
|
Informieren, Aufklären, positive Suggestionen, Neuroleptikum
|
Kommunikationsbedarf
|
Kommunikation ermöglichen: Buchstabentafel, Tablet, Sprechen via subgl. Absaugung, App nutzen
|
Verärgerung
|
Nachfragen, informieren, ggf. entschuldigen
|