Schützt Akupunktur vor Erbrechen nach Chemotherapie?

Akupunktur könnte dazu beitragen, dass Patienten und Patientinnen unter einer Chemotherapie nicht so häufig erbrechen müssen. Hinweise dafür liefert eine Metaanalyse mit über 2500 Beteiligten, die Evidenz wird allerdings als niedrig eingestuft. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Bei chemotherapieinduzierter Übelkeit und Erbrechen (CINV, Chemotherapy Induced Nausea and Vomiting) sind antiemetische Medikamente wie 5-HT3-Rezeporantagonisten, NK-1-Rezeptorantagonisten oder Olanzapin zwar in vielen Fällen wirksam. Studien haben jedoch gezeigt, dass rund ein Drittel der Krebserkrankten unter Chemotherapie trotz entsprechender Gegenmaßnahmen an CINV leidet, was die Lebensqualität stark einschränkt. Akupunktur könnte in solchen Fällen helfen, vor allem gegen das Erbrechen, wie eine aktuelle Metaanalyse nahelegt. In der internationalen Studie, an der von deutscher Seite die Berliner Charité beteiligt war, bestand nach Akupunktur zusätzlich zur Standardversorgung gegenüber der alleinigen Standardversorgung eine signifikant größere Chance, Erbrechen vollständig zu kontrollieren, gemäß den WHO-Kriterien für Nebenwirkungen bzw. den CTCAE-Kriterien (Common Terminology Criteria for Adverse Events). Wirksamkeit vor allem bei verzögertem Erbrechen In die Studie waren Daten aus 38 randomisierten kontrollierten Studien mit insgesamt 2503 Patienten und Patientinnen eingeflossen. Allerdings waren nur 14 Studien geeignet, in einer Metaanalyse zusammengefasst zu werden. Die Evidenz wird von den Autoren und Autorinnen insgesamt als niedrig oder sehr niedrig eingestuft. Die Resultate im Einzelnen: Beim verzögerten Erbrechen, welches zwischen 24 und 120 Stunden nach der Chemotherapiesitzung auftritt, war die Erfolgsrate gegenüber der Kotrollgruppe um 47% erhöht (Evidenz aus zehn Studien mit insgesamt 646 Beteiligten). Beim akuten Erbrechen (bis zu 24 Stunden nach der Sitzung) war der Unterschied zur Kontrollgruppe geringer (+ 13%; zehn Studien mit 566 Teilnehmenden), aber immer noch signifikant. Ein signifikanter Effekt auf die Übelkeit wurde mit der Akupunktur nicht erreicht. Allerdings war die Chance, akute Übelkeit vollständig unter Kontrolle zu bringen, gegenüber der Kontrollgruppe um mehr als das Doppelte gestiegen (RR 2,20; p = 0,128). Für die verzögerte Übelkeit lag die Rate sogar bei 3,75 (p = 0,338). Nach Yuqian Yan von der Universität Zürich und ihren Mitforschenden besteht die Möglichkeit, dass der Einfluss der Akupunktur auf diesen subjektiven und daher schwierig zu messenden Parameter unterschätzt wurde. Kein Vorteil gegenüber Scheinakupunktur Im Vergleich zu einer Scheinakupunktur (vier Studien) konnte die Gruppe jedoch keinen Effekt nachweisen, weder auf die Übelkeit noch auf das Erbrechen. Inwieweit die Wirkung mit dem Zusammenspiel von Erkrankten und Behandelnden zusammenhing, habe man letztlich nicht ergründen können, schreiben Yan und ihr Team. Das Gros der Studien (32) war in China durchgeführt worden, nur zwei in Deutschland (die restlichen in Australien, Großbritannien und den USA). Das Alter der Teilnehmenden reichte von 20 bis 82 Jahre. In 45% der Fälle hatte man die Akupunktur nachweislich vor der Chemotherapie angewendet, in 19 Studien war der Zeitpunkt gar nicht angegeben. Die Aussagekraft wird laut Yan et al. auch dadurch eingeschränkt, dass validierte Instrumente zur Messung von Übelkeit und Erbrechen nur in jeder zweiten Studie zum Einsatz gekommen waren. Drei Punkte am häufigsten gewählt Die Nadeln wurden an insgesamt 24 verschiedenen Akupunkturpunkten gesetzt, dabei wurden Ma36 (Magen 36), Pe6 (Perikard 6) und KG12 (Sammlungspunkt des Magens) mit Abstand am häufigsten verwendet. Diese könnten der Forschungsgruppe zufolge als Referenzpunkte für die klinische Praxis dienen. Empfehlung der Redaktion Supportivtherapie – Themenseite Dank moderner supportiver Maßnahmen lassen sich die Nebenwirkungen der Krebstherapie deutlich reduzieren. Wie, erfahren Sie auf dieser Themenseite in vielfältigen Berichten, Kursen oder Kasuistiken. Nebenwirkungen wurden nur in zwölf Studien eindeutig erfasst, wobei es solche in vier angeblich gar nicht gegeben hatte. In den übrigen Studien wurden Schmerzen und lokale Hautschäden als vorwiegende Nebenwirkungen erwähnt. Das Team um Yan kommt zu folgendem Schluss: „Akupunktur kann die Wahrscheinlichkeit erhöhen, sowohl akut als auch verzögert auftretendes Erbrechen vollständig zu kontrollieren.“ Es seien jedoch randomisierte kontrollierte Studien mit ausreichenden Teilnehmerzahlen und standardisierten Regimen nötig, um die Wirksamkeit definitiv zu belegen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wirksamkeit und Sicherheit von Akupunktur zur Prävention von CINV (chemotherapieinduzierte Übelkeit und Erbrechen). Antwort: Eine Metaanalyse über 38 Studien mit insgesamt 2503 Teilnehmenden deutet auf eine mögliche Wirksamkeit von Akupunktur gegen akut und verzögert auftretendes Erbrechen nach Chemotherapie hin. Eine signifikante Wirkung gegen Übelkeit ließ sich in der Studie nicht nachweisen. Bedeutung: Akupunktur könnte chemotherapieinduziertes Erbrechen reduzieren, zum definitiven Nachweis der Wirksamkeit sind jedoch hochwertigere Studien nötig. Einschränkung: Literaturübersicht plus Metaanalyse; hohe Heterogenität der Einzelstudien; hohes Risiko für Publikationsbias; insgesamt niedrige bis sehr niedrige Evidenz.

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