Neuer Gentest für ALL-Patienten

Ein unter anderem von Wissenschaftlern aus Hannover entwickelter Gentest hilft, bei Kindern mit akuter lymphoblastischer Leukämie die Erfolgsaussichten einer Chemotherapie abzuschätzen. Er bietet damit die Möglichkeit, manchen Kindern die Chemotherapie zu ersparen und auf Alternativen in Studien zu setzen. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die gute Nachricht: Etwa 80% der Kinder mit akuter lymphoblastischer Leukämie (ALL) profitieren von einer intensiven Chemotherapie, viele werden geheilt. Die schlechte Nachricht: Bei einem Teil der Kinder kommt es zum Rezidiv oder zu therapieassoziierten Toxizitäten. Es wird geschätzt, dass etwa 50% dieser Rezidive bei Patienten auftreten, die der Gruppe mit einem Standard- oder Intermediärrisiko zugerechnet werden, von denen ein Teil dem Risiko ausgesetzt ist, übertherapiert zu werden. Entsprechend groß ist der Bedarf an Tests auf prognostische Marker zur Risikobeurteilung. Im Zentrum der nun entwickelten Testung steht der genetische Marker IKZF1, der die Information für die Synthese des Proteins Ikaros enthält. Dieses Eiweißmolekül, ein Transkriptionsfaktor, ist notwendig für die Entwicklung aller Lymphozyten. In der Studie von Wissenschaftlern um Dr. Martin Stanulla, Professor für Molekulare Pädiatrische Hämatologie und Onkologie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), wurde die prognostische Aussagekraft von Deletionen des IKZF1 anhand der Befunde von mehr als 1400 Kindern mit ALL geprüft. Dabei machten die Forscher eine Gruppe von Gendeletionen aus, die sie als IKFZ1plus bezeichnen, in der früher bereits beschriebene Gendeletionen zusammengefasst wurden. Definiert ist IKFZ1plus durch Nachweis einer Deletion dieses Gens gleichzeitig mit mindestens einer weiteren Deletion der Gene CDKN2A, CDKN2B, PAX5 oder PAR1, ohne dass zugleich eine Deletion des Gens ERG (erythroblastosis virus E26 oncogene homolog) vorliegt. Jeder Vierte war testpositiv In der Studie hatte sich herausgestellt, dass bei etwa 25% der Rezidive der Test auf IKFZ1plus positiv war. Die meisten Rezidive seien in der Gruppe mit Intermediärrisiko aufgetreten, gemessen anhand der Minimalen Resterkrankung (MRD, minimal residual disease). Durch Anwendung des IKFZ1plus in Abhängigkeit von der MRD lässt sich das Ergebnis der Stratifizierung nach dem Marker IKFZ1 verfeinern. Dadurch können einem Teil der Patienten, die nur ein intermediäres Risiko haben, die Nebenwirkungen einer ursprünglich für Hochrisikopatienten zugedachten Therapie, erspart werden. Entwickelt wurde der Test im EU-geförderten Projekt TRANSCALL (Translational research in childhood acute lymphoblastic leukemia) zur Validierung der Auswirkung von genetischen Aberrationen und der genetischen Variation bei Patienten mit ALL im Kindesalter, das Stanulla koordiniert hat. Partner im Projekt sind Forschergruppen unter anderen auch aus Kiel und Heidelberg sowie Paris und Tel Aviv. Wie es in einer Mitteilung der MHH heißt, soll der Test jährlich bei etwa 1000 Kindern mit ALL in Deutschland, Italien, Österreich, der Schweiz, Israel und Australien angewendet werden. Dies geschehe innerhalb einer klinischen Studie, die Professor Martin Schrappe von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Kiel leite und die noch 2018 begonnen werde (Studie AIEOP-BFM ALL 2017). Das Wichtigste in Kürze Frage: Lässt sich bei Kindern mit ALL die Risikostratifizierung verfeinern? Antwort: Anhand des Markers IKZF1plus gelingt es, die Intensität der Chemotherapie besser an das Risiko anzupassen. Bedeutung: Einem Teil der Kinder kann eine toxische Therapie erspart werden. Einschränkung: Möglicherweise wurden zusätzliche prognostisch relevante Deletionen übersehen.

Springer Medizin

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