Zielgerichtete Therapie bei AML möglich und vorteilhaft

Normalerweise wird eine AML-Therapie bei älteren Menschen sofort initiiert. Es kann sich jedoch lohnen, zuvor die Zytogenetik abzuwarten: Eine auf die Hauptmutationen ausgerichtete Behandlung verspricht ein längeres Überleben. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Erkranken ältere Menschen an einer akuten myeloischen Leukämie (AML), dann warten Ärzte in der Regel nicht lange, sondern initiieren innerhalb weniger Tage nach der Diagnose eine Induktionstherapie, um eine möglichst gute Prognose zu erzielen. Es scheint sich jedoch zu lohnen, eine Woche Verzögerung in Kauf zu nehmen, um nach den Hauptmutationen zu schauen und dann gezielt darauf hin zu behandeln, berichten Onkologen um Dr. Amy Burd von der Leukemia & Lymphoma Society in Rye Brook bei New York. Mit einem solchen Ansatz sind die Chancen, nach einem Jahr noch am Leben zu sein, doppelt so hoch wie unter einer Standardbehandlung. Das Team um Burd hat Resultate der noch laufenden Studie „Beat AML“ mit derzeit rund 400 Teilnehmern ausgewertet. Alle erhielten eine zytogenetische Analyse innerhalb einer Woche nach der Diagnose. Studien hatten zuvor ergeben, dass eine solche Verzögerung der Therapie noch vertretbar ist und nicht mit einem schlechteren Überleben einhergeht. Den Patienten wurde daraufhin die Teilnahme in einer Beat-AML-Substudie angeboten, in der sie eine zielgerichtete Therapie bekamen. Sie konnten sich aber auch für die Standardbehandlung mit Cytarabin plus Daunorubicin oder hypomethylierenden Agenzien entscheiden, ebenso für eine palliative Behandlung oder, sofern sie dafür geeignet waren, für eine klinische Studie mit einem in der Entwicklung befindlichen Therapeutikum. 224 Patienten entschieden sich für die zielgerichtete Therapie basierend auf den zytogenetischen Resultaten, 103 für die Standardbehandlung, 40 für eine palliative Therapie und 28 für eine klinische Studie mit einer neuen Substanz. Patienten mit Standardbehandlung und solche mit zielgerichteter Therapie unterschieden sich kaum bei der Häufigkeit dominierender Tumormutationen, auch Alter (im Mittel 72 Jahre), Geschlechterverhältnis, Performancestatus und Laborwerte waren vergleichbar. Patienten mit Palliativtherapie waren deutlich älter und in einem schlechteren Allgemeinzustand als die übrigen, dagegen waren solche mit einer experimentellen Substanz tendenziell jünger und weniger stark beeinträchtigt. Insgesamt differenzierten die Ärzte zwischen elf zytogenetisch verschiedenen AML-Subtypen und ordneten ihnen einzelne Therapien zu, etwa Samalizumab, Entospletinib, Enasidenib, Ivosidenib, Pevonedistat oder Gilteritinib, oft in Kombination mit einer Chemotherapie. Über alle Gruppen hinweg ergab sich eine mediane Überlebenszeit von 10,0 Monaten. Mit den zielgerichteten Therapien waren es 12,8 Monate, mit der Standardtherapie nur 3,9 und mit der Palliativbehandlung 0,6 Monate. Bei den Patienten mit experimentellen Substanzen wurde der Median zum Zeitpunkt der Auswertung noch nicht erreicht. Nach einem Jahr lebten noch 55% mit zielgerichteter und 57% mit experimenteller Therapie, aber nur 28% mit der Standard- und 11% mit palliativer Behandlung. Die zielgerichtete Therapie war vor allem in den ersten drei Monaten erfolgreich: Unter Berücksichtigung von bekannten Begleitfaktoren ergab sich unter der Standardtherapie eine knapp dreifach höhere Sterberate als unter der zielgerichteten Behandlung, anschließend waren die Differenzen nicht mehr signifikant. Für die experimentellen Therapien berechneten die Forscher um Burd eine um 35% reduzierte Sterberate im Vergleich zu den zielgerichteten Therapien. Das Fazit der Onkologen: Eine zielgerichtete Therapie ist machbar – die einwöchige Verzögerung für die Zytogenetik führt nicht zu einer erhöhten Mortalität. Ärzte können also durchaus von dem Dogma abweichen, ältere AML-Patienten sofort zu behandeln. Als Ausnahme sehen die Experten Patienten mit rasch voranschreitender AML oder Symptomen einer Leukostase. Zugleich deuten die Ergebnisse auf ein längeres Gesamtüberleben bei Patienten mit zielgerichteter Behandlung. Eine gewisse Herausforderung dürfte jedoch darin bestehen, die Zytogenetik innerhalb eine Woche zu bewerkstelligen und den Patienten eine passende Behandlung anzubieten – nicht alle Therapien werden an jedem Zentrum angeboten. Das Wichtigste in Kürze Frage: Was ist für AML-Patienten besser: Eine sofortige Standardtherapie oder erst eine zytogenetische Analyse mit anschließender zielgerichteter Behandlung? Antwort: Eine zielgerichtete Therapie lohnt sich bei AML. Bedeutung: Kausaler Zusammenhang wenig plausibel. Einschränkung: Studie ging von optimalen Bedingungen aus: rasche Zytogenetik, viele zielgerichtete Therapien verfügbar.

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